Maxeiner & Miersch / 27.09.2014 / 09:45 / 3 / Seite ausdrucken

Pfeif’ auf den Tropenwald, es geht ums Prinzip

Seit alle Menschen grün sind, weiß niemand mehr so recht, was grün eigentlich bedeutet. Es gibt grüne Windkraft-Inverstoren und grüne Vogelschützer, die sich spinnefeind sind. Manche Grüne halten Elektroautos für eine Lösung, andere für ein Problem. Grüne Bio-Schäfer wettern gegen die Rückkehr der Wölfe, über die grüne Naturschützer sich freuen. Babylonisch-ökologische Sprachverwirrung macht sich breit. Alles öko, oder was?

Der jüngste Zielkonflikt hat „Ecover“ kalt erwischt. Die belgische Firma ist ein Pionier auf dem Gebiet der Öko-Haushaltsprodukte und hat vor 35 Jahren das erste phosphatfreie Waschmittel auf den Markt gebracht. Ecover wollte einen Beitrag zur Rettung der Tropenwälder in Südostasien leisten, einem der wertvollsten Zentren der biologischen Vielfalt. Hunderte Tier- und Pflanzenarten leben exklusiv in dieser Weltregion, und viele davon sind hoch bedroht. Darunter imposante Großtiere, wie der Orang-Utan, das Sumatra-Nashorn und der Sumatra-Tiger.

Denn ihre Lebensräume werden gerodet und abgebrannt, um Ölpalmplantagen anzupflanzen. Palmöl, das wirtschaftlich bedeutendste Pflanzenöl, ist in zahllosen Lebensmitteln und Haushaltsprodukten enthalten. Es vergeht kein Tag, an dem wir nicht etwas essen oder benutzen, was Palmöl enthält. Waschmittel sind nur eine palmölhaltige Produktgruppe von vielen.

Höchst lobenswert also, dass die Firma sich darüber Gedanken macht und eine Alternative zu dem problematischen Rohstoff entwickelt hat. Doch kaum stellte Ecover das bessere Herstellungsverfahren der Öffentlichkeit vor, ertönte ein Aufschrei grüner Gouvernanten. Denn das neue Verfahren beruht auf Gentechnik. Und das darf im Sinne der reinen Lehre nicht sein. Es geht nicht um die Rettung des Tropenwaldes und seltener Tierarten - es geht ums Prinzip!

Ecover wollte den Waschmittel-Rohstoff aus biotechnisch veränderten Algen herstellen, statt aus Palmöl. Jetzt hat die Firma ihre Pläne erst mal erschreckt zurückgezogen, kuscht vor den wütenden Attacken und kündigt an, einen Dialog mit den Anti-Gentechnik-Aktivisten zu führen. Vielleicht sollte man ein paar Orang-Utans mit an den runden Tisch setzen. Die würden das intellektuelle Niveau dieser Debatte heben.

Erschienen in DIE WELT am 25.09.2014

Von Maxeiner & Miersch erscheint im Oktober ein neues Buch: Alles grün und gut? Eine Bilanz des ökologischen Denkens. Siehe auch hier.

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Christian Schulz / 28.09.2014

Lassen wir mal Bakterien und Viren weg, die waren sicher nicht gemeint, dann sollte es rund neun Millionen Arten geben. 250x365 = 91.250. Also in rund 100 Jahren gibt es nur noch Bakterien und Vieten. Die reichen dann aber noch für ein paar tausend Jahre, zu sl wir als Mensch dann ja weg sind. Endlich sozusagen.

Matthias Strickling / 27.09.2014

Nichts auf diesem Planeten hat über die Menschheit soviel Unglück gebracht wie die Anhänger einer Ideologie, welche immer ganz genau wissen, was für die Nichtanhänger dieser Ideologie gut oder schlecht ist. Nichts hat soviel Leichen verursacht- entweder aktiv, oder passiv durch Unterlassung mit Hilfe einer politischen Gesetzgebung.

Gerhard Sponsel Lemvig / 27.09.2014

Das wird knapp ! Das mit den Orang-Utans am “Runden Tisch” wird wohl nichts. Jennifer-Melody, ein tapferes Mädchen aus einem grünen Gouvernaten-Haushalt hat mir doch neulich erklärt, dass täglich ca. 250 Tierarten auf dieser Welt durch menschgemachte Probleme aussterben. So hat es ihr der Papa und die Mame erklärt, die beide an der Grundschule als Lehrer tätig sind. Ich habe da nicht extra rumgerechnet aber vom Gefühl her wird das mit den Affen und den Tieren knapp.

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