Vera Lengsfeld / 06.02.2008 / 23:31 / 0 / Seite ausdrucken

Unbedingt sehen: Unsere Erde

Gestern fand in Berlin die Premiere der deutsch-britischen Ko-Produktion des Filmes „Unsere Erde“ statt. Der Film wurde innerhalb von fünf Jahren in 26 Ländern der Erde gedreht. Die Idee war, einmal rundherum, vom Nordpol bis zum Südpol das Leben von Flora und Fauna zu zeigen. Die Aufnahmen sind sensationell . Ob das erstmalige Auftauchen kleiner Eisbären aus ihrer Geburtshöhle,  der Jungfernflug von Wachtelentenküken in der Taiga, die endlosen Wanderungen von Tierherden mit ihren Jungen, das Jagdverhalten von Wölfen, Löwen und Luchsen: der Zuschauer ist hautnah dabei, mitten in der Herde, Auge in Auge mit den Raubtieren.  Es wäre der beste Naturfilm aller Zeiten geworden, wenn sich die Filmemacher nicht kurzfristig entschieden hätten, aus ihrem Werk die deutsch-britische Antwort auf Al Gore zu machen. So wurde aus der einmaligen Hommage unseres überwältigend schönen Planeten ein Agitationskrüppel. Am Anfang wurden den Eisbärenbildern ein paar warnende Bemerkungen über die schmelzende Eisdecke der Arktis unterlegt, am Ende gab es schriftliche Hinweise zu möglichen drohenden Gefahren der Klimaerwärmung , überwiegend als Tatsachenbehauptung vorgetragene Mutmaßungen.
Das macht den Film zu einem Lehrbeispiel für das verderbliche Wirken von Ideologie.
Glücklicherweise kann man ihn trotzdem genießen. Man muss nur die agitatorischen Einsprengsel überhören, bzw. übersehen.
Natürlich hat sich unser Umweltminister nicht entgehen lassen, bei dieser Premiere eine Rede zu halten. Er war wenigstens klug genug, von den geforderten 20 Minuten nur 10 in Anspruch zu nehmen. Die hatten es allerdings in sich. Völlig überraschend verkündete Gabriel, dass sein Ministerium 70 000 CDs von „Unsere Erde“ an die Lehrer unseres Landes verteilen würde. Raubkopien im Umweltministerium? Die überraschten Produzenten mussten ihn auf ihre Urheberrechte hinweisen. 
Neben Gabriel kamen der Chef von WWF Deutschland und der Britische Botschafter zu Wort. Beide verwiesen eindringlich auf die Notwendigkeit, unseren Wohlstand zu teilen, um die Erde zu retten.
Auf der Feier wurde allerdings auf nichts verzichtet. Im chicen Ambiente des Kaisersaals gab es vor dem Film köstliches Fingerfood, begleitet von edlen Weinen oder Sekt.
Nach der Vorstellung ging es gar in den „Chinaclub“, aber mit dem Velotaxi oder einem Bus, den die Berliner Verkehrsbetriebe bereit gestellt hatten. Ob Herr Gabriel sich selbst so ernst nahm, dass er an diesem Abend seine Dienstlimousine zur Mitfahrgelegenheit umfunktionierte, konnte im Getümmel nicht ausgemacht werden. Der Chinaclub. dessen Mitglieder es sich eine fünfstellige Summe jährlich kosten lassen, dabei sein zu dürfen, war ein enttäuschender Anblick. Er sah aus wie die edlere Variante eines Kettenrestaurants, nur dass sich von seiner Terrasse ein spektakulärer Blick auf Berlins Mitte bot. Dorthin waren wir schnell geflüchtet, weil wir den Anblick der vielen im Stile des sozialistischen Realismus gemalten Bilder, mit denen die Wände verdeckt waren, nicht ertragen konnten. Maos Kopf im Fluss schwimmend, an dessen Ufer ein Landproletarier und ein Soldat den Weg in die Zukunft weisen. Maoköpfe rund um eine halbnackte chinesische Lolita. Das Gesicht einer Pionierin, in den verschiedensten Stadien, vom Embrio bis zur Reife. Frau Anna Maria Jagdfeld, die Stilikone der vereinigten deutschen Schickeria soll maßgeblichen Einfluss auf die Gestaltung des Ambientes genommen haben. Ich hatte den spontanen Wunsch, ihr das Sofa und den Sessel dazu zu stellen, die ich vor wenigen Jahren für sündhaft viel Geld in ihrem „Department Store“ im Quartier 206 gekauft habe. Heute sehen sie trotz eher sparsamer Benutzung so zerlumpt aus, als hätten sie Maos Langen Marsch mitgemacht. Hier würden sie vielleicht als Kunstwerke durchgehen.
Woher diese Affinität zu einem Massenmörder wie Mao? Der reale Totalitarismus ist tot, in den Köpfen unserer Schickeria als Modegag aber offenbar höchst lebendig.

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