Oswald Metzger, Gastautor / 02.10.2014 / 15:03 / 4 / Seite ausdrucken

Papa Staat wird’s richten

Jetzt also auch noch die Mietpreisbremse! Die Große Koalition setzt mit ihrer Gesetzgebungsmaschinerie eine weitere Duftmarke staatlicher Überregulierung. Künftig soll es den Ländern in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt erlaubt sein, einen Preisdeckel von maximal 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete gesetzlich vorzuschreiben. Obwohl Neubauten und umfassend modernisierte Bestandswohnungen ausgenommen bleiben, atmet dieser Vorstoß eine Staatsgläubigkeit, die durch nichts zu belegen ist.

Dass die steigende Wohnungsnachfrage in angesagten Städten oder Stadtquartieren auch die Mieten treibt, ist logisch. Dafür sinken Miet- und Hauspreise in anderen Regionen der Republik. Gebaut und saniert wird verstärkt dort, wo die starke Nachfrage auch zu Renditen bei den Investoren führt. Diese private Bauaktivität entfaltet eine vielfach größere Entlastungswirkung für den Wohnungsmarkt als eine gesetzlich verordnete Mietpreishöchstgrenze. Denn wenn der Staat mit Markteingriffen die Investitionstätigkeit abwürgt, werden Mieter auf überhaupt kein Wohnungsangebot mehr treffen. Und wer die soziale Segregation in der Stadtentwicklung anprangert, der sollte den Vorwurf in erster Linie bei den Städten und Gemeinden abladen. Denn sie haben es mit ihrer Bauleitplanung in der Hand, für sozial gemischte und stabile Wohnquartiere zu sorgen. Mit staatlichen Preisvorgaben, auch mit Steueranreizen, wird das Gegenteil erreicht.
Nichts gelernt aus falscher Staatsgläubigkeit?

Die Wohnungswirtschaft im Osten Deutschlands büßte das staatliche Steuerfüllhorn der Nachwendezeit mehr als eineinhalb Jahrzehnte lang. Weil der Staat damals mit großzügigsten Steueranreizen einen Immobilienboom auslöste, produzierte er gigantische Leerstände und eine Unzahl von Pleiten von Bauträgern. Der Wohnungsmarkt leidet in Teilen Ostdeutschlands noch heute unter dieser verheerenden Marktverzerrung. Doch Lerneffekte in Sachen falscher Staatsgläubigkeit? Fehlanzeige!

Ein anderes Beispiel für die fatale Staatsgläubigkeit stellt die langjährige großzügige Förderung der Solarenergie in Deutschland dar. Einst mit garantierten hohen Einspeisevergütungen subventioniert, die von den Stromverbrauchern noch heute teuer bezahlt werden, wuchs die Solarbranche im Land im vergangenen Jahrzehnt kräftig. Frankfurt an der Oder wurde zum Solar Valley stilisiert. Auf dem Börsenparkett feierten die Solarfirmen kurzzeitig einen Riesenhype. Doch die satte gesetzliche Einspeisevergütung machte die deutschen Solarproduzenten unbeweglich. Statt auf Innovation zu setzen und Geld für Forschung und Entwicklung in die Hand zu nehmen, kämpften sie lieber für die weitere Subvention durch die Verbraucher. Heute sind fast alle bankrott und vom Markt verschwunden. Der Siegeszug der Solarbranche, die in Asien und Nordamerika boomt wie nie, findet nahezu ohne deutsche Player statt. Dafür wächst der Kohlendioxidausstoß in Deutschland, weil schmutzige Braunkohlekraftwerke statt relativ sauberer Gaskraftwerke in wind- und sonnenschwachen Zeiten den Strom ins Netz speisen. Ökologische Energiewende?

Der Staat kann und soll nicht alles richten. Obwohl die Marktwirtschaft auf deutschem Boden im Systemvergleich BRD versus DDR seine Überlegenheit über Jahrzehnte anschaulich bewiesen hat, wächst die Staatsgläubigkeit im vereinigten Deutschland immer weiter. Begriffe wie unternehmerische Freiheit, Wettbewerb und Eigenverantwortung, ohne die unsere Wirtschaftsordnung bei aller sozialen Flankierung nicht erfolgreich gewesen wäre, haben heute für viele einen fast unanständigen Beigeschmack. Wir spielen Ball paradox! Obwohl die DDR-Staatswirtschaft im Staatsbankrott endete, verfallen Politiker und Bürger immer stärker dem Glauben an den allzuständigen starken Staat. Das kann nur schief gehen.

