Kolja Zydatiss / 30.01.2018 / 06:00 / Foto: Tim Maxeiner / 15 / Seite ausdrucken

Serie Klimawandel (2): Menschengemachter Klimawandel

Unser Wissen über die Milanković-Zyklen ermöglicht uns, Vorhersagen über die zukünftige Entwicklung des Klimas zu treffen. Nach dem aktuellen Zyklus hätte vor etwa 5.000 Jahren das nächste Glazial beginnen müssen. Dass das nicht eingetreten ist, liegt an dem anderen Faktor, der neben der auftreffenden Sonnenenergie unser Klima maßgeblich beeinflusst: den Treibhausgasen. Genauer: am menschlichen Treibhausgasausstoß.

Vor etwa 12.000 Jahren, im Neolithikum, begann ein globaler Übergang von Jäger- und Sammlerkulturen zu sesshaften Bauern. Um Flächen für die Landwirtschaft zu gewinnen, wurden im großen Stil Brandrodungen durchgeführt, was erhebliche Mengen an CO2 freisetzte. Hinzu kam Methan durch Viehhaltung und Reisanbau (Reisfelder sind im Wesentlichen künstliche Sümpfe). Mit der Industrialisierung im 19. Jahrhundert nahm die CO2-Konzentration durch die Verbrennung von Kohle und später Erdöl und Erdgas weiter zu.

Seit dem Jahr 1000 n. Chr. ist der CO2-Gehalt der Atmosphäre von 280 parts per million (ppm) auf über 400 ppm angestiegen. Die Folge ist ein starker Erwärmungstrend, der das erwartete Glazial aufgehoben hat. Da die Treibhausgasemissionen durch Wohlstandsteigerungen in den Schwellen- und Entwicklungsländern weiter zunehmen werden, ist eine Fortsetzung dieses „anthropogenen“ (menschengemachten) Erwärmungstrends sehr wahrscheinlich.

Zahl der Klimatoten ist zurückgegangen

Um die Folgen der globalen Erwärmung ranken sich viele Missverständnisse. Entgegen einer weitverbreiteten Meinung ist sie wohl keine Katastrophe für die Artenvielfalt. Angesichts der Größe der Erde und der Vielfalt ihrer Lebensräume steckt die Biodiversitätsforschung noch in den Kinderschuhen. Die Biologen kennen bisher etwa 1,75 Millionen Tier- und Pflanzenarten. Bei der Frage, wie viele unbekannte Arten es noch gibt, gehen die wissenschaftlichen Schätzungen jedoch weit auseinander. Es könnten drei Millionen oder 100 Millionen sein.

Bei so viel Unsicherheit sind belastbare Aussagen nahezu unmöglich. Dass eine wärmere Welt weniger artenreich sein soll, erscheint jedoch wenig plausibel. Am höchsten ist die Artenvielfalt in Äquatornähe; in höheren (sprich kälteren) Breiten und im Gebirge nimmt sie ab. In der Erdgeschichte waren die Warmzeiten stets am artenreichsten.

Der anthropogene Klimawandel ist bislang auch kein größeres Problem für die Menschheit. Es mag kontraintuitiv klingen, aber tatsächlich nehmen in Verbindung mit dem Klima stehende Todesfälle seit Jahrzehnten dramatisch ab. Die Anzahl der Toten durch Stürme, Dürren, Überflutungen, Erdrutsche, Lauffeuer und extreme Temperaturen ist laut Daten der Amerikanischen Behörde für internationale Entwicklung (OFDA) und des belgischen Zentrums für die Forschung über die Epidemiologie von Naturkatastrophen (CRED) in den letzten 90 Jahren um 95 Prozent zurückgegangen, obwohl sich im gleichen Zeitraum die Weltbevölkerung mehr als verdreifacht hat. Die Gründe dafür sind der technologische Fortschritt und der steigende Wohlstand. Wir sind immer besser in der Lage, Extremwetter vorherzusehen (etwa durch Satellitentechnologie) und uns physisch davor zu schützen (z.B. durch Deiche, Entwässerungssysteme oder robustere Gebäude).

