Gastautor / 29.01.2016 / 13:15 / 4 / Seite ausdrucken

Propaganda 2.0

Von Hans-Martin Esser

Was an der heute Show so perfide ist, ist der Markentransfer.

Wenn man sich anschaut, wie das ZDF vom seichten Gute-Laune-Sender für gediegene ältere Herrschaften zum Einpeitscher-TV wurde, muss man wissen, was eine Überblendtechnik im Marketing ist.

Man fängt nicht sofort an, radikale Reformen durchzuführen, sondern macht sie schrittweise und so, dass der normale Zuschauer nicht merkt, dass er aufs ideologische Glatteis oder hinter die Fichte geführt wird. Bei der Überblendtechnik im Marketing benennt man ein Produkt um. Erst wird der alte Name noch erwähnt, ist dominant, tritt dann mit der Zeit immer weiter zurück hinter den neuen, der am Ende dann ganz allein ohne den alten auf der Verpackung steht.

Beim WDR wusste man ja schon immer, dass es ein durchideologisierter Sender ist, der Journalisten weniger nach Fähigkeiten als nach Parteibuch und Gesinnung einstellt. Das ist beim ZDF anders.

Wenn man es jedoch hinbekommt, einen harmlosen seichten Sender wie das ZDF langsam ideologisch aufzuladen, dann können sich auch Propaganda-Minister von „gelenkten Demokratien“ anschauen, wie sublime Propaganda in der neuen gelenkten Anstands-Demokratie Deutschland funktioniert, in der - das sieht man seit Köln - Pressefreiheit einer merkwürdigen Selbstzensur unterliegt.

Erstmal lässt man sowohl den Landarzt als auch Förster Rombach in die ewigen Jagdgründe gehen, obwohl sie genauso zum Markenkern gehören wie die Mainzelmännchen.

Wer den Vorwurf erhebt, man würde durch die beiden netten Serien doof, aber dann selbst kritiklos Heute-Show guckt, zeigt, dass man auch schon doof sein kann, ohne Förster Rombach zu sehen.

Die Heute Show ist wirklich ein Meisterstück manipulativer Art. Das Kalkül, einen biederen sowie unlustigen Comedian & Sportreporter namens Oliver Welke dahinzusetzen und zu denken, er biete eine Harmlosigkeits-Projektionsfläche für Otto-Normal-Zuschauer, weil er den normalen Papi-Typen perfekt verkörpere, ist voll aufgegangen. Der Mann ist doch seriös, denkt man, schließlich ist er ja Reporter, zumindest im Bereich Sport.

Der Markentransfer besteht in der vertrauten Kulisse, auf die man als Zuschauer seit Jahrzehnten geeicht ist: satter tiefblauer Hintergrund, hochglänzende Optik. Alles scheint äußerlich gewohnt zu sein, Gundula Gause hat Pause, auf ihrem Platz jetzt der Welke.

Die Grenzen zwischen Nachrichten und Spaßpädagogik namens Kabarett verschwimmen, bewusst.

Welke wirkt seriös, weil scheinbar harmlos, obwohl er fast immer nur - welch Zufall - gegen Liberale und Konservative witzelt, also genau gegen das Stammpublikum des ZDF, das überwiegend CDU wählte und immer noch wählt und sich dafür schämen sollte. Freitag ist bei Wahlen der Tag, an dem der Unentschlossene noch einmal bearbeitet werden kann: zweimal schlafen und bloß nicht die Falschen wählen.

Medial so bearbeitet muckt auch kein CDUler auf, wenn die einst konservative Partei ganz nach links rückt, im scheinbar gediegen-konservativen TV sieht man ja, dass es normal ist, aber vor allem alternativlos.

Folgende Geschichte ist kein Witz, sondern eine Schere in den Köpfen von Politikern. Einen habe ich mal bei einem Parteitag reden hören, man möge doch bitte in der Partei zur Besinnung kommen, nicht die Abstimmungsvariante zur Abschaffung der Erbschaftssteuer zu wählen, man könnte schließlich sonst wieder ins Fadenkreuz der Heute Show geraten, nachdem man doch so langsam wieder aus demselben geraten ist. So so… Artig bleiben und bloß nicht verhaltensauffällig werden, sonst kommt noch Birte Schneider und verteilt schlechte Noten.

