Ansgar Neuhof / 14.10.2016 / 13:02 / Foto: Bildarchiv Pieterman / 5 / Seite ausdrucken

Steuereinnahmen: Das Jammern der Nimmersatten

Von Ansgar Neuhof.

Das Institut der Deutsche Wirtschaft schlägt Alarm. Bei einem Blick in die Glaskugel stellten die Kölner Wissenschaftler fest, daß Deutschland aufgrund des demographischen Wandels in 20 (!) Jahren preisbereinigt 18 Milliarden Euro beziehungsweise 7 Prozent weniger Einnahmen aus der Einkommensteuer habe als heute. Das Institut sieht hierdurch Gefahren auch für das Rentensystem, da dieses teilweise aus Steuermitteln finanziert werde. Als mögliche Lösung schlägt das Institut die Einrichtung eines Demographiefonds vor, in dem Geld zurückgelegt werden soll.

Die Presse springt unhinterfragt darauf an und titelt alarmistisch wie zum Beispiel die Welt Der Steuerzahler kann die Rente nicht rettenoder der Deutschlandfunk:  „Die Einnahmen werden einbrechen – und dann?“ . Da muß einem ja fast angst und bange werden. Doch betrachtet man die Zahlen einmal etwas genauer, besteht nicht nur kein Grund zur Sorge. Vielmehr könnten Deutschlands Bürger jubeln und Freudentänze aufführen.

Von 100 Euro 2,67 Euro weniger: Nicht schön, aber auch kein Grund zum Jammern

Ein Rückgang von 18 Milliarden beziehungsweise 7 Prozent  bei der Einkommensteuer bedeutet bezogen auf die Gesamtsteuereinnahmen des Staates lediglich einen Rückgang von 2,67  Prozent. In 2015 betrugen die Gesamtsteuereinnahmen Deutschlands nämlich 672 Milliarden Euro. Und nur die Gesamtsteuereinnahmen sind relevant, nicht die Einnahmen aus einer einzelnen Steuerart. 2,67 Prozent klingt dann schon etwas weniger bedrohlich. Das wäre, wie wenn jemand aus einem mit 100 Euro gefüllten Portemonnaie 2,67 Euro verlöre und nur noch 97,33 Euro für den Einkauf zur Verfügung hätte. Nicht schön, aber auch kein Grund zum Jammern.

Der Rückgang von 18 Milliarden wäre überdies ohne weiteres verkraftbar. Auf 53,5 Milliarden Euro beliefen sich laut dem aktuellsten Subventionsbericht der Bundesregierung (Bundestagsdrucksache 18/5940, S. 23) die Subventionen in 2014 (für 2015 fehlt noch ein Teil-Wert, aber der Gesamt-Wert dürfte dem von 2014 entsprechen). Subventionen verzerren die Wirtschaftsstruktur zugunsten der Empfänger, verdrängen bessere Verwendungsalternativen, mindern Anreize und verursachen gesamtwirtschaftlich unproduktive Kosten einschließlich Bürokratiekosten. Allein schon durch eine nur teilweise Reduzierung der Subventionen ließe sich der Rückgang der Steuereinnahmen problemlos ausgleichen. Niemand hätte weniger außer ein paar durch Subventionen gegenüber dem Normalbürger Privilegierte.

Von 2005 bis 2015: Das Staatseinkommen hat sich um fast 50 Prozent erhöht

Wer mit der Glaskugel in die Zukunft sieht, sollte dabei nicht vergessen, auch die Vergangenheit zu betrachten. Sieht man sich beispielsweise die Entwicklung der Steuereinnahmen im Zeitraum von 2005 bis 2015 an, so stellt man fest, daß diese enorm gewachsen sind. Von 2005  bis 2015 (siehe hier und hier) stiegen sie nach den statistischen Angaben des Bundesfinanzministeriums von 452 Milliarden Euro auf 673 Milliarden Euro. Das Staatseinkommen hat sich also um fast 50 Prozent erhöht. Zum Vergleich: Die Preissteigerung betrug laut Statistischem Bundesamt im selben Zeitraum nur 15,56  Prozent. Das Staatseinkommen ist also mehr als dreimal so stark angestiegen wie die Preise.

Hätte der Staat ausgehend vom Niveau 2005 die Steuereinnahmen bis 2015 lediglich in Höhe der Preissteigerung von 15,56 Prozentz erhöht, so hätten diese in 2015 nicht 673 Milliarden betragen, sondern nur 522 Milliarden Euro. Tatsächlich hatte der Staat 2015 also 151 Milliarden Euro mehr zur Verfügung als 2005 – und das bereits preisbereinigt. Jedes Jahr sind die Steuereinnahmen somit um etwa 15 Milliarden mehr angestiegen als es zum Ausgleich der Preissteigerung erforderlich gewesen wäre. Um den prognostizierten Rückgang von 18 Milliarden in 20 Jahren auszugleichen, müßten die Steuereinnahmen in den nächsten 20 Jahren folglich gerade einmal jedes Jahr um nur ca. 900 Millionen mehr ansteigen als zum Ausgleich der Preissteigerung benötigt. Das erscheint angesichts der Vergleichs mit dem Zeitraum von 2005 bis 2015 eher untertrieben.

