Henryk M. Broder / 01.04.2017 / 14:00 / Foto: Mateussf / 7 / Seite ausdrucken

Üble Nachrede und Verleumdung gegen Personen des politischen Lebens

Am 11. Januar dieses Jahres bekam Frau B. eine email von einer Klever Anwaltskanzlei. "Wir vertreten den Kreis Kleve in der Angelegenheit aufgrund Ihres Emails vom 21.12.2016. Wir bitten Sie höflich, uns Ihre Postanschrift zu nennen, damit wir Ihnen ein Schreiben zukommen lassen können."

"Nanu", dachte sich Frau B., "was mögen die nur von mir wollen?" Und schaute in ihrem Postausgang nach, wem sie am 21.12. 2016 eine email geschickt hatte, zwei Tage nachdem ein "Flüchtling" mit einem gestohlenen LKW 12 Menschen in Berlin zu Tode gewalzt hatte. Und sie wurde fündig. Es war die Ausländerbehörde in Kleve, die für die Betreuung des aus Tunesien stammenden Täters zuständig war. "Liebe Ausländerbehörde in Kleve, Ihnen und Ihrem Totalversagen hat es Deutschland also zu verdanken, dass ein islamischer Terrorist und Krimineller mehrfach freigelassen/rausgeholt wurde! Die Toten in Berlin gehen auch und vor allem auf Ihr Konto! Sicher würden Sie alles genauso wieder machen. Wie lebt es sich mit so einer blutigen Fehlentscheidung? Ich hoffe sehr, das hat für die Verantwortlichen in der Ausländerbehörde endlich berufliche und finanzielle Konsequenzen!"

Nett war das nicht, aber angesichts des Versagens der Klever Ausländerbehörde, die den aus Tunesien stammenden "Kleinkriminellen"  mit seinen 14 Identitäten aus dem Blick verloren hatte, durchaus angemessen. Was Frau B. freilich übersehen hatte, war, dass in Kleve immer noch der § 102 des Preußischen Strafrechts gilt, der "Beamtenbeleidigung" unter Strafe stellt. Die verbeamteten Mitarbeiter der Ausländerbehörde in Kleve fühlten sich offenbar durch die email von Frau B. beleidigt und gaben einer Klever Anwaltskanzlei den Auftrag, sich der Sache anzunehmen.

Die Klever Anwälte, nomen est omen, fanden auf eigene Faust heraus, wo Frau B. gemeldet ist, was zur Folge hatte, dass Frau B. am 29. März eine schriftliche "Vorladung" bekam, in der ihr mitgeteilt wurde, es werde gegen sie "wegen übler Nachrede und Verleumdung gegen Personen des poltischen Lebens" ermittelt. Sie solle sich am 6. April um 10 Uhr morgens in einer Dienststelle des für sie zuständigen Landeskrimnalamtes einfinden und daran denken, "den Personalausweis bzw. Reisepaß mitzubringen".

So weit, so gut. Tatsächlich bestimmt der § 188 des Strafgesetzbuches, dass "üble Nachrede und Verleumdung gegen Personen des poltischen Lebens" eine Straftat ist, die mit Freiheitsstrafe zwischen drei bzw. sechs Monaten bis zu fünf Jahren geahndet werden kann. Der Paragraf ist weitgehend unbekannt und kommt noch seltener zur Anwendung als der § 103 des Strafgesetzbuches ("Beleidigung von Organen und Vertretern ausländischer Staaten"), der demnächst abgeschafft werden soll. 

Die Norm, heißt es bei Wikpedia, "schützt Personen, die im politischen Leben stehen, dort führende Positionen innehaben und sich mit wichtigen Fragen der Gesetzgebung oder Verwaltung, der Verfassung oder internationalen Politik beschäftigen und das öffentliche Leben wesentlich beeinflussen", dazu gehören "neben dem Bundespräsidenten und Bundestagspräsidenten, den Mitgliedern der Bundesregierung und der jeweiligen Landesregierungen... auch die Abgeordneten des Deutschen Bundestages und der Landesparlamente sowie führende Politiker der Parteien", nicht aber irgendwelche Dödel einer nachgeordneten Kreisbehörde, die mit offenen Augen dem Feierabend entgegendösen, während eines ihrer Mündel eine Straftat vorbereitet.