Sieht man Lanz im TV, der in seinen täglichen Talkrunden immer wieder die Alternativlosigkeit der Völkerwanderung von allen Gästen durchkauen lässt, die betonen, Grenzsicherung sei aussichtslos nach dem Motto „Wenn ihr euch nicht wehrt, tut es auch nicht so weh“, ist klar, auch vor dem Schlafengehen ist man nicht sicher vor Moralorgasmen.

Und noch schlimmer. Wer sich daran gewöhnt hat, dass man in ZDF-Nachrichten-Kulisse sowieso viel propagandistischen Blödsinn hört, der wundert sich dann auch nicht mehr, wenn die Standards der eigentlichen Heute Nachrichten auch nicht mehr so streng journalistisch sind, sondern eine abgemilderte und kommentierende Variante der Heute Show - das Leben imitiert die Kunst, imitiert das Leben….

Seit Franziskus Papst ist, kann man den katholischen Zuschauern (ZDF-Kern, immer noch) durch Messdiener-Typen wie Welke und Lanz und Küster-Typen wie Kleber vormachen, dass es Christenpflicht sei, bis zur Selbstaufgabe die einfachsten staatlichen Rechte wie Landesverteidigung dauerhaft auszusetzen. Es findet eine Verschränkung von Politischem und Religiösem statt, wie es für ein aufgeklärtes Land unglaublich ist. Nur kommt das Religiöse nicht im Weihrauch-Dunst daher, sondern scheinbar weltlich.

Zwischen Heute-Show und Heute-Nachrichten steht das Leitmedium Heute Journal, es war mal das Flaggschiff des guten Fernsehjournalismus. Jetzt sieht sich Claus Kleber als Oberküster im vorauseilenden Gehorsam - deutsche Spezialität, nichts dazugelernt möchte man sagen.

Ach ja, es gibt ja Heute+, da wird dann nur noch gemeint und gepöbelt.

Das konservativ religiöse Potential wird da in eine Richtung gesteuert, die der Skandalisierung eigener nationaler Interessen entspricht; es ist eine Ethik, die allen eine Christus-gleiche Selbstverleugnung abverlangt als neue säkulare Religionsübung. Wer das nicht mitmacht, ist böse.

Böse im religiösen Sinne des Wortes: es ist eine Frage von schwarz und weiß, wie beim schwarzen Kanal in der DDR, außerdem haben wir keine Wahl, also besser von sich aus gut sein und nicht durch Druck von außen, auch hier kann man auf einen vorauseilenden Gehorsam bauen. Nach 70 Jahren sind die grundlegenden Strukturen des Kadaver-Gehorsams hierzu in umgekehrter politischer Ausrichtung noch erschreckend ausgeprägt vorhanden. Ideal für eine gelenkte Demokratie, bei der der Gelenkte dies nicht merkt.

Erzählen Sie so etwas mal Ländern, die eine freigeistig aufgeklärte Tradition haben wie den Engländern. Da würde man derlei schneller durchschauen.

Nicht als Nachricht, sondern als Beleidigung hat man die Entscheidung der sonst so netten Schweden heute verkauft, dass das Land rund die Hälfte der Migranten abschiebt, weil sie keinen rechtlichen Anspruch auf Asyl dort haben. Darauf in indigniertem Tonfall der Reporter: „Wie wollen die Schweden dann die Abschiebung rechtlich begründen?“. Die Frage impliziert, dass es ein höheres Recht als das staatliche gäbe. Dazu kann man nur noch sagen:

Gute Nacht.

 

 

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Leserpost

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Ulrich Maschmann / 29.01.2016

Mit Ihrer ebenso unterhaltsamen wie im Hinblick auf das Ergebnis unbestreitbaren Detailanalyse überführen Sie - Herr Esser - das durch Medien-Zwangssteuer finanzierte ZDF einschließlich seiner täglich agierenden “Flagschiffe” elegant der permanenten Regierungspropaganda. Man kann es als kritisch distanzierter Zuschauer inzwischen einfach nicht mehr ertragen, mit welchem meist unangenehm impertinenten Tonfall durch die täglichen Nachrichten-Journale gehirnwäscheartige Staatserziehung betrieben werden soll, die häufig nicht einmal ohne Erfolg bleiben dürfte. Ein eigenverantwortlich entscheidender Bürger, der sich seine Meinung auf der Grundlage rein sachlicher und objektiver Journalisteninformationen bildet, ist nicht mehr zeitgemäß und wird augenscheinlich nicht gewünscht. Ebenso wie die politische Klasse glaubt sich auch die Mehrzahl der Journalisten in den Medien mit einem höchstrangigen Erziehungsauftrag ausgestattet, um dem dummen Volk beizubringen, was es denken und wie es entscheiden soll. Die “Aktuelle Kamera” läßt grüßen - freie Meinungsbildung und eine daraus gereifte Meinungsfreiheit sind wahrlich etwas anderes ...

