Vera Lengsfeld / 16.01.2009 / 15:59 / 0 / Seite ausdrucken

Sechzehnter Januar 1989/2009

Die Polnische Kommunistische Partei beschließt die Wiederzulassung der unabhängigen Gewerkschaft Solidarnosc. Seit August 1988 hatte es Gespräche zwischen Der Führung der Kommunistischen Partei und der 8. Oktober 1982 während des Kriegsrechts verbotenen Gewerkschaft gegeben. Die offizielle staatliche Anerkennung erfolgte allerdings erst im April, als die inoffiziellen Treffen als Gespräche am „Runden Tisch“ öffentlich gemacht wurden. Am Runden Tisch wurden die Modalitäten für die erste halb freie Wahl in Polen ausgehandelt. Später wurde dieser Runde Tisch als Vorbild genommen, für eine ähnliche Institution, die während der letzten Tage der SED-Regierung, bis zur ersten freien Volkskammerwahl im März 1990, die wichtigen Entscheidungen traf. Weder in Ost-, noch in Westdeutschland macht die Entschluß der KP in Polen Schlagzeilen.
Für Bild ist der sanfte Tod von Robert Lembke das Ereignis des Tages, das Neue Deutschland berichtet über die Liebknecht-Luxemburg- Demonstration. Aus diesem Anlass zitiert Walter Kempowski in seinem Tagebuch einen Bericht von Harry Graf Kessler über Liebknecht, als er vom Balkon des Berliner Schlosses die sozialistische Republik ausrief:
„Liebknecht…redet wie ein Pastor, mit salbungsvollem Pathos, langsam und gefühlvoll die Worte singend. Man sah ihn nicht, weil er aus einem verdunkelten Zimmer sprach, man verstand nur einzelne von seinen Worten, aber der Singsang seiner Stimme tönte über die lautlos lauschende Menge bis weit hinten in den Platz. Am Schluss brüllte alles im Chore „Hoch “, rote Fahnen bewegten sich. Tausende von Händen und Hüten flogen auf. Er war wie ein unsichtbarer Priester der Revolution, ein geheimnisvolles, tönendes Symbol, zu dem die Leute aufblickten. Halb schien das Ganze eine Messe, halb ein riesiges Konventikel. Die Welle des Bolschewismus, die von Osten kommt, hat etwas von der Überflutung durch Mohammed im siebenten Jahrhundert. Fanatismus und Waffen im Dienste einer unklaren neuen Hoffnung, der weithin nur Trümmer alter Weltanschauungen entgegenstehen. Die Fahne des Propheten weht auch vor Lenins Heeren.“ Das beste, was man heute von Liebknechts Rede sagen kann, ist der Umstand, dass sie das berühmte Eosander-Portal davor bewahrt hat, wie der Rest des Schlosses gesprengt zu werden. Es wurde sorgfältig abgebaut und später in die Fassade des späteren Staatsratsgebäudes eingefügt . Nach dem Wiederaufbau des Schlosses, wird es zwei Eosander- Portale geben, die in Sichtweite voneinander entfernt sind.
Denn natürlich wird niemand es wagen , das Staatsratsgebäude seiner einzigen Zierde zu berauben, geschweige denn, es abzureißen, wie es eigentlich nötig wäre.
Von den Meldungen des heutigen Tages ist die kurioseste, dass der tapfere Prinz von Monaco, Albert, der sonst nur dadurch auffiel, dass er sich nicht für eine Gemahlin entscheiden kann, mit einem Arzt und einem südafrikanischen Abenteurer an seiner Seite per Spezialski den Südpol erreicht hat. Ob er wohl weiß, dass genau hundert Jahre vor ihm die Antarktis-Expedition von Ernest Shackleton am magnetischen Südpol angelangt ist, aber ohne Satelliten-Überwachung und Luftunterstützung? Der Prinz und seine Begleiter, so liest man, musste sich in den letzten beiden Tagen durch Sturm und Nebel kämpfen, bei Temperaturen von minus 40° C, mitten im antarktischen Sommer. Dabei wollte Albert II doch auf die katastrophale Erwärmung aufmerksam machen, die seiner Meinung nach auch die Antarktis heimgesucht hat. Bei seinem Amtsantritt 2005 hatte der Regent von Monaco Klimaschutz zum Schwerpunkt seiner Politik gemacht. Deshalb wird über das zusätzliche CO², das sein
extravaganter Trip produziert, geschwiegen.
Die FDP wettert zu Recht gegen das Konjunkturpaket 2, aber mit den falschen Tönen. Die Politik müsste „den Menschen Gelegenheit geben zu beweisen, dass sie besser mit Geld umgehen können, als der Staat“ Mit Verlaub, liebe Herren von der FDP, die Mehrheit der Bevölkerung ist dem Kindergarten längst entwachsen und stellt jeden Tag unter Beweis, dass sie besser durchsieht, als die Politik:70% halten eine Senkung der Einkommenssteuer für sinnvoll, nur 10% finden das unsinnig. Noch mehr, nämlich 77% halten das Konjunkturpaket für misslungen, nur 6% finden es gut und 17% finden es zum Teil schlecht. Als Note käme bei einer Beurteilung dieser politischen Leistung höchstens ein Mangelhaft heraus. Da wäre es richtiger zu sagen, die Bevölkerung müsste der Politik beibringen, wie man mit Geld umgeht.

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