Manfred Haferburg / 21.02.2016 / 10:30 / 0 / Seite ausdrucken

Pöbeln war früher lustiger: Richtig zurückschimpfen mit Franz Josef Degenhardt

„Eh du Affengesicht, zieh Leine“ war früher eine sehr gängige Pöbelei gegen mich. Ich schaute im Spiegel nach, ob da was dran wäre und war mir meiner jugendlichen Schönheit nicht mehr ganz so sicher. Erst der Zuspruch eines hübschen Mädchens half, mich von dem Minderwertigkeitskomplex zu erlösen. Immerhin dachte ich mir für den Pöbler die „Schweineschnauze“ aus. Das Ganze endete in einer klärenden Prügelei, die ich unter Verlust eines Zahns auch noch verlor. Die Schweineschnauze hatte ein schönes Veilchen.

Heute sind die feinen Leute eher narzisstische Sensibelchen. Im Austeilen ganz gut, aber beim Einstecken hapert‘s. In Deutschland werden Hass und Hetze, die angeblich immer mehr zunehmen, öffentlich-medial lautstark beklagt. Der flotte Heiko Maas ließ sogar von Amts wegen die Facebook-Stasi unter Leitung von IM „Victoria“  Anetta Kahane, der Vorsitzenden der  Amadeu-Antonio-Stiftung auf die Hetzer los.

Die ZDF-Journalistin Dunja Hayali gilt als jemand, der sich in der Flüchtlingskrise durch haltungsstarke Berichterstattung auszeichnet: sie bezeichnete Flüchtlingsgegner schon mal als „rechten Abschaum“. Danach beklagte sie sich mehrfach über Beleidigungen und Drohungen im Netz. Endlich erfährt sie die Gerechtigkeit, die ihr gebührt: Ein Gericht verbietet Hasskommentare gegen Dunja Hayali. Hurra, die Ordnung im Internet ist nun wiederhergestellt.

Früher hießen Hasskommentare an öffentliche Personen ja noch „Fanpost“. Da lob ich mir den Franz Josef Degenhardt. Der hat als Künstler mit Humor auf Hasskommentare reagiert und damit sogar noch ordentlich Gage gemacht. 1976 schrieb er ein Lied: „Die Große Schimpflitanei“, zusammengestellt aus den zahlreichen Schreiben an den Dichter und Sänger. Es tut einfach gut, die Gelassenheit und Ausgewogenheit in dem Lied zu spüren, die eine Persönlichkeit wie Degenhardt seinen Schweinsköpfen von ganz links bis ganz rechts entgegensetzen konnte:


1. Gesang
Lieber Doktor Degenhardt. Drecksau mit dem Ulbrichtbart,
Zonenknecht, Sowjetspion. Warte nur Dich kriegn' wir schon
Rote Wanze. Schweinehund, Jauche spritzt aus deinem Mund,
Abschaum von der schlimmsten Art. Gaskammer für Degenhardt.
Stalin- Bolsche- Kommunist, daß du bald verrecket bist.

2. Gesang
Sprücheklopfer und Ästhet ohne Progressivität,
kleiner Hofnarr, Bürgersohn, hast nur Alibifunktion.
Konterrevolutionär, Feigling, Spießer, Kleinbürger
auf dem Einzelgängertrip mit der Klampfenpolitik,
mieser Traditionalist, daß du bald verrecket bist.

3. Gesang
Sehr geehrter Linksanwalt, gehörst ganz einfach abgeknallt,
superkrimineller Star. Gangster im Gerichtstalar,
Sprengstoffdealer, Bombenfranz, Meinhofbumser - ab den Schwanz,
rote Advokatensau, hau ich dir die Fresse blau,
Anarchist und Linksfaschist. daß du bald verrecket bist.

4. Gesang
Etablierter Millionär, wo sind deine Kohlen her?
hast‘ne Villa im Tessin und ‚nen Puff in Westberlin,
fährst ‚n roten Cadillac, fette Laus am Wohlstandssack,
die vom Sozialismus singt, und dabei Champagner trinkt,
Ausbeuter, Kapitalist, daß du bald verrecket bist.

Abgesang
Meinem alten Schutzpatron, Dieb und Dichter, Franz Villon,
sing? ich oft auf seinem Grab, lacht der sich die Eier ab
über diese Litanei, und dann singen wir zu zwei:
Wenn ich an dem Galgen häng und mir wird der Hals zu eng,
weiß nur ich, wer da so log und wie schwer der Arsch mir wog.

Also, genug gejammert, Dunja und Heiko. Wir verstehen, dass Ihr Euch zu den Guten gehörig fühlt. Aber - wer austeilt, muss auch einstecken können. Und zum Trost: wer Euch pampig schreibt, der darf keine korrekten Antworten verlangen. Mein heißer Tipp ist: „Ihr Schweineköpfe!“

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