Ralf Schuler / 28.03.2015 / 11:18 / 5 / Seite ausdrucken

Stark im Glauben

Im Grunde ein genialer Coup der CSU: Mit dem Schlagwort “Ausländer”-Maut haben die Christsozialen drei Jahre lang Multikulturalisten, Zuwanderungsfreunde, Grüne und Linke auf Nebenschauplätzen beschäftigt, so dass nie eine breite Publikumsfront gegen das zustande kommen konnte, was die Maut in Wahrheit ist: eine neue, zusätzliche Gebühr.

Dass sie bei der Einfühung für Inländer kostenneutral bleibt, ist so viel wert, wie der 10-Euro-Gutschein für die 300-Euro-Alpaka-Decke auf der Kaffeefahrt.Bei nächster Gelegenheit wird die Maut steigen, dann zahlen wir alle.

Nicht wirklich überzeugend ist auch das Argument, die “richtige” Maut hätte streckenabhängig sein müssen wie die Lkw-Maut. Einerseits steigen nahezu alle Betriebskosten (damit die darauf erhobenen Abgaben) des Autos mit jedem gefahreren Kilometer - vom Benzin über Öl bis zum Verschleiß. Die Kfz-Steuer ist hubraumabhängig und damit am Verbrauch orientiert.

Andererseits spricht für die jetzt beschlossene pauschale Plakette auch, dass eine Straße auch für den Gelegenheitsfahrer gebaut und unterhalten werden muss. Die volle Umstellung auf Nutzerfinanzierung, wie sie manche fordern, wäre so ähnlich, als müsste der einzige interessierte Leser für albanische Hinterglasmalerei das Korrespondentenbüro allein bezahlen.

Am Ende hat sich die Politik auch in der Maut-Debatte wieder einmal um das Geständnis herumgemogelt, dass Autofahrer schon längst mehr zahlen als sie verbrauchen (auch wenn interessengeleitete Gutachten gern großzügig Folgekosten bis zur globalen Klimaerwärmung einrechnen wollen).

Der redliche Pendler zahlt schon heute mit der Mineralölsteuer und dem Umweltzuschlag plus Mehrwertsteuer für den Anti-Terrorkampf, für die Rente, für Gesundheitsvorsorge und nebenbei für die Defizite der Bahn.

Demnächst kommt die Maut noch obendrauf. Und - jetzt aber in echt und wirklich! - soll das Geld nur für die Straßen der Autofahrer verwendet werden. Da müssen wir alle sehr stark im Glauben sein!

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Leserpost

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Danny Wilde / 30.03.2015

Liebe Achse, bitte den hervorragenden Beitrag von H-P Hammer redaktionell aufarbeiten und z.B. WeltOnline anbieten! Was der schreibt, ist natürlich altbekannt, aber er fasst es hier so zusammen, dass damit eigentlich fast alles zum Thema gesagt ist. Was beklagenswerterweise, sonst niemand getan hat, weder im PS-Blog, noch auf der Hauptseite. Warum erbarmt sich nicht HMB des Themas und schreibt eine flammende Philippika? Dass man nicht nur absonderlichen Rasern das Auto wegshreddern soll, sondern auch die Privatfahrzeuge derjenigen Abgeordneten (und auch Minister), die diesen Unsinn abgestimmt haben? Man könnte am Beispiel von Frankreich vielleicht noch ein bisschen tiefer in die Materie Privatisierung einsteigen (u.a. der Wettbewerbseffekt - als Fernreisender muss ich ja keineswegs Autoroute fahren, könnte auch auf die meist erstklassig ausgebauten staatlichen und kostenlosen routes nationales ausweichen, werde mich aber ggf. doch für die nicht gerade billige Autoroute entscheiden; will mal so sagen: worth the money!!), oder dass Frankreich vor etlichen Jahren die Kfz-Steuer abgeschafft hat. Das alles ist tausend Mal benutzerfreundlicher als es die deutschen Volksvertreter je schnallen werden. Die deutsche “Maut” wird jedenfalls eine Katastrophe für die Autofahrer, schon wegen des damit verbundenen Papierkrams.

Vaclav Endrst / 30.03.2015

Ich möchte hiermit unsere Bundeskanzlerin an ihre Wahlversprechen erinnert:  MIT MIR WIRD KEINE WINGETTE FÜR PKW KOMMEN. Ein ganz kurze Gedächtnis?