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Leserpost

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Reiner Schöne / 03.10.2014

Marktwirtschaft ist zum Schimpfwort mutiert, der Staat mischt sich überall ein, ob Mindestlohn, Firmenrettung oder Mietbremse. Durch diese Einmischung ist aber auch eine Strömung entstanden der man Gegensteuern muss. D.h. Aus der Regulierungswut heraus, muss eine Korrekturwut entstehen, sonst bricht alles zusammen. Der Staat hat sich aus allen wirtschaftlichen Kreisen herauszuhalten, er setzt nur Rahmenbedingungen nach der alle handeln müssen. Alles andere ist Sache der Firmen und deren Gewerkschaftsvertreter, Tarifhoheit, Tarifverhandlungen usw. Aus Deutschland ist eine Neidgesellschaft geworden, die Vorstufe zum Sozialimus, die Folge, der Zusammenbruch Deutschlands.

Hans Meier / 03.10.2014

Existenzielle menschliche Bedürfnisse, wie Nahrung, Kleidung, Wohnung, Energieversorgung, usw. werden gerne politisch bewirtschaftet. Wenn kein fairer Wettbewerb der Bevölkerung eine liberale Freiheit gewährt, sondern unsere scheinheiligen politischen Systemträger die Bevölkerung den Abgreifern ausliefern die diese Politik finanzieren und durchgehend korrumpieren, dann sind wir im Hier und Jetzt, wo faire Marktwirtschaft vorsätzlich aus mafiösen Absichten verhindert wird. Wirtschaftlich kriminell kann man nur handeln, wenn man sich nicht die Gesetze dafür passend macht, mit denen man die Untertanen beherrscht und die Finanzen durch Falschgelddrucken zum Tollhaus macht. Das hat die formal untergegangen DDR ihren so sozialisierten Politikern die später im Westen Karriere machten, deutlich mit auf den Weg gegeben. Machtpolitisch bedeutend für die aktuellen politischen Gesichter bleibt, es sind die persönlichen Finanzen mit denen diese Karrieristen Andere, also die Bevölkerung zwingen einen sehr hohen Preis „wegen pi mal x“ zahlen zu müssen, weil sie dem Wettbewerb einer Marktwirtschaft alle demokratische Freiheit per Vorschriften entzogen haben, genau wie im staatskapitalistisch engagierten Sozialismus. Gegen diese deprimierende politische Realität sollte eine politische Alternative unbedingt viel dynamischer wachsen und den korrumpierten etablierten Parteien die besseren Perspektiven zeigen. Eine Politik die den Wettbewerb nicht erträgt ist nicht demokratisch.

Martin Friedland / 02.10.2014

Ein bißchen sehr platt. Die Hinweise auf den angeblichen Segen der Marktwirtschaft verkennen, daß der “Wohnungsmarkt” eben kein Markt ist, auch nicht sein kann, allein schon deshalb, weil ein Verzicht auf eine Wohnung nicht ernsthaft möglich ist. Die Mietpreisbindung ist zwar kein sonderlich geeignetes Mittel gegen den aktuellen Wucher in bestimmten Regionen, aber besser als nichts. Zu der richtigen Lösung fehlt es der Politik leider durchweg an Mut und Durchsetzungsfähigkeit gegenüber den Lobbyisten der privaten Mietwohnungseigentümer.

Martin Wehlan / 02.10.2014

Kein Vertrauen in die Freiheit So hatte Milton Friedman staatliche Eingriffe in die Marktwirtschaft bezeichnet. Und es ist tatsächlich so. Auch die angeblich so aufgeklärte westliche Welt, einschließlich der USA, setzt lieber auf Regulierung anstatt auf Freiheit. Der fürsorgliche Fürst ist uns immer noch lieber als Eigenverantwortung. Allerdings ist der Staat auch ziemlich hilflos. Denn er kann ja nichts gegen den dahinter steckenden eigentlichen Wahnsinn, den des billigen Geldes, machen. Folglich versucht er, die Symptome zu bekämpfen. Dafür erntet er vom Wähler Zustimmung. Wann wird die Politik endlich lernen, dass es ihre einzige Aufgabe ist, der Freiheit zum Recht zu verhelfen ?

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