Susanne Baumstark / 05.03.2018 / 16:09 / Foto: Tim Maxeiner / 7 / Seite ausdrucken

Sichere Grenzen und Weltoffenheit sind keine Gegensätze

Seit Monaten wird den Zuschauern öffentlich-rechtlicher Polittalks die Konfliktlinie Weltoffenheit versus Nationalismus respektive Protektionismus untergejubelt. Das ist eine oberflächliche Konstruktion zum Zweck der Aufwertung der Einen und Abwertung der Anderen. Aktuelles Beispiel: Beim gestrigen Internationalen Frühschoppen zur „Krise der Sozialdemokratie“ lancierte Ferdos Forudastan von der Süddeutschen Zeitung diese Konstruktion in einer rhetorischen Frage: „Wie stehen wir zu Europa: weltoffen oder  geben wir dem Bedürfnis vieler Menschen nach höheren Mauern, nach mehr Grenzen nach.“ 

Der aufgemachte Gegensatz ist ein rhetorischer Trick. Denn wer als vernunftgeleiteter Bürger angesichts des anhaltend hohen Zuzugs von Personen ohne gültige Pässe für Grenzsicherung eintritt, der kann selbstredend trotzdem weltoffen sein. Das Bedürfnis nach gesicherten Grenzen – das nicht gleichbedeutend ist mit den unredlich unterstellten „höheren Mauern“ – liegt vollumfänglich im internationalen menschenrechtlichen Konsens

„Artikel 3 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte verpflichtet die Staaten, die Freiheit und Sicherheit aller Bewohner vor Beeinträchtigungen zu schützen, und das unabhängig davon, ob diese Beeinträchtigungen durch staatliche Organe oder durch Dritte erfolgen. Artikel 3 verpflichtet die Staaten daher auch dazu, Vorkehrungen zum Schutz seiner Bürger zu treffen.“ 

Mit Weltoffenheit argumentieren heute jene, die damit lediglich grenzenlose Zuwanderung meinen und sonst nichts. Teils führt Gedankenlosigkeit das Zepter und teils die unrealistische Überzeugung, Zugewanderte seien unisono – ungeachtet ihrer kulturellen Sozialisation – empfänglich für unsere Formen des Zusammenlebens. Der sozialisations-negierende Aktivismus begünstigt die Bildung von Parallelgesellschaften, die sich zum Beispiel in Berlin zeigen wie folgt: „Seit Jahrzehnten machen in Berlin die kriminellen Araberclans, was sie wollen, wie sie es wollen und wann sie es wollen.“

Ignoranz verhindert, Konsequenzen zu bedenken. Die Konfliktlinie verläuft heute zwischen Kurzsichtigkeit der angeblich Weltoffenen und Weitsichtigkeit der Überlegten.

Eine Herleitung der „Weltoffenheit“ ist in diesem Dokument der Uni Greifswald zu finden. Der Begriff wurde offenbar seit Ende des Zweiten Weltkriegs zunehmend politisiert.

Dieser Beitrag erscheint auch audf Susanne Baumstarks Blog Luftwurzel.

Foto: Tim Maxeiner

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Leserpost

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Joe Haeusler / 05.03.2018

Manche Geschäftsmodelle funktionieren nur mit einem “GroKo”-Dogma, mit dem das gemeine Volk erfolgreich konditioniert wird. Materiell sitzen die Flüchtlingsindustrie, das Multi-Kulturiat und deren Probanden,  die ins Versorgungssystem Einwandernden im selben umlagenfinanzierten Boot, GroKo eben oder Titanic, wie ich das bezeichne. Alles nur eine Frage von Agitation und Propaganda, Frau M.?

Heiko Stadler / 05.03.2018

Ich kenne zwei weltoffene Menschen, die Patenschaften für Kinder bzw. inzwischen erwachsene Personen in Afrika übernommen haben. Beide sind für sichere Grenzen und beide sind AfD-Mitglieder.

Dietmar Schmidt / 05.03.2018

Liebe Frau Baumstark, es sind derzeit, mit steigender Tendenz, ca. 30 Mill.  Flüchtlinge unterwegs. Werner Sinn hat ausgerechnet, dass ca. 20% nach Europa/ Deutschland kommen werden und die zahlen decke sich in etwa mit den Zahlen von Sarrazin. Also 3 Millionen pro Jahr. Ohne geschlossene Grenzen haben wir keine Chance das zu bewältigen, d.h. sie werden kommen müssen, ob es der politischen Klasse passt oder nicht. Heinz Buschkowsky hat sein Buch Neukölln ist überall 2012 herausgebracht und die Parallel-Gesellschaften gab es schon Jahre zuvor. Er wurde wegen seinem Buch schwer angefeindet und es wurden viele Jahre nichts oder zu wenig unternommen. Durch das Aufschieben ist es garantiert nicht leichter geworden. Die Dummen sind viele betroffene Bewohner von Neukölln Nord. Die politische Klasse lässt grüßen. Danke für den Artikel. Gruß D. Schmidt

Gregor Reichelt / 05.03.2018

Die Verfassungen aller modernen Staaten haben die Grundelemente Staatsbürgerschaft, Staatsgebiet, Aufenthaltsrecht, Grenzsicherung, Visa & Co. Diese Verfassungen schreiben also ganz klar eine “geschlossene” Gesellschaft vor. Wenn jemand von pauschal “offenen Gesellschaften” spricht, dann hat er offenbar ein Problem mit der Verfassung. & dann muss er erklären, wie er sich das vorstellt, Staatsbürger zu sein & sich zumindest grob an die Gesetze zu halten & gleichzeitig grundlegendste Verfassungselemente abzulehnen.

Thomas Bauer / 05.03.2018

Wenn ich abends die Haustür verschliesse und alle Fenster versperre, dann mache ich das nicht, weil ich engstirnig oder verbohrt wäre oder die draußen hasse, sondern weil ich die drinnen liebe. Und jeder vernünftige “Weltoffene” tut das vermutlich ebenso. Die ganze Substanzlosigkeit der “weltoffenen Argumentation” wird offenbar, wenn man sie mit diesem Beispiel konfrontiert. Dann ist es sofort ganz still und es kommt gar nichts mehr.  Da macht es sogar bei der trübsten Kerze “klick”.

Wilfried Cremer / 05.03.2018

Herr Broder redet sich doch schon seit Jahren den Mund fusselig, dass Weltoffenheit keine Probleme bringt, selbst dann nicht, wenn bunte Parallelgesellschaften entstehen, außer bei einer einzigen “Kultur”.

Rudolf George / 05.03.2018

Die von den der Weltoffenheitsbesoffenheit befallenen frage ich immer: wenn ihr zum Bahnhof geht, um Teddybären zu werfen, schließt ihr da nicht trotzdem hinter euch die Haustür ab?

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