Ein englischer Wahlkampf (die Wahl soll Anfang Mai stattfinden) ist anders als andere Wahlkämpfe, denn englische Medien, vor allem Zeitungen, sind anders als andere Zeitungen. So gerät der Wahlkampf zu einer menschlichen, allzu menschlichen Komödie. Hier in gestraffter Form ein Überblick über die wichtigsten Ereignisse, wie das Leben sie schrieb, allerdings mit ein bisschen Hilfe der britischen Presse.
Zunächst einmal: Premierminister Gordon Brown (Labour) und sein Herausforderer David Cameron (Tories) leiden noch unter dem Spesenskandal des vergangenen Jahres, in den hunderte Unterhausabgeordnete und Lords verwickelt waren. Der Skandal bleibt unangenehm lebendig, weil vier von ihnen ihr erschlichenes Geld nicht zurückzahlen wollen und sagen: “Als Abgeordnete genießen wir Immunität.”
Der konservative David Cameron geht dennoch mit einem kräftigen Vorsprung ins Rennen.
Gordon Brown punktet, indem er in einer Fernsehsendung über den Tod seiner Tochter vor acht Jahren weint; verliert aber Punkte, weil er in einem Enthüllungsbuch als schrecklicher Choleriker porträtiert wird; und gewinnt wieder Punkte, weil seine attraktive Frau Sarah im Fernsehen erzählt, was für ein netter Bursche ihr Mann in Wahrheit ist.
Auch David Cameron holt Punkte dank seiner attraktiven Frau Samantha. Ihr gelingt der Coup, dass die Zeitungen ihr einen schmissigen Schlagzeilenspitznamen verpassen, nämlich SamCam. Und auch sie erzählt, wie ihre Konkurrentin Sarah, die allerdings keinen schmissigen Schlagzeilennamen hat, dass ihr Mann ebenfalls ein ausgesprochen netter Bursche ist.
David Cameron verliert einen Teil seines Vorsprungs wieder, weil sein Vorgänger und jetziger Schattenaußenminister William Hague mitschuldig daran ist, dass ein millionenschwerer Steuerflüchtling, der große Summen für die Konservativen spendet, als Lord Ashcroft in den Adelsstand erhoben wurde. Dieser soll zwar im Gegenzug versprochen haben, bald wieder englischer Steuerzahler zu werden, hält sein teures Versprechen aber nicht. Und so lange der Lord fort ist, ist der Skandal da.
Gordon Brown verliert auch Punkte, weil die Sunday Times und die BBC herausfinden, dass drei frühere Labour-Minister privaten Unternehmern gegen Bezahlung ihren politischen Einfluss angeboten haben sollen.
David Cameron gewinnt schließlich den Jackpot, als seine Frau Samantha für unschlagbar positive Wahlkampf-Schlagzeilen sorgt: Sie ist schwanger.
Gordon Brown läuft die Zeit für eine Schwangerschaft seiner Frau Sarah davon. Er versucht die Scharte mit Hilfe seines Schatzkanzlers auszuwetzen. Der heißt Darling und trägt somit den zweitschönen Namen der Labourregierung. (Den schönsten hat der Verkehrsminister, der Lord Adonis heißt.) Alistair Darling verspricht im neuen Haushaltsplan einen baldigen Aufschwung, einen zügigen Schuldenabbau, sichere Arbeitsplätze, höhere Mindestlöhne für die Ärmeren und höhere Steuern gegen die Reichen. Die Daily Mail legt dazu seiner lieben Frau Margaret die Schlagzeile in den Mund: “I believe you, darling.”
Nicht schlecht, aber was ist das alles gegen eine gut platzierte Schwangerschaft?
Was kann Gordon Brown tun? Hat er noch einen Pfeil im Köcher? Kann seine Frau Sarah wie ihre Konkurrentin SamCam für sich einen griffigen Schlagzeilenspitznamen ergattern? Der Guardian empfiehlt, dass Gordon Brown die Sache selber in die Hand nimmt, und schlägt GoBro vor, woraus sich sogar ein Schlachtruf entwickeln ließe: Go Bro Go!
Aber hat David Cameron mit der Schwangerschaft seiner Frau SamCam schon all seine Trümpfe ausgespielt. Oder hat er noch etwas im Ärmel?
Und wo bleiben die Liberaldemokraten, die das Zünglein an der Waage sein wollen? Wo ist Nick Clegg und seine Frau Miriam? Sie ist nicht nur attraktiv sondern auch feuriger spanischer Herkunft. Lässt sich daraus etwas machen?
Mehr dazu - vielleicht - demnächst in diesem Theater.