Thomas Rietzschel / 18.07.2017 / 17:30 / 7 / Seite ausdrucken

Ramelow prescht vor

Die thüringische Kleinstadt Themar war am vergangenen Wochenende Anziehungspunkt für 5.500 Rechtsradikale, „Neonazis“, wie SPIEGELonline schrieb. Auf dem Programm stand ein Konzert unter dem Motto „Rock gegen Überfremdung“. Und selbst wenn sich nicht genau sagen lässt, welches Volk da zusammen lief - das Bundesamt für Verfassungsschutz zählte zuletzt alles in allem 5.600 Neonazis in ganz Deutschland -, es sind bestimmt keine Chorknaben gewesen, die gemeinsam das Hohelied auf die Nächstenliebe anstimmen wollten.

Manche trugen  Shirts mit der Aufschrift „I love NS“. Etliche brüllten „Sieg Heil“, die Hand erhoben zum Hitlergruß; Kerle, denen man nicht bei Nacht begegnen möchte. Eine kleinere Gruppe von ihnen, die die Absperrungen um das außerhalb gelegene Festgelände überwunden hatte, marschierte bereits am Nachmittag durch den Ort, um  das „Marktfest“ von geschätzten 500 Gegendemonstranten „mit bewusst provokanten Blicken“ zu stören, so der Bürgermeister gegenüber dem MDR. Für Helge Hoffmann vom Landratsamt stand fest, dass das „Ausmaße annimmt, die Polizei und Verwaltung irgendwann nicht mehr händeln können“.

Soweit sollte es dann gottlob nicht kommen. Zwischen den Fronten standen tausend Polizisten. 46 Straftaten wurden angezeigt, drei Personen vorübergehend in Gewahrsam genommen. Überwiegend ging es um Beleidigung und volksverhetzende Reden. Keine Bagatellen. Die befürchteten Krawalle jedoch sind ausgeblieben. Den Rechtsradikalen fehlte es wohl an der Tatkraft, mit der ihre Kollegen aus dem linksradikalen Lager in der Woche zuvor Hamburg aufgemischt hatten, Autos anzündeten, Geschäfte plünderten und Polizeibeamte krankenhausreif attackierten.

In Thüringen dagegen konnte die Polizei schließlich von „einem friedlichen und weitgehend störungsfreien Ablauf“ sprechen. Das ist die unverhofft gute Nachricht des vorigen Wochenendes. Die weniger gute ist, dass es politische Kräfte gibt, die versucht sind, das Ereignis gleichwohl zum Anlass für die Forderung nach einer Beschränkung demokratischer Freiheit zu nehmen.

Schon vor dem Auflauf in Themar hatte der thüringische Ministerpräsident Bodo Ramelow (Die Linke) gefordert, die „Versammlungsfreiheit“ politisch einzuschränken sowie die „Meinungsfreiheit“ nach rechts hin zu beschneiden. Und das obwohl weder er noch sonst ein deutscher Politiker bisher auf den Gedanken gekommen ist, Gleiches nach den linksextremistischen Ausschreitungen in Hamburg zu verlangen. Wer ist hier, fragt man sich, auf welchem Auge blind, nicht nur weit hinten in der ostdeutschen Provinz.

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Leserpost

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Karl Eduard / 19.07.2017

“Und das obwohl weder er noch sonst ein deutscher Politiker bisher auf den Gedanken gekommen ist, Gleiches nach den linksextremistischen Ausschreitungen in Hamburg zu verlangen.” ... könnte daran liegen, daß Hamburg nicht inThüringen liegt. Obwohl, wenn Hamburg in Thüringen läge, dann hätte SED/PDS/DIE LINKE-PDS/DIE LINKE Ministerpräsident Ramelow ein echtes Problem. Dann müßte er entweder “seiner” Polizei den schwarzen Peter zuschieben oder er hätte, im Geiste linker Toleranz, Hamburg niederbrennen lassen. Aber wie das dem thüringischen Staatsvolk erklären? Und dann hätte die AfD einen Dauerbrenner im Thüringer Landtag. Bodo Ramelow, der wie Kaiser Nero seine eigene Stadt anstecken läßt.

siering christian / 19.07.2017

Vielleicht ist es gar keine Blindheit. Vielleicht steckt hinter der einseitigen Positionierung tatsächlich die Strategie kleine Anlässe zu Nutzen, um über kurz oder lang eine linke Despotie zu etablieren. Inzwischen hat sich doch auch herumgesprochen, dass das sog. Netzdurchsetzungsgesetz gegen HateSpeech nichts anderes ist als ein Kampfmittel die Meinungsfreiheit im Allgemeinen einzuschränken aber insbesondere die Mittel der AfD, die sich nur noch über die alternativen Medien Gehör verschaffen kann, noch weiter zu beschränken.

Leane Kamari / 18.07.2017

“..............die Forderung nach einer Beschränkung demokratischer Freiheit…” Ja das kennen wir ja schon vom letzten Maas Gesetz zur Meinungsunfreiheit im Netz auch Zensur betitelt. DAS hätte ich mir vor 20, 30 oder noch mehr Jahren NIE träumen lassen.

Joachim Nowak / 18.07.2017

Die sind nicht auf einem Auge blind. Die sind nur dermassen weit nach Links abgedriftet, daß sie ganz hart Rechts schon wieder Rauswinken und ihre Forderungen gröhlen. Ramelow tickt nicht ganz richtig und diverse andere dieser Sippschaft dann auch nicht mehr. Wenn es immer darum geht unliebsame Meinungen, oder Einstellungen nicht nur zu Verfolgen, sondern auch zu Verbieten und somit gänzlich unter Strafe zu stellen - anders geht es ja nicht - der begeht dann punktgenau DAS, weshalb wir hier das haben, was allgemeine Grundrechte heißt. Es sollte die LEHRE aus der Vergangenheit werden, aber die einzige Lehre die dann der Rest daraus ziehen kann ist, daß DIE keine Lehre daraus gezogen haben.

Andreas Rochow / 18.07.2017

Mit dieser “politisch korrekten” Schlagseite, in die auch die ganz Guten von der evangelischen und katholischen Kirche involviert sind, sollen wir uns abfinden? Heiko Maas und Bodo Ramelow sind das ideale Gespann für ein Gesetz, das die Schlagseite zum Normalfall erklärt.

Karla Kuhn / 18.07.2017

“Warum ist ihm so etwas nach Hamburg nicht eingefallen ?”  Waren es in Hamburg nicht die Antifas ??

Burkhart Berthold / 18.07.2017

Mit ein bißchen Pech ist Herr Bodo ab Oktober Bundesminister des Innern.

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