Vera Lengsfeld / 04.03.2017 / 18:00 / Foto: Eduardo P / 9 / Seite ausdrucken

Straßennamen mit Beipackzettel

Politisch korrektes Umtaufen ist total in. Zuletzt hat es die Greifswalder Universität getroffen, die sich nicht mehr nach Ernst Moritz Arndt benennen will. Auch in Wien, Osnabrück und Gießen wird umbenannt, um nur einige Beispiele herauszugreifen. Und natürlich in Berlin, wo exzessive Straßenumbenennungen ja eine gewisse Tradition haben.

Nun sind zwölf Straßennamen in Freiburg an der Reihe, darunter der Martin-Heidegger-Weg und die Hindenburgstraße. Eine Kommission hatte untersucht, welche Freiburger Straßennamen einen Bezug zu Militarismus, Diktatur, Nationalismus, Antisemitismus, Chauvinismus, Minderheitenverfolgung und Kolonialismus aufweisen.

Besonders schön ist der neue, auch in Freiburg zu besichtigende Trend, die Straßennamen in zwei Kategorien aufzuteilen. Kategorie A verfällt sofort der damnatio memoriae, während Kategorie B noch eine Galgenfrist erhält. Die B-Namen werden nicht gleich umbenannt, sondern mit einem kleinen Schild als eine Art Beipackzettel versehen, auf dem vor ihren gefährlichen Inhalten gewarnt wird. Das ist clever, denn so lässt sich der Bildersturm auch auf Namen ausweiten, deren direkte Entfernung vielleicht nicht so leicht vermittelbar gewesen wäre, weil sie trotz ihrer durchaus dunklen Seiten noch über eine große Anhängerschaft in der Bevölkerung verfügen.

Jeder, der auf dem Schildchen liest, wie schlimm der Straßennamensgeber war, fragt sich dann womöglich empört, warum die Straße denn noch immer nach dem benannt ist. Dann ist die endgültige Namenstilgung sicher nur noch eine Frage der Zeit. Auf diese Art kann das korrekte Geschichtsbewusstsein der Massen gehoben werden. Das ist besonders wichtig in diesen Zeiten, in denen der traditionelle Geschichtsunterricht überall eingestampft wird.

Was ist zum Beispiel mit dem Angriffskrieger Karl dem Großen?

Die Initiativen aus Freiburg und anderen Städten sind deshalb zu begrüßen. Sie gehen aber nicht weit genug. Zu viele Namen mit Bezug auf Militarismus, Diktatur und Minderheitenverfolgung blieben bis jetzt unbehelligt. Was ist zum Beispiel mit dem Angriffskrieger und Unterdrücker Karl dem Großen. Nach dem sind viele Straßen und sogar ein Europäischer Preis benannt. Was ist mit den grausamen Eroberern Sultan Selim I. und Mehmet II., nach denen in Deutschland viele Moscheen benannt sind? Gehört da nicht auch ein Warnschild dran?

Gleich weitermachen kann man dann mit den vielen nach dem Antisemiten Karl Marx benannten Straßen. Und Rosa Luxemburg ist auch nicht ohne. Träumte sie doch von einer terroristischen Diktatur und der Auslöschung ganzer Klassen. Ich sage: Schildchen dran. Ganz zu schweigen von Ernst Thälmann, der die deutsche KP brachial auf Stalins Linie trimmte und der erhebliche Mitverantwortung an den Toten der „Aufstände“ 1923 in Hamburg und Mitteldeutschland trägt, die von der KPD mit angezettelt wurden.

Das wäre doch mal eine zivilgesellschaftliche Aufgabe für die Bürger in Freiburg und anderen Städten: Lasst uns alle Namen im öffentlichen Raum, die unsere Obrigkeiten bisher vergessen haben, mit Warnschildern versehen!

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Hein Tiede / 05.03.2017

Das, was den Taliban die Buddha-Statuen in Band-y-Amir, dem IS die Amphittheater von Palmyra waren, sind den Linken die Straßennamen, deren Namensgeber noch nicht so weit auf dem Weg zur Erleuchtung vorangeschritten sind, wie Links-Grün.

JF Lupus / 05.03.2017

Ich bin dafür, in jeder Stadt die Hauptstraße in “Achgut-Straße” um zu benennen. Am besten noch eine Einbahnstraße draus machen. Und alle Straßen zu Müll-/Abfallwirtschaftsbetrieben heißen ab sofort “Merkelweg”.

Andreas Rochow / 05.03.2017

Eine schöne Zusammenfassung! Die Freiburger haben übrigens Ernst-Moritz-Arndt nicht gebannt, sondern mit einem Beipackzettel versehen: Bewährungsstrafe! Aber eine Greifswalder Universität mit Beipackzettel - das wäre wirklich nicht gegangen. Man fragt sich, ob diese eiligen Umbenennungen die Vorbereitung auf etwas sein könnten. Worauf? Und was wird mit den vielen Bismarck-Türmen? Wird man sie in Merkel-Hoffnungs-Türme umbenennen?    

Heiko Stadler / 05.03.2017

Weiter geht’s mit den Hausnummern. Aus 8 wird 7,5 und 20 geht auch nicht. Das könnten man mit einem bestimmten Geburtsdatum in Verbindung bringen. Auch ja, was ist eigentlich mit den armen Schluckern, die am 20. April Geburtstag haben? Müssen die vorsorglich gleich eigesperrt werden?

Franck Royale / 05.03.2017

Dann wäre da noch der Umstand, dass der Name des Propheten des Islam, Mohammed, (in zwölf unterschiedlichen Schreibweisen) seit Jahren schon in London, Brüssel, Amsterdam, Kopenhagen und Oslo der beliebteste Name für neugeborene Jungen ist. Wie lautet das Urteil der Freiburger Kommussion: Beipackzettel?

Wolfgang Richter / 05.03.2017

In einem solchermaßen mit schädlichen Einflüssen der Vergangenheit belasteten Europa bleibt einem Moralhoheitler eigentlich nur nochn die Auswanderung, da seine Füße hier ständig über belastetes Areal stapfen.  Auch wäre eingiges an Militarismus erinnerndes Bauwerk unverzüglich einzureißen, da deren Anblick auf zarte Gemüter ähnlich belastend wirken dürfte, wie ein zuletzt in Limburg gebimmeltes “Fuchs Du hast die Gans gestohlen”. So kämen unter Kathegorie a) -sofort zu beseitigen- in Betracht z. B. die Siegessäule in Berlin, die auch noch mit “Siegeskanonen” verziert ist, oder auch das Hermanns-Denkmal, das an einen heimtückisch erlangten Sieg über eine Armee von “Südländern” erinnert.

Bernhard Freiling / 05.03.2017

Durchnummerieren, den ganzen Schmonzes. Und dabei die Zahlen 13 und 88 aussen vor lassen. 9 ist auch nicht wirklich gut und dann erst die 6. Macht nix, bleiben ja noch genug übrig.

Heinz Bannasch / 04.03.2017

Wenn man schon den Münchner Flughafen nach F.J. Strauß benannt hat, wäre es nur fair den Münchner Bahnhof in Claudia Roth Willkommens-Bahnhof umzubenennen.

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