Henryk M. Broder / 19.12.2006 / 20:43 / 0 / Seite ausdrucken

Plaudereien an offenen Kaminen

Früher wollte jeder zweite Junge, kaum dass er im Stehen pinkeln konnte, Polizist oder Lokführer werden. Dann waren Astronaut und Rennfahrer die gefragtesten Berufe,  schließlich Eventmanager und Insolvenzverwalter. Seit ein paar Jahren hat ein anderer Beruf Konjunktur, für den man keine Ausbildung, keinen Meisterbrief und keine Schanklizenz braucht: Friedensaktivist. Es ist der ideale Job für Menschen, die gerne von Zuhause arbeiten, reisen und sich für Kriege, Völkermorde und andere Grausamkeiten der Geschichte interessieren. So können sie jedes Landserheft und jedes Splatter-Video als berufsbedingte Ausgabe von der Steuer absetzen. Optimal ist natürlich die Verbindung von “Friedensaktivist” mit einem zweiten Beruf, z.B. “Recherchierjournalist”. Oder “Freiheitsaktivist”. Doppelt genäht hält immer besser.
Ein bedeutender deutscher “Friedensaktivist” und “Freiheitsaktivist” hat vor kurzem an der Teheraner Holo-Konfrenz teilgenommen und anschließend dem deutschen Programm des iranischen Radios ein Interview gegeben, in dem er seine Eindrücke schildert. Man merkt es dem Gespräch von der ersten Sekunde an, dass sich hier zwei Geistesgiganten auf gleicher Augenhöhe getroffen haben, um gemeinsam für Frieden und Freiheit zu streiten. Hier die Abschrift der Plauderei am offenen Kamin.  Und lassen Sie sich von der Kopfzeile nicht täuschen: Es ist nicht Peter Philipp, der hier interviewt wird.

http://www.irib.ir/worldservice/germanradio/files/interviews/interview216.asp

Wer nach dieser Lektüre noch immer nicht begriffen hat, wie ernst es die Friedensaktivisten mit dem Frieden meinen, sollte sich dies hier ansehen: Einen Bericht darüber, wie mies sich “jüdische Religionsfanatiker”  gegenübern den netten Rabbis verhalten, die an der Holo-Konferenz teilgenommen haben. Gemäß der altbekannten Racheregel “Auge um Auge, Zahn um Zahn” sollen sie “förmlich exkommuniziert” werden, als ob eine informelle Abmahnung nicht schon genug wäre. Und es sind wieder Friedensaktivisten der besonderen Art, die sich der bedrohten Spezies annehmen, deren Ausrottung sie sonst entweder entschieden bestreiten oder verhalten gutheißen. Klicken Sie hier:

http://www.stoertebeker.net/blo/pivot/entry.php?id=1041#body

Aber all das ist noch handzahmes Gefummel an den Schläfenlocken der Geschichte - gemessen an dem folgenden Text, der von einem stadtbekannten Wiener Politilogen und Cafe-Central-Philosophen geschrieben wurde. Er hat schon alle Hitzewallungen des akademischen Antizionismus hinter sich,  es gibt kaum eine Palästinenser-Gruppe, der er sich noch nicht an die Kalaschnikow-Brust geworfen hätte. In diesem Text erklärt er, wer an den “Tendenzen” schuld ist, die es “in der gesamten islamischen und arabischen Welt gibt”. Gemeint ist die Tendenz, den Holocaust entweder zu leugnen oder ihn als “Mythos” zu banalisieren. Und schuld sind natürlich die Juden, ähhh Zionisten, die den Holocaust für ihre Zwecke “instrumentalisieren”. Vor der letzten Konsequenz schreckt der Nahost-Experte vom Simmering freilich zurück: den Juden zu empfehlen, den Holocaust zu vergessen, um die islamische und arabische Welt nicht zu provozieren. Aber davon abgesehen ist der Text großartig! Enjoy!

http://derstandard.at/?url=/?id=2700371

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