Kolja Zydatiss / 06.08.2017 / 06:15 / Foto: Selfie / 11 / Seite ausdrucken

Selfies: Hat dieser Affe das Recht an seinem Bild?

Von Kolja Zydatiss.

2011 reiste David Slater zur indonesischen Insel Sulawesi, um dort Makaken zu fotografieren. Bewusst ließ der britische Fotograf seine Kamera unbewacht auf einem Stativ zurück. Ein Makake drückte auf den Auslöser und nahm ein Foto von sich selbst auf. Um dieses Affen-Selfie entzündete sich ein bizarrer Rechtsstreit. Ein amerikanisches Gericht entschied 2012, dass Slater nicht der Urheber sei, da niemand das Urheberrecht an Bildern besitze, die durch „die Natur“ entstanden sind.

Die Tierrechtsorganisation PETA ging einen Schritt weiter: Sie verklagte den Fotografen 2015 im Namen des Affen, der ihrer Ansicht nach der Urheber ist. PETA möchte die Einnahmen an dem Bild stellvertretend für den Affen entgegennehmen und für den Tierschutz einsetzen. Der Fall zog sich durch zahlreiche Instanzen.

Aktuell beschäftigt sich das Bezirksgericht San Francisco damit. Das Verfahren könnte jedoch bis zum obersten Gerichtshof der USA gehen. Slater selbst wird wohl nur per Videolivestream an den weiteren Verhandlungen teilnehmen können. Die jahrelangen Prozesse haben ihn viel Geld gekostet, Flüge in die USA kann er sich vorerst nicht leisten. Der 52-Jährige überlegt sogar, seine Karriere als Naturfotograf aus finanziellen Gründen an den Nagel zu hängen.

Slaters Fall ist exemplarisch für einen Zeitgeist, der Tiere zunehmend als vom Menschen unterdrückte Wesen inszeniert. Tierrechtlern (aber auch Wissenschaftlern mit mangelnder Distanz zum Forschungsgegenstand) ist es gelungen, im öffentlichen Bewusstsein den Unterschied zwischen Menschen und Tieren zu verwischen. Man betont Genom-Ähnlichkeiten, bläst banale verhaltensbiologische Beobachtungen auf (angebliche „Trauer bei Schimpansen“ oder „Sprache bei Orang-Utans“), oder setzt Primaten mit geistig Behinderten gleich.

Viele Menschen sind heute nur zu gerne bereit, die Mär von den uns angeblich so ähnlichen Tieren zu glauben. Die Tatsache, dass sich Gerichte überhaupt mit der Frage beschäftigen, ob ein Tier Urheber eines Fotos sein kann, verdeutlicht die Desorientierung unserer Gesellschaft hinsichtlich der Eigenschaften, die den Menschen besonders machen.

Es geht um den Einfluss der Tierrechts-Lobby

Denn Tiere sind keine Menschen. Tiere leben im Wesentlichen im hier und jetzt und handeln vor allem instinktiv, um zu überleben. Menschen hingegen sind zu rationalem, konzeptuellem Denken fähig. Dank der Sprache können sich menschliche Individuen auf das kumulierte, kollektive Wissen der Menschheit stützen. Dies ermöglicht Fähigkeiten weit jenseits dessen, zu dem Tiere in der Lage sind. Etwa die Fähigkeit, Chirurgie zu betreiben, im Weltall zu leben, Gesetzbücher zu schreiben oder politische Ideologien zu entwickeln. Oder auch, eine Reise nach Indonesien zu planen, dort geeignete Orte für die Tierfotografie auszuwählen und ein Setting so zu inszenieren, dass Affen sich gereizt fühlen, den Selbstauslöser zu betätigen.

Tierrechtsgruppen wie PETA geht es nicht um die Minimierung von Tierleid. Der Fotografie-Streit zeigt eindrücklich, dass ihre wahre Agenda die prinzipielle Herabsetzung des Menschen ist. Der Fall verdeutlicht ferner ein Hauptproblem der Forderung nach „Tierrechten“. Tiere sind keine rationalen Subjekte. Weder können sie die Rechte anderer achten, noch können sie für ihre Rechte politisch kämpfen oder sie, wie in diesem Beispiel, vor Gericht einfordern.