Wenn Extremwetterereignisse noch heute viele Menschenleben fordern, liegt das nicht am Klimawandel, sondern an Armut und Unterentwicklung. 2008 tötete der Zyklon Nargis im verarmten Myanmar 138.000 Menschen. Die vergleichbar starken Stürme Harvey und Irma, die letztes Jahr die hochentwickelten USA trafen, führten hingegen zu Todesfällen in dreistelliger Höhe. Tragisch genug, aber von der Größenordnung nicht annähernd vergleichbar.

Keine Zunahme von Orkanen, Tornados, Fluten

Ob das Risiko von Extremwetter durch den Klimawandel überhaupt zunimmt, bleibt höchst umstritten. Der „Weltklimarat“ IPCC, wahrlich kein Hort der „Klimaskeptiker“, kam 2014 zu der Schlussfolgerung, dass eine globale Zunahme extremer Hitze und extremer Niederschläge wahrscheinlich sei, jedoch keine von Orkanen, Tornados, Fluten und Dürren. Ausgerechnet Hitze und starke Niederschläge verursachen jedoch von allen Arten von Extremwetterereignissen die geringsten Schäden.

Können wir also die globale Erwärmung auf die leichte Schulter nehmen? Nein. Die wirkliche Bedrohung ist langfristiger Natur und liegt im Anstieg des Meeresspiegels durch das Abschmelzen von Eis und die Wärmeausdehnung des Wassers. Bis zum Jahr 2100 rechnet der IPCC mit einem Anstieg von 0,26 bis 0,82 Metern. Für den Zeitraum bis 2300 prognostizieren Computermodelle einen Anstieg von bis zu 3 Metern.

Das Problem ist nicht nur, dass dichtbesiedelte küstennahe Gebiete, etwa in Bangladesch, Kalifornien oder den Niederlanden, geflutet werden. Mindestens genauso bedrohlich ist die Versalzung der Böden, die sich bis weit ins Landesinnere ziehen kann. Beispielsweise erwarten Wissenschaftler, dass der Reisertrag in Bangladesch bis 2050 aufgrund der Bodenversalzung um circa 16 Prozent zurückgehen wird. Auf einem Planeten, dessen Bevölkerung bis 2100 auf etwa elf Milliarden Menschen anwachsen soll, sind solche Beeinträchtigungen der landwirtschaftlichen Produktivität ein ernstzunehmendes Problem.

Dieser Beitrag erschien auch in Novo. Dort finden Sie auch zusätzliche Grafiken.

 

Serie Klimawandel (1): Die letzten 500 Millionen Jahre

Serie Klimawandel (3): Kulturkämpfe auf dünnem Eis

Serie Klimawandel (4): Klimamoral

Serie Klimawandel (5): Ambitionierter denken

 

Foto: Tim Maxeiner

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Justus Werner / 30.01.2018

Eine sehr steile These, dass die geschätzten 5-10 Mio Menschen, die im Neolithikum lebten, soviel Brandrodung betrieben haben sollen, um den Beginn des anthropogenen CO2-Anstiegs einzuläuten und dort schon maßgeblich Einfluss auf die Zusammensetzung der Atmosphäre genommen haben sollen. Wo bleibt eigentlich der Mensch in diesen Berechnungen? Die Gesamtheit der Bundesbürger atmet in einem Jahr etwa 1/3 des CO2-Ausstoßes aus, das im Straßenverkehr durch Verbrennungsmotoren entsteht. Kann es nicht sein, dass schon die Zunahme der Bevölkerung auf mehrere Milliarden Menschen eine echten (!) anthropogenen Einfluss dokumentiert? Der wird leider immer unterschlagen. Wenn man dieses Thema genauso rigoros angehen würde, wie die Verhinderung von CO2 aus Industrie und Technik, müsste man auch für eine Geburtenkontrolle sein. Jeder Mensch veratmet nicht nur CO2 sondern produziert zum Erhalt seiner Existenz weiteres ... von der Energiegewinnung bis zum Joghurtbecher. Man kann den CO2 Ausstoß in einigen Bereichen sicher senken, aber man kann ihn kaum insgesamt verhindern. Da die Weltbevölkerung weiter steigt, ist es damit ein (fast) sinnloses Hase-und-Igel Spiel, den CO2 Gehalt der Atmosphäre kontrollieren zu wollen. So gut wie alle Maßnahmen werden pulverisiert mit einem weiteren Bevölkerungszuwachs.

