Jeder, der selbst Kinder erzieht, weiß, dass das Top-Down-Konzept totaler Schwachsinn ist: ohne ein gewisses Maß an Zwang geht gar nichts. Leider hat sich das noch nicht bis zu deutschen Bildungspolitikern und Lehrerfunktionären herum gesprochen. Während man hierzulande versucht, alles zu inkludieren und zu integrieren, was nicht zu integrieren/inkludieren ist (selbst mit “Kollateralschäden” wie Leon Hoffmann), war selbst im real existierenden Sozialismus der DDR die Begabtenförderung weiter. An erster Stelle stand dabei natürlich der Sport. Mein Mann besuchte (zusammen mit Katharina Witt) die Sportschule in Karl-Marx-Stadt und kam dort regelmäßig in den Genuss von Einzelunterricht. Da (anerzogene?) Disziplin und Ehrgeiz meist nicht auf den Sport beschränkt blieben, konnten auch viele Kinder an den Sportschulen ihr geistiges Potential optimal entwickeln. Aber bekanntermaßen übertrieb man es oft auf sportlicher Seite (Doping). Beim Rest der Kinder wurden in der 2. Klasse 1-2 besonders leistungsstarke Schüler pro Schule ausgewählt, um eine Russisch-Klasse zu besuchen. Dies ist natürlich sehr früh für eine valide Beurteilung, aber in unserer Klasse funktionierte es gut. Wir profitierten nicht nur vom homogenen Niveau, sondern auch von geringerem Unterrichtsausfall. Ab der 9. Klasse gab es dann nochmals Spezialklassen für Sprachen (meist Russisch) oder Mathe/Physik. Und der politische Hintergrund zählte zu meiner Zeit dabei kaum noch.
Das ist im Landes der Gleichmacherei auf unterstem Level nicht angesagt. Außerdem würde es ein Kind unangemessen traumatisieren, käme es mit einer schlechten Note nach Hause. Dieser gesamtgesellschaftliche Schaden ist zu vermeiden. Und daß ein Großteil der Schüler nach der Schulzeit zwar mit guten Noten, aber ohne ausreichende Kenntnisse in Mathe, Naturwissenschaften und ihrer Muttersprache, dies auch in Schriftform, vor die Türen von potentiellen Arbeitgebern und Unis gestellt werden, ist dann deren Problem. Und im elternhaus sieht man sich vielfach nicht gefordert, denn wer seinen Nachwuchs in Kita u. Schule abgibt,kann erwarten, daß er von dort erzogen und bebildet nach Hause entlassen wird. Erkennt man diesbezüglich Defizite, geht man heute ggf. zum Anwalt und klagt die Behebung ggf. durch Vergabe besserer Bewertungen ein, Bewertungen, denen der Zögling real nicht gerecht wird. So geht bildungs-ideologischer Zeitgeist.
“Auch Einstein war ein Spätentwickler und wurde ein Genie.” Bin mir da nicht so sicher, dass der je langsam war. Vielleicht war auch die Lehrerschaft ganz einfach zu schnell, ich meine in ihrem Urteil. Der Klassiker der Kommunikationsphilosophie G.H. Mead war ja soviel ich weiß auch in Deutschland und hat es da als Student nicht all zu weit gebracht…. Wäre er in Deutschland geblieben, gäbe es diesen Klassiker eher nicht. Was die Pädagogik anlangt gäbe es viel von Israel u. dem Judentum zu lernen, vor allem was Notengebung bei kleinen Kindern anlangt… Aber das wiederum scheitert an einer gewissen Arroganz, die sich wohl seit “Kaiser Wilhelm” um sich selbst dreht… Als ich vor etwa 30 Jahren in den Archiven zufällig las worum sich die Lerplan Debatten um die Jahrhundertwende drehten, lachte ich mich schief ob der Ähnlichkeit dessen was da seit über einem Jahrhundert in Deutschland diskutiert wird ohne zur Lösung zu gelangen… Und wenn sie nicht gestorben sind dann diskutieren sie noch heute….