Nicht der Makake aus dem indonesischen Dschungel hat gegen den bedauernswerten britischen Fotografen prozessiert - wie hätte er auch? -, es waren seine selbsternannten menschlichen „Anwälte“ von PETA. Letztlich geht es in der Tierrechtsdebatte also nicht wirklich um Tiere, sondern um mehr Einfluss für bestimmte Menschen. Menschen, die kein Problem damit haben, mit absurden Klagen Geld für den eigenen Verein einzutreiben und einen symbolischen Feldzug gegen die Menschheit zu führen. Der finanzielle Ruin des Fotografen wird dabei als Kollateralschaden in Kauf genommen.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Novo-Argumente. Kolja Zydatiss ist Novo-Redakteur und Social Media Manager. Der studierte Psychologe lehrt zudem an der BiTS Hochschule in Berlin.

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Leserpost

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Marina Blach / 06.08.2017

Absurd. Natürlich sind auch Tiere mit Respekt zu behandeln, was Tierquälerei anbelangt. Oder sollte man ebenso alle Schlachthäuser dieser Welt verklagen? Wenn mich nicht alles täuscht, dann sind Rechte an Personen gebunden, die rechtsfähig sind? Hat ein Affe schon mal eine Klage eingereicht, wegen Copyright-Verletzungen? Sollte da nicht der Ausspruch gelten, ,, wo kein Kläger, da kein Angeklagter,,?

Emma W. Broakulla / 06.08.2017

Die Aktion gegen den Fotografen ist absolut nicht nachvollziehbar und ueberschreitet massiv die Grenzen der Tolerierbarkeit. Wegen eines, von einem Affen ausgelösten Foto, die Karriere eines Menschen zu zerstören und ihn finanziell an den Rand des Ruins zu bringen ist unentschuldbar. Was mich allerdings an diesem Artikel stört ist, das dieser unerfreuliche ” Einzelfall ? ” zum Anlass genommen wird allgemein gegen den Tierschutz Front zu machen. “Slaters Fall ist exemplarisch für einen Zeitgeist, der Tiere zunehmend als vom Menschen unterdrückte Wesen inszeniert” Tiere SIND vom Menschen unterdrueckte Wesen! Stimmt: Tiere besitzen nicht die Fähigkeit, Chirurgie zu betreiben, im Weltall zu leben, Gesetzbücher zu schreiben oder politische Ideologien zu entwickeln. Sie leben im hier und jetzt und handeln ueberwiegend instiktiv.  Auch das! Das gibt dem Menschen noch lange nicht das Recht diese,  ihm letztendlich unterlegenen Lebewesen, unnötig zu quälen oder unnötig zu töten. Das solches Millionenfach geschieht wird wohl niemand abstreiten. Genau das lässt Organisationen wie PETA entstehen. In der Tierrechtsdebatte geht es hauptsächlich um Tiere, und nicht um mehr Einfluss für bestimmte Menschen. Das es dort Letzteres auch gibt ist allerdings wahrscheinlich. Wie in allen, von Menschen betriebenen Organisationen oder in allen menschlichen Gesellschaften geht es nun mal leider NIE ohne Gruppen die eigennuetzig handeln Auch wenn Tiere nicht fähig sind Arzt oder Wissenschaftler zu werden, so sie sind auch nicht in der Lage gezielt und geplant Menschen und Tiere zu quälen und zu vernichten. Mit anderen Worten:  Sie sind nicht nur nicht zu den positiven Entwicklungen der Menschheit fähig sondern auch nicht zu deren negativen Seiten. Die therapeutische Wirkung (und Hilfe ) , dieTiere auf und fuer Kinder, kranke und/oder alte Menschen haben können, ist dagegen unbestreitbar. Tiere empfinden Angst und Liebe und entwickeln ein , in den wenigsten Fällen, gerechtfertigtes Vertrauen zu Menschen. Das ist keine Mär und DAS allein reicht aus um sie schutzbeduerftig zu machen. Es muss daher Menschen geben die sich fuer ihren Schutz einsetzen, da Tiere es selbst nicht können. Und das es solche Menschen gibt ist ein Glueck und Segen - trotz diesers unsäglichen Vorgangs mit dem Affen-Selfie.          

