Von Ansgar Neuhof.
Jahre lang schienen die Wochenzeitung Die Zeit und die mit ihr verbundene, umstrittene und aus Steuermitteln geförderte Amadeu Antonio Stiftung quasi das Copyright auf schwarze Listen beziehungsweise Internetpranger zu haben. Erst gab es das von der Zeit gegründete und bis Ende 2016 begleitete und kürzlich umbenannte Internet-Projekt „Netz gegen Nazis“, bei dem Medien und Autoren in die „Nazi“-Nähe gerückt wurden. Später kam dann der Internetpranger „Neue-Rechte-Wiki“ hinzu, und schließlich entstand das Projekt „Digitaler Hass“, bei dem der „Nazi“-Vorwurf mit dem derzeit grassierenden Hass-Vorwurf verstärkt wurde. Zweck dieser Internetportale war es, Andersdenkende (sowohl Personen als auch Medien) dauerhaft und für jederman und jederzeit leicht abrufbar mit dem Stigma „Nazi“ diskreditieren zu können. Der „Nazi“-Vorwurf wurde also institutionalisiert. Nicht um eine sachliche Auseinandersetzung mit abweichenden Ansichten ging es, sondern die persönliche Verunglimpfung. Näheres siehe hier und hier.
Seit wenigen Tagen hat nun auch die Heinrich-Böll-Stiftung, die Parteistiftung der Grünen, einen Internetpranger online gestellt. Die Böll-Stiftung ist, anderes als ihr Name es suggeriert, keine Stiftung, sondern ein Verein, mit 49 Mitgliedern. Den neuen Internet-Pranger hat das Gunda-Werner-Institut der Böll-Stiftung ins Netz gestellt. Dieses Institut ist keine unabhängige Lehr- oder Forschungseinrichtung, wie der Begriff „Institut“ meinen lassen mag, sondern nichts anderes als eine Sonder-Abteilung der Böll-Stiftung mit dem Themengebiet Feminismus, Geschlechterdemokratie (!) und Gender-Mainstreaming. Auf der neuen Internetplattform der Böll-Stiftung werden Organisationen und insbesondere Personen gelistet, die sich angeblich des Antifeminismus oder Familismus (Familie als Grundform der Gesellschaft) „schuldig“ gemacht haben. Bezeichnenderweise trägt das neue Portal der Böll-Stiftung den passend-unpassenden Namen „Agent*In“.
Grüne Agenten jagen Andersdenkende
Statt angebliche „Nazis“ jagen die Agenten der Böll-Stiftung laut der Eigenbeschreibung des neuen Portals angeblich „antifeministische, geschlechtskonservative und mitunter rassistische Kreise“, die angeblich „z.T. schon seit Jahren auf europäischer und nationalstaatlicher Ebene gegen Gleichstellungspolitik und emanzipative Geschlechterbewegungen wie auch gegen die Geschlechterforschung mobilisieren“. 76 Organisationen wie zum Beispiel der Bund der katholischen Unternehmer oder die Christdemokraten für das Leben sind dort gegenwärtig genannt und 177 Personen wie zum Beispiel der Journalist und Zeit-/Tagesspiegel-Autor Harald Martenstein wegen seiner wörtlich „heteronormativen Positionen“. Während die Vorsitzende des französischen Front National, Marine Le Pen, auf der schwarzen Liste steht, sucht man den Papst allerdings bisher vergeblich – trotz seiner Verurteilung der Gender-„Theorie“ als Teil eines Krieges zur Zerstörung der Ehe. Aber der Pranger steckt ja auch erst in den Anfängen.
Wie schon bei den „Nazi“-Portalen geht es nicht um eine inhaltliche Auseinandersetzung mit anderen Meinungen, sondern allein darum, Andersdenkende an den Pranger zu stellen und in einer Weise zu diskreditieren, daß andere sie am besten verschweigen, sich also mit ihnen und ihren Meinungen gar nicht erst auseinandersetzen. Listen über politische Gegner sind nichts Neues. Sie haben in Deutschland eine gewisse Tradition. In national-sozialistischer Zeit gab es zum Beispiel Listen von Reinhard Heydrich, auf denen unter anderem die später ermordeten Ernst Röhm und Reichskanzler Kurt von Schleicher oder der Emigrant Bertolt Brecht standen. Im DDR-Sozialismus wurden sogar etwa 86.000 Personen listenmäßig erfaßt, die im Fall einer inneren Krise oder im Kriegsfall in Isolierungslager gesperrt werden sollten; auch für den Fall einer Eroberung des Westteils Berlin existierten Listen der Staatssicherheit mit leitenden Polizeibeamten, Politikern, Spitzenbeamten, Geheimnisträgern und wichtigen Journalisten, die zu inhaftieren gewesen wären (siehe hier oder hier).
Staatlich finanzierte Diffamierung
Hier geht es „nur“ um gesellschaftliche Ausgrenzung und Diskreditierung. Und es sind nicht die Staatsorgane selbst, die dieses Portal betreiben, sondern „nur“ eine Stiftung der Grünen. Aber der Staat ist mit dabei. Finanziert wird das alles nämlich vom deutschen Steuerzahler. Im Jahr 2016 erhielt die Böll-Stiftung 61,7 Millionen Euro aus öffentlichen Kassen. Das macht mehr als 99 Prozent ihres Etats aus. (Anmerkung: In den letzten zehn Jahren von 2007 bis 2016 waren es übrigens insgesamt rund 464 Millionen Euro, die die der Steuerzahler der Böll-Stiftung zuwandte und diese zu mehr als 99 Prozent finanzierte. Geld, das an anderer Stelle sinnvoll hätte eingesetzt werden können.)
Wie viel Geld die Böll-Stiftung für ihr neues Projekt ausgeben will, ist offen und wird auch offenbleiben. Solche Einzelheiten werden in den Jahresberichten der Parteistiftungen nämlich nicht veröffentlicht. Um die Transparenz bezüglich der Verwendung öffentlicher Gelder ist es bei den Parteistiftungen nicht besser gestellt als bei den zahllosen anderen Empfängern staatlicher Zuschüsse; sie ist schlicht nicht vorhanden. Bleibt abschließend nur mit Alexander Wallasch in seinem Artikel über das neue Portal der Böll-Stiftung zu fragen: „Einzig die Frage bleibt noch, wie verletzt, wie enthemmt oder wie sonst was oberflächlich gebildete Menschen sein müssen, nach einer so umfangreichen Rezeption von Faschismus und Staatssicherheitssystem, wie sie uns heute zur Verfügung steht, auf diese schmutzige Weise zu agieren.“ Die Antwort gibt vielleicht der wohl heimliche Leitspruch dieser „Agenten“: „denuntio, ergo sum“. Es gab und gibt eben solche Menschen, die an derartigem Tun Gefallen finden. Vor allem wenn die Finanzierung gesichert ist.
Ansgar Neuhof ist Rechtsanwalt und Steuerberater mit eigener Kanzlei in Berlin
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