Ich bin gegen jede Ideologisierung in der Schule! Kinder sind neugierig, sie wollen etwas wissen und können. Nichts frustriert sie so sehr wie “nicht mitzukommen”. Daher ein JA zu Leistungsgruppen - damit auch die Schwächeren / die Späteren - neugierig und leistungsbereit bleiben - und nicht ENTMUTIGT werden!.
Nach meiner Auffassung ist Ausbildung Privatsache. Was und wie ich lerne hat den Staat genauso wenig zu interessieren wie das, was ich esse. Die Ausbildung gehört also privatisiert, und zwar komplett. Was wäre die Folge? Es würden vielfältige (!) private Bildungseinrichtungen entstehen, aus denen sich jeder das für ihn (bzw. für seinen Nachwuchs) Passende in eigener Verantwortung aussuchen könnte. Die Streiterei um das “richtige” Schulsystem könnte aufhören, das gibt’s nämlich genauso wenig wie das “richtige”, für alle gleiche Essen. Die Qualität würde steigen, da die Einrichtungen im Wettbewerb stünden. Das würde natürlich was kosten, aber da die ganze Kultusbürokratie entfiele, müsste uns der Staat die hierauf entfallenden Steuern nicht mehr abnehmen. Überhaupt würde der Staat, von dem ich hier rede, nur noch wenige Aufgaben an sich ziehen - Polizei, Justiz, Militär, alles andere können Private besser. Der Staat müsste uns also nur noch sehr wenig Steuern abnehmen, weshalb wir uns die private Ausbildung locker leisten könnten. Das alles wird natürlich nicht passieren, aber man wird doch mal träumen dürfen…
Tja, als Lehrer kann ich Ihnen sagen, dass viele der oft gescholtenen Pädagogen an dieser von links-grün verordneten Gleichmacherei verzweifeln. Dass all diese ach so innovativen und modernen Konzepte nichts als heiße Luft sind und den eher klassischen Lehrmethoden im Zweifel unterlegen, zeigte zuletzt eindrucksvoll die Bildungspolitik in Baden-Württemberg, in der es die grünen Traumtänzer verstanden, im Pisa-Test innerhalb weniger Jahre von einem Spitzenplatz ins Mittelfeld der Bundesrepublik abzurutschen, und das Ende der Fahnenstange ist noch nicht erreicht. Aber auch in NRW könnte ich Ihnen ein abendfüllendes Klagelied singen über die kompetenzorientierten Lehrpläne der Damen Kraft und Löhrmann (in Lehrerkreisen auch bekannt als Hanni und Nanni). Allein mit welchem zeitlichen und finanziellen Aufwand die Kollegen auf diese neuek Bildungspläne eingeschworen wurden: ganztägige “Schulungen” von Lehrkräften - pro Fach und pro Schule i.d.R. zwei Lehrer - Kosten für Anreise, Verpflegung, Ausfall tausender Unterrichtsstunden waren dabei vollkommen egal. Und das alles um Tonnen von Papier zu produzieren, obwohl sich inhaltlich so gut wie nichts änderte. So geht rot-grüne Bildungspolitik. Wurde in NRW gottseidank abgestraft.
Zu Einstein: Einstein war ein hervorragender Schüler. Das gern kolportierte Märchen von seinen schlechten Schulnoten lag an einem Biographen, der übersehen hatte, dass an der Schweizer Schule, an der Einstein sein Abitur machte, die Bestnoten Fünfer und Sechser waren (im Unterschied zu Deutschland). Und von diesen Bestnoten hatte Albert Einstein jede Menge! Also, ihr lieben “schlechten” Schüler, auf Einstein könnt ihr euch nicht berufen!
Na hoffentlich werden Sie für diese Thesen nicht bald ans Kreuz genagelt. Achten Sie auf Ihre Gesundheit. Dies ist keine Drohung, sondern ein guter Rat unter Gesinnungsfreunden. Möge der Verfassungsschutz Sie beschützen.
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