Das müsste eigentlich auch das Landeskriminalamt wissen, das Frau B. vorgeladen hat. Es sei denn, man arbeitet auch dort mit den Klever Spezialisten für Beamtenbeleidigung zusammen. 

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Leserpost

netiquette:

Bettina R. Federlein / 01.04.2017

Vermutlich liegt eine Verwechslung des “Tatbestands” vor. Man stößt sich bestimmt an der “falschen Meinung”.

Eckhard Meyer / 01.04.2017

Die Frage wäre hier doch: Wie kann man der Frau helfen? In so einem Fall würde ich erst einmal einen Rechtsanwalt aufsuchen und nötigenfalls auch zu dem Termin beim BKA mitnehmen. Das kostet natürlich. Deshalb könnte ich mir vorstellen, mich mit einer Spende daran zu beteiligen. Jeder, der wegen eines solchen Humbugs zur Polizei zitiert wird, verdient Unterstützung. Vielleicht gibt es aus dem Kreis der achgut-Leser ja Gleichgesinnte. Und wenn kein Geld erforderlich ist, sollte man die Dame zumindest moralisch mittels Brief oder E-Mail unterstützen. Herr Broder bzw. achgut-Redaktion, könnten Sie hier helfen?

Frank Stricker / 01.04.2017

Ich bezweifele dass in Kleve jemals ein “politisches Leben” stattgefunden hat. Selbst die Holländer wollten diesen Landstrich nicht geschenkt haben. Bezeichnend für diese Gegend ist auch, dass hier große Mengen an Müll aus ganz NRW mittels Bahn endgelagert werden.

Karla Kuhn / 01.04.2017

“Das müsste eigentlich auch das Landeskriminalamt wissen, das Frau B. vorgeladen hat. Es sei denn, man arbeitet auch dort mit den Klever Spezialisten für Beamtenbeleidigung zusammen. ” Wie Sie das beschreiben Herr Broder klingt es fast wie Kabarett. Und so muß man es auch sehen, sonst kriegt man einen Kropf.  Wo soll in der E Mail von Frau B. eine Beleidigung sein ? Die Frau hat lediglich Fakten aufgeführt. Oder ist es generell üblich, daß Flüchtlinge völlig ungehindert 14 (VIERZEHN !!) Identitäten annehmen können ? Außerdem stand Amri unter Beobachtung, oder nicht ?  Anfangs dachte ich es ist ein Aprilscherz aber je mehr ich gelesen habe, mußte ich nur noch den Kopf schütteln. Übrigens, die “Köterrasse” ist nicht strafbar und wenn man bei einer Demo mit läuft, wo ein Spruchband hochgehalten wird mit dem Text ” Deutschland, Du mieses Stück Scheiße” auch nicht.

Martin Wessner / 01.04.2017

Getroffene Hunde bellen laut. Man hat bei der Klever Ausländerbehörde offenbar (unterbewusst) starke Schuldgefühle bzw. Gewissensbisse, die zum Selbstschutz regressiv abgewehrt und verdrängt werden müssen, indem man die auf sich selbst gerichteten (Auto-)Agressionen auf denjenigen zurückweist, der diese bei den sich angesprochen fühlenden Klever Beamten ausgelöst hatte. Naja, hoffen wir mal, dass Frau B. einen guten Anwalt hat. Ich wünsche ihr jedenfalls viel Glück. Ein schönes Wochenende MW

Hans Meier / 01.04.2017

Danke Herr Broder, Sie bringen den Irrsinn in Kleve, an die Öffentlichkeit. Dass Peinliche ist, die NRW-Lokal-Medien sind schlimmer altparteilich, als der Stadtanzeiger mit all seinen Werbeangeboten und den, bekomme ich auch ohne ABO vor die Tür gelegt. Die NRW-Lokal-Medien sind völlig auf Propaganda programmiert, sogar bis in die Revier-Blogs, wo Spezialsozialisten sich was rubbeln.

M. Haumann / 01.04.2017

Wo genau soll da die “üble Nachrede” oder “Verleumdung” sein? Ich kann auch nach mehrfachem Lesen der email nur Fakten erkennen?

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