Karl Pfeifer / 22.05.2008 / 11:35 / 0 / Seite ausdrucken

Persilscheingeber für Antisemiten

Stellen Sie sich vor: Ein Zeuge wird im Gericht vernommen. Jemand zieht seine Aussagen in Zweifel, worauf der Zeuge antwortet: „Ich bin Jude, daher ist meine Aussage wahr“. Das klingt doch erfunden, so etwas kann es doch im wirklichen Leben – auch außerhalb eines Gerichts – nicht geben, denken Sie. Doch da schreibt MMag. Peter Melvyn einen offenen Brief und fragt: „Aber meinen Sie, dass wir als jüdische Gruppe wirklich mit “antisemitischen Organisationen” gemeinsame Sache machen würden ? Oder diese mit uns, wären sie tatsächlich antisemitisch ? Wir haben uns überzeugt, dass die AIK - was immer ihre politischen Ziele sein mögen -  keineswegs antisemitisch ist.“[1]

Die meisten Menschen gehen tatsächlich von der Annahme aus, dass ein Jude nach den leidvollen Erfahrungen Antisemitismus nicht tolerieren und nicht unterstützen würde. Diese Annahme ist jedoch falsch. Es gibt Juden, die Antisemiten unterstützen, ja den Holocaust direkt oder indirekt leugnen.

Mmag. Melvyns Behauptungen sind leicht zu widerlegen. Die AIK hat zustimmend die Rede des Rabbinerdarstellers Moishe Arye Friedman publiziert [2], eines Mannes, der schon – wie es auch der AIK bekannt sein musste, engen Kontakt mit Rechtsextremisten pflegte und nachher sogar an der Konferenz der Holocaustleugner in Teheran teilnahm. Gewisse Juden – die hier nicht näher qualifizieret werden müssen – sind höchstwillkommene Persilscheingeber für Antisemiten.

AIK „Warum wir Ibrahim Alloush verteidigen“

Und nun zur AIK. Diese hatte sich zunächst für den jordanischen Holocaustleugner und Mitarbeiter neonazistischer Medien Ibrahim Alloush ausgesprochen. Als dies von der Aktion gegen Antisemitismus kritisiert wurde, hatte sich die AIK von diesem Holocaustleugner distanziert, um dann wieder eine Wendung zu vollziehen und unter dem Titel „Warum wir Ibrahim Alloush verteidigen“ Verständnis für den Holocaustleugner aufzubringen:

„Mit Recht meinten in der Folge Stimmen von arabischer und antiimperialistischer Seite, dass es eurozentristisch wäre, die Dinge so einfach gleichzusetzen, und es bei diesen getroffenen Maßnahmen zu belassen. Nicht die Araber seien für den Holocaust verantwortlich. Denn selbst wenn es auch im arabischen Raum teilweise Feindschaft gegenüber Juden gebe, die zu bekämpfen sei, so sei diese doch keinesfalls mit dem europäischen Antisemitismus zu vergleichen (siehe unten). Andererseits gebe es eine konkrete und reale Verfolgung und Vernichtung des palästinensischen Volkes durch Israel und mit der Unterstützung der alles beherrschenden Weltmacht USA.“ [3]

Das bedeutet, die AIK verteidigt einen arabischen Holocaustleugner. Die Leugnung der nationalsozialistischen Verbrechen ist in Österreich strafbar. Wer aber einen Holocaustleugner verteidigt, der macht sich nicht strafbar. Jedoch diese Verteidigung eines Holocaustleugners und der Holocaustleugnung – mit der fadenscheiniger Begründung, dass Araber dies dürften, ist nicht nur als rassistisch und antiarabisch – sondern auch als antisemitisch zu werten.
Die Behauptung es gebe eine „konkrete und reale ... Vernichtung des palästinensischen Volkes durch Israel“ ist eine Lüge, die Bevölkerungszahl kaum eines anderen Volkes ist derartig gewachsen, wie des palästinensischen Volkes. Wir haben es hier mit einer impliziten Relativierung der nationalsozialistischen Verbrechen zu tun.

Die Homepage der AIK und von “gaza muss leben” wird von der gleichen Person betrieben.

Auf der Homepage von gaza muss leben ist auch ein offener Brief von Univ. Prof. Dr. Walter Sauer zu lesen, in dem er behauptet: : „Gerade deshalb dürfen wir heute unsere Augen nicht vor dem schleichenden Völkermord verschließen, den Staatsideologie und Staatspraxis des Judentums an den Palästinensern, insbesondere im Gazastreifen, verursachen.“ [4]
Auch die Aussage, dass „Staatsideologie und Staatspraxis des Judentums“ einen Völkermord „verursachen“ ist antisemitisch. Zu behaupten, dass es im Gazastreifen einen „schleichenden Völkermord“ gibt ist einfach unwahr, denn seit 1950 hat sich die Bevölkerung dort mehr als versechsfacht.

Mmag Peter Melvyn stellt als Jude der AIK und “gaza muss leben” einen Persilschein aus, der genauso wertlos ist wie derjenige, den Moishe Arye Friedman dem Präsidenten Irans ausgestellt hat.

1) http://www.gazamussleben.at/de/955
2) http://www.doew.at/frames.php?/projekte/rechts/chronik/2003_12/zurzeit.html
3) http://www.antiimperialista.org/index.php?option=com_content&task=view&id=452&Itemid=0
  http://www.doew.at/aktuell/aktion/aik3.htm
  http://www.doew.at/aktuell/aktion/aik4.htm
  http://www.doew.at/aktuell/aktion/aik8.html
4) http://www.gazamussleben.at/de/946

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