Sobald eine Rede oder ein Statement mit den Worten „Wir haben kein Problem mit...“ anfängt, ist allergrößte Vorsicht geboten. In der guten alten DDR zum Beispiel hatte man kein Problem mit Arbeitslosigkeit und Alkoholismus, mit Kriminalität und renitenten Jugendlichen. Denn die DDR war der vollkommene Staat, in dem die „Erziehung zur sozialistischen Persönlichkeit“ für paradiesische Zustände gesorgt hatte.
Der ehemalige iranische Präsident Ahmadinedschad hatte kein Problem mit Homosexualität und Homosexuellen, die an Baukränen aufgehängt wurden, denn, so der Präsident während eines Auftritts vor Studenten der Columbia-Universität in New York: „Im Iran gibt es keine Homosexuellen!“
Und nun kommt der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel und sagt: „Wir haben kein Problem mit Linksterrorismus in Deutschland. Den haben wir Gott sei Dank in den 70er-, 80er-Jahren bekämpft. Aber wir haben über 200 Tote von Rechtsterroristen. Und deswegen darf man jetzt auch nicht so tun, als ob wir ein gleichgelagertes Problem hätten. Man darf nie anfangen, die Dinge zu relativieren, sondern muss die Kinder beim Namen nennen. Und das ist rechter Terror.“
Das Kind beim Namen zu nennen, ist eine Spezialität des deutschen Außenministers; und nichts ist ihm so fremd wie die Unsitte, Dinge zu relativieren. Deswegen hat er vor ein paar Tagen vorgeschlagen, dem türkischen Präsidenten Erdogan „weniger Beachtung zu geben“.
Zu behaupten, wir hätten „kein Problem mit Linksterrorismus in Deutschland“, ist wo wahr wie die Feststellung, es gebe in Deutschland kein Problem, das Angela Merkel nicht lösen könnte. Die vermummten Gestalten, die neulich Hamburg in ein Schlachtfeld verwandelt haben, waren wohl Musikfans, die keine Karten mehr für die G20-Feier in der Elbphilharmonie bekommen hatten. Und diejenigen, die jede Nacht Autos in Berlin und Leipzig abfackeln, sind keine linken Terroristen, sondern Umweltschützer, die den Ausstoß von Stickoxiden verringern wollen.
Möglich aber auch, dass Gabriel es anders gemeint hat.
„Wir haben kein Problem mit Linksterrorismus“ kann auch bedeuten: „Wir Sozialdemokraten haben kein Problem mit Linksterrorismus. Denn alles, was von links kommt, ist immer gut.“
Zuerst erschienen in der Zürcher Weltwoche
P.S. Obwohl "wir" kein Problem mit dem Linksterrorismus haben, hat der Innenminister soeben die Internetplattform „Linksunten Indymedia“ verboten. Sie diente "seit Jahren" als "Sprachrohr der gewaltorientierten linksradikalen Szene". Zum Umfeld schreibt die Welt: "Nach Angaben des Verfassungsschutzes hat das 'linksextremistische Personenpotenzial' mit 28.500 Menschen im Jahr 2016 den höchsten Stand seit 2012 erreicht. Den größten Zuwachs gebe es bei gewaltorientierten Linken." Aber: Wir haben kein Problem mit dem Linksterrorismus. Den haben wir in den 70er und 80er Jahren erledigt. Zugleich mit dem Ozonloch, dem Ententanz und dem Mett-Igel. Alles, das uns an diese Zeit erinnert, ist Sigmar Gabriel.