Brommelcamp / 30.01.2018

Nett, sehr nett geschrieben. Das Wissen der Klimaforschung befindet sich auf dem selben Niveau wie die Erforschung der Biodiversität. Die meisten Zusammenhänge sind ungeklärt. Die Natur ist für den Menschen wie der Kühlschrank für einen Hund: Er weiß, dass Futter drin ist, aber er wird nie verstehen, wie der Kühlschrank funktioniert (Ivar Giaever) CO2 höhe ist kein Maßstab für die Klimaerwärmung. Die Computerspiele der IPCC haben sich bis jetzt immer revidieren müssen. Wer fundierte Kenntnisse lesen möchte sollte bei EIKE nachlesen.

U. Langer / 30.01.2018

Sehr geehrter Herr Zydatiss, warum schreiben Sie Artikel zu einem Thema, von dem Sie überhaupt keine Ahnung haben? Das, was Sie hier zum Thema Klima von sich geben, ist einfach nur hanebüchener Unfug. Auch die Grundfrage wissenschaftlichen Denkens “Stimmt das denn?” haben Sie sich offensichtlich bei keinem Punkt gestellt, sonst hätte es Ihnen z.B. auffallen müssen, dass der CO2-Anstieg in den letzten 1000 Jahren schlecht das Glazial vor 5000 Jahren verhindert haben kann. Selbst Grundwissen, welches man eigentlich in jeder Schule erwerben sollte, scheint bei Ihnen im mathematischen Bereich nicht vorhanden zu sein, sonst hätten Sie solche dümmlichen Weissagungen des IPCC wie eine Angabe des möglichen Anstiegs des Meeresspiegels auf cm genau nicht als wissenschaftliche Erkenntnis dargestellt. So ist es dann auch kein Wunder, dass Sie fest daran glauben, dass Computermodelle Prognosen zum Klima erstellen können. Was gibts beim nächsten Mal - ein Computer, der nachweist, dass Weihnachtsmann und Osterhase ein und die selbe Person sind? MfG

Andreas Geisenheiner / 30.01.2018

Dass unsere Urahnen vor 12000 Jahren die Erdatmospäre durch Reisanbau und Viehzucht meßbar mit CO2 anreichern konnten, ist wohl reverse science fiktion. Alleine die -lt. Wikipedia -ältesten Reisfunde finden sich erst 4000 Jahre später, von der Menschenanzahl ganz zu schweigen. Auch sind wohl Savannenbrände eher Blitzeinschlägen zuzurechnen, denn der Absicht des Bearbeitens von Millionen Hektar mit dem hölzernen Grabstock. Es wäre schön, wenn ein Artikel mit dem Anspruch wiss. Glaubwürdigkeit seine Behauptungen einem eigenen Plausibilitätscheck unterziehen würde.

Reiner Gerlach / 30.01.2018

Sehr nett geschrieben, Herr Zydatiss. Der letzte Absatz ist aber m.E. unvollständig: nicht nur die Beeinträchtigung der landwirtschaftlichen Produktivität ist ein Problem, sondern auch die elf Milliarden Menschen. Wir nehmen das immer als unverrückbare Tatsache, aber auch da muss langsam mal ein Umdenken erfolgen. So lange z.B. die katholische Kirche Familienplanung und Empfängnisverhütung (scheußliches Wort) für “Pfui” erklärt, haben wir noch reichlich Arbeit vor uns.

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