Wenn also Deutschland eines in 20 Jahren nicht haben wird, dann ein Steuereinnahmeproblem. Es sei denn die staatsgläubigen Etatisten aller Parteien erhöhen die Staatsausgaben wie schon in den letzten Jahren und Jahrzehnten über alle Maßen immer weiter und immer weiter - das wäre dann aber ein Ausgabeproblem.

Ansgar Neuhof (47) ist Rechtsanwalt und Steuerberater mit eigener Kanzlei in Berlin

Foto: Bildarchiv Pieterman

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Leserpost

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Markus Estermeier / 15.10.2016

Das jammern der “Subvention” der Rentenkasse aus dem Steuertopf geht mir seit geraumer Zeit auf den Keks. Bei den hinzugekommenen Rentnern nach der Wiedervereinigung handelte es sich fast durchweg um Staatsangestellte in den “volkseigenen” Betrieben. Demzufolge wären deren Pensionen ohne wenn und aber aus Steuermitteln zu begleichen. Diese Pseudobeamten werden allerdings auch über die Jahre immer weniger, wodurch sich der Zuschuß für leistungsberechtigte Rentenempfänger wohl auf einem niedrigen Level einpendeln dürfte. Zu letzterer Aussage habe ich allerdings auch wieder starke Bedenken. Ich befürchte, daß die älteren Migranten ohne Umweg nach der Sozialhilfe direkt an die Rentenkasse weiter gereicht werden. Unsere Zwangssozialversicherungen sind keine Versicherungen, sondern umbenannte Steuern. Denn Leistungen aus einer Versicherung bekommt man normalerweise nur wenn man vorher Beiträge dafür bezahlt hat.

Ralf Neitzel / 15.10.2016

Dem Steuerzahler wird immer wieder die gleiche Lüge erzählt: Die Höhe der Steuern wird von der Regierung immer wieder gern als notwendig dargestellt, um all die Ausgaben (Sozial…, Kredit…, Euro…, etc.) bezahlen zu können. Das stimmt so nicht. Die Höhe der Steuern, oder eben die STAATSLASTIGKEIT einer Gesellschaft, ergibt sich NICHT aus der jeweiligen Finanzsituation eines Staates. Die Höhe der AUSGABEN durch die Regierenden ist FREI DEFINIERBAR. Als FOLGE aus dieser FREI DEFINIERTEN Höhe der Ausgaben ergibt sich die Höhe der zu zahlenden Steuern. Hat das noch keiner verstanden ? Freundliche Grüsse Ralf Neitzel

Wolfgang Richter / 15.10.2016

Dieser Staat, und nicht nur der in der EU, hat kein Einnahmen, sondern wein Ausgabenproblem. So lange die Mentalität in Politik und Verwaltung vorherrscht, daß es einen frei verfügbaren und ggf. durch Erhöhung oder Neufindung von Steuern und Abgaben nachzu- füllenden Geldpool gibt, wird sich an der Ausgabenpolitik nichts ändern. Die regelmäßig aufgelegten “Bücher” zur Ausgaben- und Steuegeldverschwendung führen seit Jahren genau so regelmäßig zu Mißfallensbekundungen als Betroffenheitsritual, ohne daß sich auch nur ansatzweise am Verhalten der Verschwendereliten etwas ändern würde. Und auf der anderen Seite, der Steuerbürger moppert zwar, aber zahlt brav und akzeptiert Schultern zuckend. Verantwortungsbewußtsein für die Verwendung der Geldmittel - Fehlanzeige.

Alexander Rostert / 14.10.2016

Man hätte die Staatsverschuldung, 2005 beginnend, mit Ausgabendisziplin und Sondereffekten wie Einnahmen aus der UMTS-Versteigerung, der Privatisierung des Autobahnnetzes, mit ersparten Zinsen, vor allem aber ohne Bankenrettung, Griechenlandrettung, ESM, Energiewende und Flüchtlingsmilliarden bis heute auf einen geringen Bruchteil zurückführen können. Das wäre eine wahre Investition in die Zukunft gewesen, denn neben den expliziten Stastsschulden lauern ja auch noch die impliziten, etwa Pensionsversprechen. Aber langfristig und nachhaltig wird halt nur in Familienbetrieben wie z. B. absolutistischen Erbmonarchien gedacht.

Hans Meier / 14.10.2016

Die Zahlen verraten auch, der Staat hätte die jährlichen 15 Mrd. € bei den Steuerzahlern nicht abgreifen brauchen, um sie „umzuverteilen“ und von der „schwarzen Null“ zu fabulieren. Jeder private und geschäftliche Hauhalt weiß garantiert viel konstruktiver mit seinen Mitteln hauszuhalten, als es der Staat mit seinen Berufspolitikern tut.

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