Hannes Stein / 14.01.2007 / 17:56 / 0 / Seite ausdrucken

Steyn, Stein und Statler

Der Bloggerkollege Statler übt eine rationale Kritik an Mark Steyns Buch “Amerika Alone”, das ich in der WELT positiv rezensiert hatte. Steyn sagt in seinem Buch den Untergang Europas voraus: Die Muslime werden demografisch immer mehr, die anderen immer weniger, dies werde zu Bürgerkriegen führen, zu denen die “Unruhen” nach dem Tod von Theo van Gogh und in den französischen Vorstädten nur ein Auftakt waren.

Statler dazu:
“Mein Problem damit ist, daß solche demographischen Argumente sinnvoll sind, wenn es um Rentensysteme oder von mir aus auch um youth bulges an und für sich geht. Aber nicht, wenn Ideologien das Problem sind. Steyn unterliegt hier einem Fehlschluß, der leider fast schon ein wenig rassistisch gefärbt ist. Er unterstellt implizit, daß sich mit den Menschen einer bestimmten Herkunft auch die aktuell dort virulente Ideologie genauso überproportional mitvermehrt. Aber wieso sollte das so sein? Ist es nicht etwas voreilig, davon auszugehen, daß die Söhne arabischer Mütter in Frankreich oder türkischer Mütter in Deutschland natürlich auch Islamisten werden? Selbst in Saudi-Arabien, im Jemen oder in den Palästinensergebieten könnte es schließlich einen gesellschaftlichen Fortschritt geben, der Islamismus zu einer eher unattraktiven Ideologie werden läßt.”

Gegeneinwände:
1. I´ll keep my fingers crossed! Aber im Moment sieht es gar nicht so aus. Vor ein paar Jahren schrieb ich diese Geschichte hier: Sie handelt von einem behütet in Italien aufgewachsenen italienischen Mädchen, das sich in eine erfundene Palästinenserbiografie und einen apokalyptischen Hass auf die Israelis hineinsteigert. Das Mädchen machte ein Buch daraus, das unter muslimischen Jugendlichen reißenden Absatz fand (auch in Deutschland wurde es von einem bedeutenden Jugendbuchverlag publiziert). Mir scheint das alles nicht besser geworden zu sein: Vielfach ist es so, dass der sanfte Sufi- oder der mehr kulturell definierte Laisser-faire-Islam der Alten bankrott geht und bei den Jüngeren von einer harten, radikalen Variante abgelöst wird. Es ist nämlich wirklich nicht nur die Demografie. Es sind auch die Ölmilliarden, die Saudi-Arabien in die Propaganda pumpt: So wird der Wahabi-Islam, der einen heiligen Hass auf Juden, Amerikaner, Hindus, Schiiten etc. pp. predigt, zum Exportschlager. (Auch ein Beispiel für Globalisierung! Steyn spricht treffend von einem Wal-Mart-Islam.) In Europa trifft dieser globalisierte Islam womöglich—Ironie der Geschichte!—auf weniger Widerstände als im Nahen Osten.
2. Es ist nicht rassistisch, sondern einfach wahr, wenn man mit Mark Steyn konstatiert, dass der Islam eine “imperiale Religion” ist. Das Ziel ist nun mal, das “dar al-Islam” (Haus des Islam) auszuweiten und das “dar al-harb” (Haus des Krieges) zu vernichten. Hier geht es mir nicht um die langweilige Feststellung, dass der Islam—wie jede monotheistische Religion—zwischen “uns” und den “anderen” unterscheidet. Es geht mir darum, dass Allah seine Majestät immer dadurch bewiesen hat, dass seine Anhänger in Kriegen gegen die Ungläubigen siegreich waren. Das bedeutet natürlich nicht, dass alle Muslime Gewalttäter wären (nicht einmal potenzielle). Es bedeutet aber, dass der Dschihadismus ein Umfeld findet, in dem er sich bewegen kann, so wie die Terroristen der RAF sich im linksextremen Umfeld bewegen konnten wie Mao Tsetungs berühmte Fische. Und dieses Umfeld weitet sich im Moment aus.
 

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