Der Bundesumweltminister Sigmar Gabriel macht eine unglückliche Figur. Ein Fehltritt hier, ein Skandälchen da, Poltersprüche dort und eine verwegene Politik gegen deutsche Wirtschaftsinteressen. In Berlin nennen sie ihn schon „den Lothar Mathäus der deutschen Politik“.
Dabei zählt Gabriel eigentlich zu den Hoffnungsträgern der gebeutelten SPD. Er ist wendig und tatkräftig, schnell im Kopf und noch schneller mit dem Mundwerk. Er kann wie wenige andere komplizierte Sachverhalte auf den Punkt bringen, ist nie um einen guten Spruch verlegen und ein Meister der Verblüffungs-Metaphorik.
Gabriel ist zudem der einzige SPD-Minister der neuen Generation und hat sich als Popbeauftragter seiner Partei schon Verjüngungsmeriten verdient.Umso mehr erstaunt nun sein politischer Abstieg. Da die alte Garde der SPD ihre Partei in Zeitlupe an die Wand fährt, wäre Sigmar Gabriel eigentlich der geborene Retter in der Not. Ist er aber ganz und gar nicht. Die eigene Partei hat ihn bei der jüngsten Präsidiumswahl durchfallen lassen, Andrea Nahles bekämpft ihn, wo sie nur kann, und die Parteilinke hält ihn für einen VW-Tui-Schröder-Agenda-Industriefreund. In der Wirtschaft erarbeitet er sich hingegen den üblen Ruf eines Bulldozers der Öko-Ideologie. Irgendwie ist Sigmar Gabriel zwischen alle Stühle geraten. Und genau da kommt der Vergleich mit Lothas Mathäus ins Spiel. Der legendäre Spielführer der deutschen Nationalmannschaft konnte auch viel, verstand sich aber nur mit wenigen. Und wenn bei beiden regelmäßig rhetorische Kapriolen und saftige Eskapaden hinzukommen, dann hat die Nation ihren Boulevard-Spaß.
Die Mallorca-Flugaffäre des Umweltministers wird ihn politisch nicht zu Fall bringen. Aber sie profiliert sein Image als lebensdraller Hallodri. In den Morgenshows der deutschen Radiostationen wird landauf landab schon gewitzelt, dass Sigmar Gabriel soeben aufgestanden und zum Brötchenholen abgeflogen sei. Der Minister kann sich, wenn er das hört, ja mit der legendären Lothar-Mathäus-Weisheit trösten: „Wir dürfen jetzt nur nicht den Sand in den Kopf stecken!“ Lothar und Sigmar sind zu Ikonen des nationalen Komödienstadels geworden. Wenn sie gemeinsam aufträten, dann würde es eng für Schmidt und Pocher.
Dr. Wolfram Weimer ist Herausgeber und Chefredakteur der Zeitschrift „Cicero“. http://www.cicero.de