Gastautor / 29.12.2015 / 10:00 / 3 / Seite ausdrucken

Pöbeleien gegen Politiker - wer im Glashaus sitzt

Von Manfred Haferburg

In einem Spiegel-Interview hat sich Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) zu den Umgangsformen im Internet geäußert. Grundsätzlich hält er den Umgangston im Netz an vielen Stellen für unvertretbar, vor allem Beleidigungen seien im Internet viel häufiger anzutreffen. “Wir beobachten im Internet an vielen Stellen eine Art der Auseinandersetzung, die in Aggressivität, Wortwahl und Tonlage die Grenzen überschreitet”, so Lammert gegenüber dem Spiegel.

Die Freiheit der Meinungsäußerung sei kein Freifahrtschein für Beschimpfungen und verbale Verletzungen, sagte Lammert der “Neuen Osnabrücker Zeitung”. Er nannte es “fatal”, dass staatsanwaltliche Ermittlungen nach Pöbeleien gegen Politiker oder andere Menschen des öffentlichen Lebens meist folgenlos blieben. Am Ende seien dann “die Opfer entmutigt und die Pöbler ermutigt”.

Recht hat er, der Herr Lammert, wenn er übers Pöbeln jammert. Es wird wirklich viel zu viel gepöbelt in Deutschlands politischer Landschaft. Und nicht nur im Internet. Selbst hochrangige Politiker und Leit-Medien pöbeln gerne mal öffentlich-rechtlich mit. Hier eine höchst unvollständige Auswahl:

- Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte der “Bild am Sonntag”: Das beste Rezept dafür, dass die AfD auch bei der nächsten Bundestagswahl nicht ins Parlament komme, sei, “dass wir die Sorgen der Bürger lösen und nicht die Parolen der Dumpfbacken noch übertönen”.

- Vize-Kanzler Sigmar Gabriel sagte dem Fernsehsender N24 über randalierende rechte Demonstranten: „Das ist wirklich Pack und Mob, und was man da machen muss, man muss sie einsperren.”

- Der Innenminister Nordrhein-Westfalens Ralf Jäger bezeichnete auf der Kölner Innenministerkonferenz die Initiatoren von Pegida als “Neonazis in Nadelstreifen”.

- Justizminister Heiko Maas äußerte gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“: “Pegida ist eine Schande für Deutschland” Er nannte Teile der Bewegung “widerwärtig und abscheulich”.

- Vorsitzender der GRÜNEN Cem Özdemir nannte PEGIDA im ZDF-Talk Maybritt Illner:  “Nazischweine” und “komische Mischpoke”.

Vielleicht hätte Herr Lammert sich ja den Umweg über die Medien sparen können, um die Pöbeleien zu kritisieren. Sein Fraktionskollege, der CSU-Landtagsabgeordnete Florian Herrmann, hat jedenfalls die Stellvertreterin von Herrn Lammert hart kritisiert:  die Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth ist Ende November bei einer Anti-AfD-Demonstration mitmarschiert, bei der “Deutschland, Du mieses Stück Scheiße” und “Deutschland verrecke” skandiert wurde. Obwohl Claudia Roth sicher zu den Distanzierungsweltmeisern zählt, hat sie sich bisher davon nicht distanziert – im Gegensatz zu anderen Beteiligten.

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Leserpost

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Clemens Hofbauer / 29.12.2015

Wenn man von Angesicht zu Angesicht miteinander spricht, dann hat man ein gewisses Maß an Höflichkeit zu wahren. D.h. man wird aus Klugheit die Dinge nicht ganz bei ihrem Namen ansprechen. Das Internet ist da um Lichtjahre ehrlicher. Hier kann jeder Politiker hören, was das Pack - ähh - ich meine der Wähler von ihm denkt. Auch wenn das einmal unangenehm und ehrlich daherkommen sollte, dann muss es dem Hörer/Leser, der dem Schreiber genauso unbekannt ist wie umgekehrt schon etwas wert sein, diese Ehrlichkeit. Ansonsten kann der Politiker ja seinen bezahlte PRessespiegel mit den Jubelmeldungen lesen. Das ist zwar bei weitem nicht so unangenehm, führt dafür umso sicherer in die Irre. Außerdem sollte uns nach den langen Jahren der Erfahrung mit den Infos aus dem Netz schon klar sein, dass nicht alles, was da digital steht, auch richtig und wahr ist. Im Guten UND im Bösen. Wer sich daher nur auf Infos aus dem Netz beziehen kann, der gelte als tumber Schelm.

Klaus Kalweit / 29.12.2015

Es ist doch ganz einfach. In einer Demokratie darf das Volk pöbeln und die Gewählten müssen es ertragen. Pöbeln aber die Politiker gegen die Teile des Volks, die sich nicht unterordnen wollen, ist das dann noch Demokratie? Nein, historisch gesehen haben noch nie gewählte Demokraten ein solch beleidigendes Vokabular gegen ihre Wähler gerichtet, und das ist für mich ein Alarmzeichen. Unsere Regierung macht offenbar mobil gegen die Bürger, erklärt ihnen den noch verbalen Krieg. Übrigens, wenn Özdemir alle Pegida-Demonstranten als Nazischweine bezeichnet, gehört er, um Gabriels Worte zu verwenden, eingesperrt. Oder besser noch aus der Politik entfernt.

Ronald Proll / 29.12.2015

Wie lautete gleich nochmal Jakob Augsteins “grandioser” Tip an die Polizistin Tania Kambouri, die sich über zunehmende Gewalt und Respektlosigkeiten gegenüber der Polizei beklagte? Ach ja: “If you cant stand the heat, don’t go into the kitchen.” Also, Herr Lammert, wenn sie und ihre Kollegen die Anfeindungen nicht mehr aushalten, einfach Herd ausmachen und heimgehen.

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