Max Wedell / 29.01.2016

Die ÖR-Sender stehen schon unter einem gewissen Druck, die Unzufriedenheit übers Programm nicht zu groß werden zu lassen… sollten die GEZ-Proteste ein gewisses Ausmaß überschreiten, ist ihre Existenzgrundlage berührt. Ein Sender wie das ZDF, der früher überwiegend Ältere bediente, hat hier schlechte Karten. Man frage mal Jugendliche, was sie vom ZDF halten. Keine Ahnung, kuck ich nie, ist die Antwort, die man mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit bekommt. Irgendwann sind diese Jugendlichen älter, und dann werden sie die Frage stellen, wer diesen Sender überhaupt braucht, den sie da bezahlen müssen. Das erklärt die Manie, die das ZDF mit der ARD auch teilt, unbedingt “jünger zu werden”. Die heute-Show ist dabei ein wichtiges Mittel. Jon Stewart, Ex-Anchor des US-Pendants “The Daily Show” machte ständig Witze darüber, daß seine Sendung bei Jugendlichen und Jungen als “Nachrichtensendung” fungiert… die US-Jugend scheint schon seit längerem überwiegend nur noch durch Juxsendungen über Politik mit politischen Themen in Kontakt zu bringen zu sein. In Deutschland wird das ähnlich sein, bzw. wenn ich von mir bekannten Einzelfällen ausgehen würde, müsste ich sogar sagen: Auch in Deutschland IST es so. Wenn man aber erstmal auf die Jungen abzielt, scheint es so zu sein, daß die Beliebtheit steigt, je platter, primitiver und blöder die Witze sind. Ich will jetzt gar nicht mal Mario Barth & Kollegen und ihr junges Publikum anführen. Der Brachialhumor in an Jugendliche adressierte, flippige Juxsendungen an versteckten ÖR-Eckchen wie ZDF neo o.ä. zeigt es deutlich… wer über 30 ist und nicht geistig zurückgeblieben, wird nicht mal schmunzeln können. In den USA wurde Daily-Show-Urgestein Jon Stewart kürzlich durch Trevor Noah abgelöst, mit einer Veränderung des Humorcharakters der Sendung, die Salon so beschrieb: “From Stewarts biting sarcasm to Noahs dick jokes”. Zwar befanden sich darauf die Gesamt-Einschaltquoten im freien Fall, aber der Toronto Star berichtet, bei der angeblich “sehr wichtigen” Gruppe der 18-24 Jährigen wären die Einschaltquoten entgegen dem Trend GESTIEGEN. Will das ZDF also noch mehr Junge zum Einschalten bewegen, dann müsste man ihnen vermutlich sogar empfehlen, die Heute-Show noch platter, noch primitiver zu gestalten. Daß das ZDF die Alten “im Stich” lässt, wird dort vermutlich nicht als großes Problem gesehen… lassen doch umgekehrt die Alten das ZDF in nicht ferner Zukunft auch im Stich. Die dann neuen Alten werden aber die alten Jungen sein.

Paul Neumann / 29.01.2016

Zitat : “Wenn man sich anschaut, wie das ZDF vom seichten Gute-Laune-Sender für gediegene ältere Herrschaften zum Einpeitscher-TV wurde, muss man wissen, was eine Überblendtechnik im Marketing ist.” Hmm, Hmm. Schon mal was von Altersdiskriminierug gehört ? Na ja, die Autoren der Achse des Guten haben ein Durchschnittalter von ... na wieviel wohl (Broder Henkel, Lengsfeld haben alle ganz knapp die 25 überschritten ) Wie war das doch mit dem Balken und dem Splitter.

Thomas Schade / 29.01.2016

Lanz und Welke scheinen mir, von dem was sie sagen, überzeugt. Ich glaube nicht, dass sie bewusst manipulieren oder polemisieren. Das macht aber alles noch schlimmer: wenn führende Medienschaffende nicht mehr verstehen, dass ein Staat und seine Bürger eigene Interessen, die sich gegen andere richten können, haben dürfen und nicht alle die gleiche Meinung zu einem Thema haben oder gar haben sollten, ist die politische Debattenkultur im Grunde schon verloren.

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