Dass wir eine Krise haben, wurde in der Öffentlichkeit so erfolgreich vermittelt, dass die meisten Menschen fest davon überzeugt sind, obzwar sie kaum etwas davon zu spüren bekommen. Die Arbeitslosenzahlen sind offiziell die niedrigsten seit 20 Jahren. Davon redet aber niemand und es will es auch keiner hören. Wir haben null Inflation aber die größte Währungskrise, seit es das Geld gibt, und daran wollen wir auch ganz fest glauben.
Die Krise, die wir zu haben meinen, ist nicht eine am Puls der Zeit gemessene, sondern am Zeitgeist. Man weiß doch, dass nicht der Haushalt Griechenlands uns belastet, sondern die Tatsache, dass wir nicht wissen, warum Griechenland eigentlich finanziert werden sollte, warum es überhaupt Mitglied in einer Währungsunion ist, deren Voraussetzungen es nie erfüllt hat und auch nie erfüllen wird. Der Besitz der Akropolis, selbst ihr Bau, berechtigt nicht zum Beitritt in die Eurozone. Die Bahnsteigkarte gilt nicht im Zug.
Vielleicht hätte der Euro nicht Euro genannt werden sollen, sondern ganz anders, denn mit seinem Namen ist er zu nahe an einem gescheiterten Projekt, jenem der Vereinigten Staaten von Europa. Das ist Europa nie gewesen, und wird es auch nie sein . Die kulturelle Vielfalt unseres Kontinents ist nicht politisch zu nivellieren. Zu Europas großen Traditionen gehört der Nationalstaat. Auf ihn hat schließlich auch die viel beschworene Französische Revolution gesetzt.
Der Umgang mit dem Staatshaushalt gehört, ob man es hören will oder nicht, auch zu dieser Vielfalt, jedenfalls ist er ihr Ausdruck. Dem Euro, der Eurozone, sind Länder mit Weichwährungstradition und solche mit Hartwährungstradition beigetreten. Das sind zwei verschiedene Finanzphilosophien, die nicht zusammengehen können. Mit Griechenland ist dieses Problem zu Tage getreten, bei dem es um eine schlichte Verhaltensweise geht. Der Norden Europas rechnet zunächst, und gibt das aus , was er schon hat, und das, was er noch nicht hat, aber nach seiner Rechnung haben wird, der Süden geht ebenso vor, aber ohne zu rechnen. Während der Norden auf die Wahrscheinlichkeit setzt, spielt der Süden auf Zeit, um dann per Geldentwertung, also Inflation, die Staatskasse auszugleichen.
Mit den Bedingungen des Euro sind beide Philosophien nicht mehr tragbar. So haben wir eine Euro- Krise, ohne einen ökonomischen Grund dafür zu haben Die Krise ist vielmehr in der Mentalität begründet, in der Mentalitätsdifferenz und ihren Trittbrettfahrern. Banker, die die Grundrechenarten nicht beherrschen, und andere, die so tun, als ob sie sie nicht beherrschen würden, um uns ihre grotesken Transaktionen zu erklären, und weil es schon mal so weit gekommen ist, muss das alles, was als Krise gilt, auch öffentlich debattiert werden.
So erklärt sich die Rückkehr der alten Linken in die Öffentlichkeit. Abend für Abend sitzen selbstzufriedene, in die Jahre gekommene Millionäre in den Talkrunden, die die Mitgliedsbücher so genannter linker Parteien in der Tasche haben. Die Anzahl der Millionäre dürfte in der SPD nicht geringer sein als jene in der CDU.
Was aber die „linken“ Millionäre von den „rechten“ Millionären unterscheidet, ist, dass die linken Millionäre den vermeintlichen Untergang des Kapitalismus emphatisch feiern, und damit von ihrem eigenen Vermögen zumindest gestisch Abstand zu nehmen vorgeben. Während ein traditioneller Millionär zum Mäzenatentum greifen muss, um das ihm vorgehaltene Gewissensproblem zu beruhigen, hat es der linke Millionär deutlich einfacher. Ihn legitimiert der Mitgliedsbeitrag. Die Legitimität seines Besitzes beruht auf dem Obolus.
Was wir tatsächlich haben, ist eine Krise der Werte, und Teil dieser Krise ist die Rückkehr der alten Linken in die Öffentlichkeit. Es ist ein weiteres Indiz, dass sie nicht als die Erben der Verbrecher und eines verbrecherischen Systems da stehen, dass dabei war, die europäische Kultur in den Ruin zu treiben. sondern als Experten der Kapitalismuskritik und Sprecher der von diesem angeblich um ihre Freiheit gebrachten. Es ist mehr als ein Indiz, es ist der Skandal, mit dem wir leben.