Gunter Weißgerber / 20.01.2017 / 06:00 / 16 / Seite ausdrucken

Sie ist wieder da: Die Querfront

Björn Höcke und Sarah Wagenknecht sei Dank. Niemand kann später sagen, er habe es nicht gewusst: Der eine Parteiführer holt die braunen und die andere Parteiführerin die blutigroten Gespenster aus den Tagen des auch gemeinsamen Kampfes gegen die Weimarer Demokratie ins Rampenlicht. 

Nur, es gibt große Unterschiede: 
- Die Bundesrepublik ist nicht Weimar, im Gegensatz zu damals steht heute der weitaus größere Teil der Bevölkerung zur Demokratie in den Farben Schwarz-Rot-Gold.
- Die Bundesrepublik ist freiwilliger Teil der großen Gemeinschaften Europäische Union und Nordatlantische Allianz und ein großer Nutznießer derselben. 

Herr Höcke nimmt kein Blatt vor den Mund. Scham über die NS-Massenmorde in deutschem Namen empfindet er keine. Schwurbelt was von Erinnerungskult und Schuldritualen.

Frau Wagenknecht bemüht das unschuldige Wörtchen „Fehler“, um Väterchen Stalin reinzuwaschen.

Weder Höcke noch Wagenknecht sprechen von den Morden der Nationalsozialisten und Kommunisten als das was sie waren: systemimmanente Massenmorde. Weder Höcke noch Wagenknecht bezeichnen Hitler, Lenin und Stalin als das, was sie waren: Massenmörder.

Empathie für die Opfer sieht grundsätzlich  anders aus.

Höcke und Wagenknecht stoßen wie weiland die SED ins gleiche Anti-NATO- und Pro-Rußlandhorn. Beide sind wahre Vertreter der DDR in der Bundesrepublik.

Gesetzt den Fall, sowohl in der Linksaußenpartei als auch in der AfD werden Vorstands- und Sprecherposten nach den allgemeinen Regeln vergeben.

Das heißt: Personenwahlen sind freie und geheime Wahlen! In dem Fall lassen die zustande gekommenen Mehrheiten deutliche Rückschlüsse auf die Mehrheitsmeinungen der jeweiligen Partei ziehen. Es ist geradezu zwingend anzunehmen, dass Mehrheitsmeinung und mehrheitlich gewählte Person in ihren Ansichten deckungsgleich sind. 

Deshalb gilt:

 Wer AfD wählt, wählt Nazis und Putinisten. 
Wer Linksaußen wählt, wählt Kommunisten, Stasis und Putinisten. 

Gegen die Demokratie beißen Höcke und Wagenknecht, so wie es damals Ulbricht und Goebbels auch taten: Beide standen gemeinsam auf den Barrikaden gegen die Demokratie und freuten sich 1939 über den Hitler-Stalin-Pakt inklusive des Deutsch-Sowjetischen Grenz- und Freundschaftsvertrages in dessen direkter Folge das freie Polen und das freie Baltikum erloschen.


Heute befürchten die Polen und die Balten erneut, wie damals, unter die Räder zu geraten, sollten sich in Deutschland Rechts- und Linksaußen zum Wohle Putins durchsetzen. 

Anders als Stalin damals mit Hitler, hat Putin zum Glück heute keinen gleichgesinnten Kumpan in Berlin im Besitz staatlicher Verantwortung sitzen. Achten wir darauf, dass das so bleibt. 

Dabei waren es doch die Ostdeutschen, die erst 1994 mit dem Abzug der letzten russischen Streitkräfte endgültig befreit wurden. Höcke hat davon keine Ahnung und Wagenknecht trauert dieser Besatzung hinterher. 

Gewissermaßen ist Putins antiwestliche Demokratur das Vorbild-Vehikel für Höcke und Wagenknecht: links mit sudelroten und rechts mit blaubraunen Signalfarben lockend. 

Probleme haben wir zuhauf. Das ist richtig. Mit Hilfe von Rechts- oder/und Linksaußen lösen wir nicht eines davon. Im Gegenteil.

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Leserpost

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Dirk Jungnickel / 20.01.2017

Es ist abenteuerlich, Herr Weißgerber, wenn Sie versuchen,  Höcke und Wagenknecht in einen Topf werfen. Von Übel ist natürlich beider Affinität zu dem Kriegsgespenst im Kreml. Und dass sich Recht- und Linksextreme in einigen Fragen annähern ist keine Neuigkeit. Ideologen haben eben nicht nur die Scheuklappen gemeinsam. Aber zwischen Wagenknecht, die in ihrer Borniertheit Stalins Verbrechen klein redet und Höcke, der sich zum “Mahnmal der Schande” vielleicht ungeschickt äußert, eine Gleichheitszeichen zu setzen, ist völlig unangebracht. Martin Walser hat zu letzterem 1998 in der Paulskirche gesagt: „In der Diskussion um das Holocaustdenkmal in Berlin kann die Nachwelt einmal nachlesen, was Leute anrichteten, die sich für das Gewissen von anderen verantwortlich fühlten. Die Betonierung des Zentrums der Hauptstadt mit einem fußballfeldgroßen Alptraum. Die Monumentalisierung der Schande. Der Historiker Heinrich August Winkler nennt das ’negativen Nationalismus‘. Daß der, auch wenn er sich tausendmal besser vorkommt, kein bißchen besser ist als sein Gegenteil, wage ich zu vermuten. Wahrscheinlich gibt es auch eine Banalität des Guten.“ Es wäre wünschenswert, wenn diese Erklärung einmal veröffentlicht würde, weil sie zu der Causa Höcke hier oft angesprochen wurde.

