Folgende schöne Meldung über die Arbeit an einer diskriminierungsfreien Zukunft fand sich dieser Tage in der F.A.Z:
Auf der Südfassade der Alice-Salomon-Hochschule in Berlin (ASH) steht das spanische Gedicht „avenidas“ von Eugen Gomringer, der 2011 mit dem Poetik-Preis dieser Hochschule ausgezeichnet wurde. In einem Offenen Brief hatte der Allgemeine Studierendenausschuss (Asta) der ASH sich im vergangenen Jahr dafür ausgesprochen, das Gedicht von der Fassade zu entfernen, denn es reproduziere „nicht nur eine klassische patriarchale Kunsttradition, in der Frauen* ausschließlich die schönen Musen sind, die männliche Künstler zu kreativen Taten inspirieren“, sondern erinnere „zudem unangenehm an sexuelle Belästigung, der Frauen* alltäglich ausgesetzt sind“. Das Gedicht wirke „wie eine Erinnerung daran, dass objektivierende und potentiell übergriffige und sexualisierende Blicke überall sein können“.
"Alleen und Blumen und Frauen"
Vielleicht sollte man an dieser Stelle die Übersetzung des Gedichts einfügen:
„Alleen. Alleen und Blumen. Blumen. Blumen und Frauen. Alleen. Alleen und Frauen. Alleen und Blumen und Frauen. Und ein Bewunderer.“ Warum das schlimm ist? Hier wird argumentiert:
Ferner heißt es in dem Brief: „Zwar beschreibt Gomringer in seinem Gedicht keineswegs Übergriffe oder sexualisierte Kommentare, und doch erinnert es unangenehm daran, dass wir uns als Frauen* nicht in die Öffentlichkeit begeben können, ohne für unser körperliches ,Frau*-Sein‘ bewundert zu werden. Eine Bewunderung, die häufig unangenehm ist, die zu Angst vor Übergriffen und das konkrete Erleben solcher führt.“ Der Asta befürchtet für Frauen angesichts des Gedichts eine „Degradierung zu bewunderungswürdigen Objekten im öffentlichen Raum, die uns Angst macht“.
Die Hochschule hat die Beseitigung des Gedichts mittels Neugestaltung der Fassade beschlossen. Dafür können bis zum 15. Oktober Vorschläge eingereicht werden. Voraussetzung sei, dass die Vorschläge „nicht diskriminierenden Inhaltes“ seien. Außerhalb der Alice-Salomon-Hochschule fühlen sich Frauen an vielen Plätzen übrigens nicht von Gedichten oder freundlicher Aufmerksamkeit, sondern ganz handfest und brutal bedrängt. Dazu ist von den professionell Diskriminierungssensiblen allerdings nichts zu hören, denn die Personengruppen, die immer häufiger als Bedränger auftauchen, müssen noch stärker vor Diskriminierung geschützt werden. Immerhin brauchen Frauen künftig keine Angst mehr vor der Belästigung durch Gedichte zu haben.
Nach der Lektüre des Interviews der FAZ mit dem Rektor der Hochschule, Professor Uwe Bettig, sieht man sich in der Hoffnung, akademische Verantwortungsträger könnten für die Ideologiefreiheit an ihren Bildungsstätten streiten, nicht gerade gestärkt.
Quelle der Zitate hier