Hans-Peter Hammer / 28.03.2015

Noch mal: Mit der Energiesteuer (früher Mineralölsteuer) haben wir seit langem eine verbrauchs- und streckenhabhängige Abgabe für ALLE Straßen, die auch jeder Ausländer der in Deutschland tankt zahlt! Und das sind nicht wenige, 1. die westlichen Grenzgebiete NL, B, F und im Norden DK, wo Benzin teurer ist, da kommen so manche Tanktouristen, tanken in D, bezahlen die deutsche Energiesteuer, verbrauchen den Sprit aber auf heimischer Infrastruktur. Ich denke, das gleicht sich wahrscheinlich ziemlich aus mit den Deutschen die im Süden und Osten über die Grenze fahren (nach A, CZ, P) um dort billiger zu tanken. Gerechtigkeitslücke? Denkste! 2. durchreisende Touristen (wahrscheinlich in Überzahl Holländer, Belgier, Dänen und evtl. Franzosen und Schweden) auf dem Weg gen Süden (Italien, Österreich !?). Insbesondere mit Wohnwagen schaffen die niemals die Strecke bis Österreich ohne zwischendurch zu tanken. Ergo bezahlen auch sie die deutsche Energiesteuer! (Ein Däne auf dem Weg nach I wird, da Sprit in DK teurer ist, gerade zunächst in D tanken, schafft es wahrscheinlich aber nicht bis Österreich und tankt deshalb nocheinmal in D, füllt dann den Tank in A bis zum Anschlag und hofft in I während des Urlaubs möglichst nicht tanken zu müssen, da Sprit in I wieder deutlich teurer ist. Auf dem Rückweg tankt er natürlich in A, muß evtl. in D noch einmal tanken und tankt aber mit Sicherheit kurz vor der dänischen Grenze um mit billigerem Sprit nach DK und nach Hause zu fahren! Ähnliches gilt auch für Hölländer und Belgier!) 3. Ausländer die D als Touristen besuchen. Schönen Schrank auch! Jetzt bestrafen wir Touristen die hier ihr sauer verdientes Geld lassen wollen auch noch! Negativ-Marketing at its best! Es ist sehr bezeichnend, daß in der gesamten Diskussion die Kfz-Steuer herangezogen wird, die Energiesteuer (s.o.) aber schön außen vor gelassen wird! Die Kfz-Steuer wird fällig für ein in D zugelassenes Fahrzeug, ist also eigentlich eine Steuer für den “Besitz” eines Fahrzeugs in Deutschland! Die Ausländer die Dobrindt (angeblich) mit seiner “Maut” treffen will, “besitzen” aber gar kein Fahrzeug in D! Diese “Verrechnung” mit der Kfz-Steuer ist also quasi der Versuch Menschen die nicht in Deutschland leben für eine deutsche “Besitzsteuer” heranzuziehen, zusätzlich zu der entsprechenden Steuer ihres Heimatlandes! Mal sehen wie lange es dauert bis NL, B, F, DK auf ähnliche Gedanken kommen und die deutschen Touristen für deren “Besitzsteuern” bluten lassen, womit dann tatsächlich wieder Gerechtigkeit herrschte! Auch beim Argument bezüglich Maut im Ausland (z.B. E, F, I) wird ständig unterschlagen, daß a. diese Maut auch von den Einheimischen (ohne Ausgleich; s. A) gezahlt werden muß, b. NIE für alle Straßen erhoben wird und überwiegend für Straßen (E, F, I) die NICHT staatliche sind, sondern von Privatunternehmen gebaut und unterhalten. (Auch nach und in Österreich kann man fahren - nur eben nicht über die Autobahn - ohne das Pickerl zahlen zu müssen! Zudem haben die Österreicher es geschafft, anders als D mit der LKW-Maut *, daß die Mauteinnahmen auch tatsächlich wieder in den Unterhalt der mautpflichtigen Straßen fliessen! * Nach Abzug der Zahlungen z.B. an Toll Collect, kürzt das BMF (Schäuble) dem BMV (derzeit Dobrindt !!!!) den Etat exakt um die Mauteinnahmen, womit de facto die LKW-Maut doch als Steuer endet und umgeht so die eigentlich gesetzlich festgelegte Verwendung für die Infrastruktur! Die “PKW-Maut” ist tatsächlich der Versuch uns - unbemerkt - zusätzliches Geld aus der Tasche zu ziehen und obendrein noch mindestens das anlaßlose Kennzeichenscannen bundesweit - entgegen richterlichem Urteil - einzuführen und einen weiteren Schritt Richtung totaler Überwachung zu gehen! Maut? Nein!

Wilfried Paffendorf / 28.03.2015

Sehr geehrter Herr Schuler. Warum dann diese Vehemenz, mit der die CSU-Barden von Gerechtigkeit auf den Straßen faseln? Die Bürger werden mit solchen Phrasen abgelenkt von den wahren Absichten und ihr Urteilsvermögen “eingeschläfert”. Die PKW-Maut wird kommen - für ALLE. Unterschiedlos und ohne Entschädigung für deutsche Autofahrer! Darauf schließe ich jede Wette ab!

Roland Tluk / 28.03.2015

Komisch. Im umgebenden Ausland ist die Vignette ganz normal. Klar geht es um Einnahmensverbesserungen für den großen Pott. Klar geht es um eine empfundene Gerechtigkeit. Die Einnahmen über das KFZ bzw. den LKW liegt jenseits der 70 Milliarden Euro. Ich bin übrigens für “breitere Schultern” und systematisches Zusammenstreichen von Leistungen, die nicht als staatliche Kernaufgabe verstanden werden können. Brauchen wir ein Steuerrecht, dass knapp 100.000 Verordnungen und Gesetze kennt, dass quasi jeden Mehrverdiener einer steuerliche Erleichterung beschert? Das System sollte komplett verworfen und neu aufgbaut werden. Wie sich das entwickelt, werden wir sehen.

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