Silvia Meixner / 12.09.2016 / 15:00 / Foto: Bildarchiv Pieterman / 1 / Seite ausdrucken

Silvi, die Wahlkampf-Waitress – live aus Berlin! (5)

Ich hab’s getan. Briefwahl. Mit einem flauen Gefühl im Magen habe ich mein Kuvert in einen Berliner Briefkasten geworfen. Begleitet von guten Wünschen und lieben Wünschen an die Brieftauben. Ihr schafft das, ihr schafft das! Ich muss besonders vorsichtig sein. Ich komme schließlich aus einem wahlgebeutelten Land. In Österreich sollte am 2. Oktober zum zweiten Mal versucht werden, einen neuen Bundespräsidenten zu wählen. Mein Heimatland lässt dabei keinen Versuch aus, sich international zu blamieren. Wie beim ersten Mal, das die Wahl schließlich ungültig machte, wurden auch beim zweiten Mal unkorrekte Wahlkarten verschickt. Die Kuverts kleben nicht richtig, wenn es schlecht läuft, öffnen sie sich auf dem Postwege. Das ist das Schlimmste, das einem Wahlkuvert und einer Demokratie passieren kann. Ein Desaster. Die Stimme ist dann ungültig und man kann davon ausgehen, dass auch diese Wahl irgendjemand anfechten wird. Der zweite Wahlversuch wurde gerade auf den 4. Dezember verschoben.

Wie beim ersten Mal, das die Wahl schließlich ungültig machte, wurden auch beim zweiten Mal unkorrekte Wahlkarten verschickt. Die Kuverts kleben nicht richtig, wenn es schlecht läuft, öffnen sie sich auf dem Postwege. Das ist das Schlimmste, das einem Wahlkuvert und einer Demokratie passieren kann. Ein Desaster. Die Stimme ist dann ungültig und man kann davon ausgehen, dass auch diese Wahl irgendjemand anfechten wird.

Was soll man dem Rest der Welt als Erklärung auftischen? Sorry, wir üben noch? Wir können Strudel und Schnitzel, aber leider keine demokratischen Wahlen? Wir sind, was jeder weiß, ein Land der politischen Operette? Wir sind so unbedeutend, dass viele Flüchtlinge, die uns in den vergangenen Monaten durchschritten, gar nicht wussten, wo sie sich befanden? Ich weiß schon gar nicht mehr,  was ich sagen soll, wenn mich jemand auf die politischen Zustände in meinem Heimatland anspricht. Als einziges Argument den Berliner Flughafen zu haben, der schließlich auch nicht funktioniert, ist armselig. Ich lächle deshalb nur noch matt. Ich kann doch auch nichts dafür!!

Berlin verschickt falsche Kandidatennamen - die kennt ja sowieso keiner

Es ist nur ein sehr schwacher Trost, dass es auch in Berlin Problem bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus gibt. Zuerst waren es Softwareprobleme, das war im Juni. Kürzlich wurden an einige Berliner falsche Briefwahlunterlagen verschickt, mit falschen Kandidatennamen. Mit ein bisschen Humor könnte man sagen, dass das den meisten Wählern vermutlich gar nicht auffallen wäre. Oder kennen Sie den Kandidaten aus Ihrem Kiez? Mich grinsen seit Wochen Menschen von Plakaten an, von denen ich, obwohl politisch interessiert, bislang wenig bis nichts gehört habe.

Die falschen Kandidatennamen waren menschliches Versagen, die Unterlagen wurden per Hand eingetütet. Aber die Organisation per Computer, siehe oben, macht es ja offensichtlich auch nicht sicherer. Die Menschen können zum Mond fliegen, aber nicht einmal Wahlunterlagen korrekt verschicken. Was sagt uns das? Hoffentlich bewahrheitet sich der Fotowitz um die österreichische Bundespräsidentenwahl nicht. Das fiktive Foto zeigt die Kandidaten in ein paar Jahren, beim 40. Versuch einer Wahl. Von mir aus kann das fiktiv bleiben. Silvia Meixner ist Journalistin und Herausgeberin von http://www.good-stories.de

Foto: Bildarchiv Pieterman

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Ralf Orth / 12.09.2016

wir waren gerade in Tallinn. Dort kann man mit einer Art persönlichen Inentitätskarte auch Abstimmen. Daneben enthält sie die Gesundhetskarte, den Führerschein usw. Die Frage ob man dami nicht seine ganzen Daten dem Staat preisgebe beantwortete ein Este wie folgt: Wir können doch davon ausgehen, dass irgend eine Stelle im System sowieso diese Daten abgreifen kann, warum sollen wir uns dann das Leben nicht mit einer einzigen Karte einfacher machen? Ich halte das für einen überlegenswerten Ansatz. p.s. Tallinn ist eine Reise wert!

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