Rudolf George / 06.08.2017

<<Nicht der Makake aus dem indonesischen Dschungel hat gegen den bedauernswerten britischen Fotografen prozessiert - wie hätte er auch? -, es waren seine selbsternannten menschlichen „Anwälte“ von PETA>> Die Selbsternennung zum Anwalt einer x-beliebigen vermeintlich benachteiligten Gruppe ist nach meinem Eindruck das Grundmuster heutigen Sozialaktivismus. Natürlich einhergehend mit der Beanspruchung von öffentlichen “Fördermitteln”. Ein durchaus erfolgreiches Geschäftsmodell. PETA macht also nichts Neues, versucht aber wie es im Sozialaktivismus ebenfalls üblich ist die Grenze immer weiter zu verschieben. Aber lassen wir uns nicht täuschen; alles geschieht vor allem zur Verbesserung der eigenen Finanzausstattung.

Alexander Rostert / 06.08.2017

Wäre diese Rechtsauffassung korrekt - ein Tier wird zum Urheber eines Bildes, wenn es eine Bewegung macht, die die Kamera auslöst - dann wäre auch jedes Rennpfern beim Fotofinish “Urheber” und jedes Auto in der Radarfalle. Ich glaube darum nicht, dass es PETA und vergleichbaren “Tierschutz"vereinigungen um angebliche Urheberrechte der Tiere geht, sondern es geht um den Nachschub an Kohle, mit der sie die eigene unproduktive Drohnenexistenz verewigen. Übrigens macht man nicht den Fehler, als Beklagter vor einem US-amerikanischen Gericht zu erscheinen oder auch nur auf Gerichtspost zu reagieren und dem Verfahren so den Anstrich von Legitimität zu verleihen, wenn ein US-Gericht räumlich gar nicht oder nicht vorrangig zuständig sein kann.

B.Kröger / 06.08.2017

Als Tierfreundin kann ich nur vermuten,  PETA hat zu viel Geld, oder langweilt man sich bei PETA?

Gertraude Wenz / 06.08.2017

Ich finde es sehr wohl wichtig, den Unterschied zwischen Tier und Mensch (ein wenig?) zu “verwischen”, wenn auch nicht in dem Maße, wie Peta es jetzt tut. Dass der Affe ein Anrecht auf die Vermarktung des Fotos hat, das er zufällig von sich geschossen hat, geht meines Erachtens wirklich zu weit. Damit tut sich Peta auch keinen Gefallen und riskiert, für spinnert gehalten zu werden. Im Unterschied zur fundamentalen Unterscheidung von Mensch und Tier in der Bibel als etwas grundsätzlich Verschiedenes hat uns die Wissenschaft von der Evolution erkennen lassen, dass ALLE Lebewesen auf Einzeller zurückgehen, also miteinander verwandt sind und denselben Ursprung haben. Durch Anpassung und Auslese haben sie sich zu den vielen verschiedenen Lebensformen entwickelt. Wir haben im Unterschied zu anderen Tieren durch äußere Umstände bedingt es zu einem sehr hoch entwickelten Verstand gebracht, der uns zu “rationalem, konzeptuellem Denken” befähigt. Tiere als leidensfähige Mitgeschöpfe zu sehen, ist für mich aber unabdingbar. Wo die Grenze ist- auch ich schlage ohne Gewissensbisse eine Mücke tot- ist auch eine philosophische Frage, die sich nur schwer oder gar nicht beantworten lässt.

Margit Frank / 06.08.2017

Diese Organisation PETA streitet seit März 2017 mit dem Zoo Hannover wegen angeblicher Misshandlungen der Elefanten mit “Elefantenhaken”. Dazu muss man wissen, dass im Zoo Hannover mindestens jedes zweite Jahr bis zu 5 Elefantenbabies geboren werden. Jeder, der schon mal die Elefanten im Zoo Hannover beobachten konnte, wird bestätigen, dass diese keine Verletzungen aufweisen und nicht unglücklich oder verstört wirken.

Helmut Jäger / 06.08.2017

Wer zwischen Menschen und Tieren keinen substantiellen Unterschied mehr sieht, mag Tiere wie Menschen behandeln. Darüber kann man lachen. In einem zweiten Schritt aber wird er Menschen wie Tiere behandeln. Da kommt einem das kalte Grausen.

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