Frank Bleil / 20.01.2017

Im Spiegel Nr. 49, 1998 schrieb Rudolf Augstein im Zusammenhang mit den Vorwürfen der ‘geistigen Brandstiftung’, die damals gegen Martin Walser erhoben worden waren, folgendes: “Nun soll in der Mitte der wiedergewonnenen Hauptstadt Berlin ein Mahnmal an unsere fortwährende Schande erinnern. Anderen Nationen wäre ein solcher Umgang mit ihrer Vergangenheit fremd. Man ahnt, daß dieses Schandmal gegen die Hauptstadt und das in Berlin sich neu formierende Deutschland gerichtet ist. “ Muss man ihn jetzt renazifizieren ?

Uwe Biermann / 20.01.2017

Herr Weißgerber, auch wenn einige der geschätzten Vorkommentatoren es anders sehen mögen, ich finde Sie haben zu 100% Recht und sprechen mir aus der Seele.

Gert Weller / 20.01.2017

Na ja, das große Unglück für die Deutschen begann, als der Hitler-Stalin-Pakt gebrochen wurde und Hitler die SU angriff. Gut, vorher wars auch für viele Leute schlecht, aber für viele Deutsche in Polen und Tschechien auch eine Befreiung. Das nennt man wohl Dilemma.

Ernst-Fr. Siebert / 20.01.2017

Meins war wohl zu dicke, Herr Weißgerber? Eins hatte ich vergessen: Da werden wohl ca. 30 Genossen ihr Bundestagsmandat verlieren und damit weitere 100 Genossen nicht mehr genießen können. Und so viele Stadtwerke, daß man die alle unterbringen könnte gibt es ja auch nicht. Da kann man schon mal grimmig werden.

Marc Bisop / 20.01.2017

“Wer AfD wählt, wählt Nazis und Putinisten.
 Wer Linksaußen wählt, wählt Kommunisten, Stasis und Putinisten. 

” Und wer Merkel oder die ihre Politik Stützenden wählt? Hier schweigt des Kommentators Höflichkeit!

Ernst-Fr. Siebert / 20.01.2017

Nun haben Sie sich aber weit vergaloppiert! Zwischen Wagenknecht und Ulbricht liegen nicht nur in Sachen Bildung und Ästhetik, wahrscheinlich auch im Intellekt einige Unterschiede. Sicher ist aber, daß sie diesen Staat abschaffen will. Und Tatsache ist auch, daß Ihre Genossen mit ihren Genossen in diese Richtung in einigen Ländern Deutschlands regiert. Wo aber können Sie das bei Höcke erkennen und nachweisen (!)? Das Gegenteil ist richtig, denn wenn Höcke sich mit seiner Meinung dursetzen würde, kämen wir geltendem (!) Recht und Gesetz wieder nahe.  Den Ton Höckes muss man nicht mögen, auch inhaltlich kann man sich anders positionieren. Aber ein Nazi ist er nicht und auch nicht schamlos. Das Gegenteil hat er gesagt, denen, die es hören wollten. Andererseits verstehe ich Ihre Aufregung, denn für etliche Ihrer Genossen würde es bei Wiedereinführung von Recht und Gesetz ungemütlich. Und da meine ich nicht (nur) Ethati. Sie erinnern sich, ich bin der, der mit Ihnen an der Runden Ecke gestanden hat. Mir können Sie nicht Ahnungslosigkeit um die Vorgänge der Wende nachreden. Und noch etwas zu Frau Wagenknecht und ihrer angeblichen Stasitruppe: Sind nicht Ihre Genossen Maas und Schwesig diejenigen, die die Stasitante Kahane jetzt wieder in Stasimanier einspannen? Antifa? Recht und Gesetz? Richten Sie Ihren Furor gegen Ihre Genossen und mäßigen Sie sich, gegen Leute, deren Meinung Sie nicht teilen.

Martin Wessner / 20.01.2017

Sie haben mich überzeugt. Da ich weder Sympathien für Nazis, Kommunisten, Stasis oder Putinisten hege, werde ich wohl im September die Tierschutzpartei wählen, denn die “Muttifront” aus CDUSPDDieGrünenFDP ist für mich keine Alternative.

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