Maxeiner & Miersch / 07.06.2014 / 15:08 / 6 / Seite ausdrucken

Nur nichts Fettiges

Dickmilch stirbt aus. Immer seltener findet man sie im Supermarktregal. Wir prangern das an, denn Dickmilch ist ein köstliches Lebensmittel. Sie hat den gleichen Fettgehalt wie Joghurt, schmeckt ebenso erfrischend aber irgendwie milder, cremiger und weniger säuerlich. Im Prinzip ist Dickmilch nichts anderes als Joghurt. Der einzige Unterschied besteht darin, dass bei der Erzeugung von Joghurt der Milch andere Bakterienkulturen beigegeben werden. Das Wort Joghurt stammt aus dem Türkischen und bedeutet gegorene Milch, also Dickmilch.

Wir vermuten, dass der Name daran schuld ist, dass dieses besonders leckere Molkereierzeugnis kaum mehr in den Kühlregalen zu finden ist. Ein Nahrungsmittel, dass schon im Namen das Wort „dick“ trägt, mag in unserer diätversessenen Welt keiner mehr kaufen.

Deshalb eine Bitte an die Hersteller: Seid doch so nett und nennt Dickmilch einfach anders. Zum Beispiel Schlankmilch, oder Fitmilch, oder Premiumjoghurt. Dann würden bestimmt wieder mehr Kunden zugreifen. Versprochen! Es gibt etliche Vorbilder dafür, wie Umbenennung Nahrungsmitteln Sympathie verschaffte. Nehmen wir nur den Speck. Der heißt jetzt Bacon und ist als Unterlage fürs Spiegelei so beliebt wie eh und je. Hieße er immer noch Speck, wäre er ein allseits verschmähter Küchen-Paria und würde gemeinsam mit der Dickmilch untergehen. 

Manche Speisen wurden umbenannt, obwohl sie keinen fettigen Namen tragen, sondern nur altbackene oder hässlich klingende. Die einst vergessene Rauke kam wieder in Mode, als sie unter dem italienischen Namen Rucola angeboten wurde. Und die Warzenente wird auf Speisekarten nur deswegen erwählt, weil sie dort Flugente oder – noch feiner - Barbarie-Ente genannt wird.

Aber zurück zur Dickmilch. Offenbar stehen mittlerweile alle Worte mit denen Gewichtszunahme assoziiert wird, auf einem gefühlten Index. Jugendliche, die ein gutes Gespür für solche Tabus habe, kreierten vor Jahren den Ausdruck „voll fett“  um Begeisterung für etwas auszudrücken. Aber irgendwie ist das inzwischen auch wieder aus der Mode gekommen. Und von der Hamburger Hip-Hop-Gruppe „Fettes Brot“ hört man auch nicht mehr allzuviel. Einzig beim Italiener gibt es nach wie vor Fettuccine. Mal sehen wie lange noch.

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Leserpost

netiquette:

Rudi Frühwirth / 08.06.2014

Wenn sie bei uns nicht Sauermilch sonder Dickmilch hieße, würde ich sie auch nicht kaufen. Die besoderns feine aus Kärnten heißt übrigens Acidophilusmilch.

Hajo Kowalski / 07.06.2014

Und auf der Suppe müssen jetzt wohl Schlankaugen schwimmen. Iihhh, bähh!

Eliyah Havemann / 07.06.2014

Es wird ja auch immer schwieriger einen Joghurt mit 3% Fett oder mehr zu finden, dabei schmecken Joghurts mit weniger einfach nicht und sollen sogar sehr ungesund sein, da das Fettersatzmittel da drin unangenehme Nebenwirkungen haben soll. Und die absolute Fettmenge, die man durch einen 1,5% Joghurt weniger zu sich nimmt ist lächerlich wenig.

Robert Bond / 07.06.2014

In Österreich hieß sie Buttermilch. Auch praktisch verschwunden. Wobei mir persönlich Joghurt auch immer lieber war. (mit ordentlich Fett, versteht sich!)

Gabriele Schulze / 07.06.2014

Ja!! Dickmilch, z.B. mit Schwarzbrot - gab’s früher, köstlich! Ich unterstütze den Aufruf!

Martin Lahnstein / 07.06.2014

Siebeck hat einst das Wort “Plumpsküche” erfunden. Wie schön, wenn eine Sprache für plumpe Dinge auch plumpe Worte hat, und wie traurig, wenn für die feine Variante das Wort fehlt. “Süppchen” bringt uns nicht weiter, gehen wir also wohin, wo sopa oder minestra auf der Karte steht.

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