Der ökoindustrielle Komplex mag keine Konkurrenz, die billigere Energie verspricht. Und deshalb muss alles weggebissen werden, was den staatlich geförderten Subventionssegen schmälern könnte. Erdgas, eine der umweltverträglichsten Formen fossiler Energie, steht schon lange auf der Abschussliste. Nein, nicht wenn es aus Putins Reich zu uns transportiert wird (oder vielleicht auch mal nicht), sondern wenn das Gas aus Deutschland kommt. Sozusagen aus regionalem Anbau.
Regionale Versorgung ist super, solange man es schafft, irgendwie die Silbe „öko“ oder „bio“ davor zu setzen. Aber wehe wenn das Wort „fossil“ ins Spiel kommt, da hört der achtsame Zeitgenosse sofort die Brunftlaute gefährlicher Dinosaurier, die die wertvolle Kultur-Landschaft umpflügen. Statt dessen wird sie nachhaltig mit Windrädern, Solarpanelfeldern oder Maisgasfabriken zugestellt. Motto: Regt euch nicht auf, einen Tod muss man halt sterben, Leute.
Spätestens seit dem Nonsens-Film „Gasland“, in dem Stichflammen aus Nachbars Wasserhahn lodern, hat jeder, der an eine Erdgasförderung in Deutschland denkt, den Zorn leicht entflammbarer Wutbürger an der Backe. Das ist eine Folge jahrelanger medialer Desinformation. Wissenschaftler, die über Expertise auf dem Gebiet verfügen, wurden vorsichtshalber kaum in die Berichterstattung einbezogen. Und auch die Tatsache, dass die Wasserqualität aktuell nicht etwa durch Schiefergasgewinnung beeinträchtigt wird, sondern durch Lecks in Biogasanlagen, die ganze Bachläufe vergiften und zahlreiche Fischsterben verursachten bleibt unerwähnt. Das passt nicht ins bierseelige Klischee vom guten Landleben und Biotechnik.
Dabei wären gerade Gaskraftwerke besonders gut geeignet, Windkraftanlagen zu ergänzen, weil sie, wenn der Wind nicht weht, besonders schnell hoch - und danach auch wieder runter - gefahren werden können. Außerdem verbrennt Erdgas viel schadstoffärmer als beispielsweise Kohle. Nun geht die Erdgasgewinnung in Deutschland allmählich zurück, weil die konventionellen Vorräte knapp werden. Statt dessen springt faktisch der Genosse Wladimir aus Moskau ein, der bei der nächsten Krise nur ein bisschen am Gashahn drehen muss und schon machen die Deutschen brav Männchen.
Mit der Förderung inländischen Schiefergases könnte der Rückgang der Erdgasgewinnung in Deutschland nun abgefedert werden. Die Methode der Wahl hört auf den im Deutschen unschön klingenden Begriff „Fracking“. Hydraulic Fracturing wird bereits seit fünf Jahrzehnten in Deutschland ohne umweltrelevante Probleme in Sandsteinen unterschiedlicher geologischer Formationen durchgeführt, was bis vor kurzem aber niemandem aufgefallen ist. Es ist ja auch nie was böses passiert. Dass dies auch weiterhin so gehandhabt werden könnte, ergaben bislang sämtliche relevanten Studien, die zu dem Thema angefertigt wurden.
Fast alle in der Öffentlichkeit diskutierten potentiellen Gefährdungen werden von den Wissenschaftlern in das Reich der Phantasie verwiesen. Doch die entwarnenden Studien sind im deutschen Umwelt Juste Milieu so willkommen wie ein Besuch des Marders im Hühnerstall.
Als eine im Auftrag des Umweltbundesamtes erstellte Studie zu dem Ergebnis kam, Fracking sei hierzulande durchaus verantwortbar, log Maria Krautzberger, die Amtsleiterin höchstpersönlich, das Ergebnis in einer Pressekondferenz um.
Vor ein paar Tagen erschien nun eine weitere Studie der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) die zu der eindeutigen Aussage kommt: Trinkwasserschutz und Fracking sind vereinbar.
Spätestens jetzt müsste derjenige, der sich als Amtsleiter oder Politiker auf die Forschung beruft, stante pede einen gesetzlichen Rahmen für das Fracking gestalten, in dem dieses Verfahren zugelassen werden kann. Stattdessen belegt man es mit einem faktischen Moratorium, dessen Ende noch nicht absehbar ist. Es gibt nach 5 Jahren Diskussionen immer noch keinen neuen Rechtsrahmen, trotz erneut positiver Studie. Die Folgen sind verheerend: weiterer Rückgang der Fördermengen, steigende Importabhängigkeit bei einem der wichtigsten Energieträger im Energiemix, Arbeitsplätze und Know-how gehen bereits verloren.
Es ist weiterhin offen, wann der Bundestag das Thema auf die Tagesordnung setzt. Zuletzt ist es vor der Sommerpause wieder runtergeflogen, seitdem folgt eine Sitzungswoche auf die andere und im März startet die Landtagswahl-Saison - und da wird sich keiner mit dem Thema Frackiing in die Nesseln setzen wollen. Ohne nachvollziehbaren Grund ist die Politik weiterhin bestrebt, die Möglichkeiten zur Durchführung des “Hydraulic Fracturings” komplett einzuschränken.
Das heißt, dass die inländische Erdöl-Erdgasindustrie wegen der seit inzwischen 5 Jahren anhaltenden Debatte um ein bewährtes Verfahren, keine Planungssicherheit für Investitionsentscheidungen mehr hat. Dieser Umstand hat zur Folge, dass seit fast vier Jahren keine Frackmaßnahme in Erdgaslagerstätten mehr durchgeführt wurde und Anträge nicht bearbeitet werden, obwohl sich die Gesetzeslage nicht geändert hat. Dadurch hat sich der seit etwas mehr als 10 Jahren zu verzeichnende Förderabfall beschleunigt.
Anberaumte Projekte wurden auf Eis gelegt oder sogar komplett in den Orkus geworfen, so dass inzwischen Bohrkontraktoren wie die im niedersächsischen Celle beheimatete ITAG Kurzarbeit einführen mussten oder bei Mitbewerbern wie der KCA Deutag Kurzarbeit ansteht. Hinzu kommt, dass sich der Erdgas-Eigenversorgungsanteil von einst 20 Prozent auf jetzt lediglich nur noch 10 Prozent weiter verringern wird.
Das vorgesehene Gesetzgebungspaket enthält schon jetzt Anforderungen und Einschränkungen, die weltweit die schärfsten sein dürften und nicht vergleichbar sind mit dem, was anderen Industrien auferlegt wird. Und dennoch geschieht auf politischer Ebene nichts. Praktisch werden aber Fakten geschaffen und eine weitere Industrie mit wertvollem Know-how aus Deutschland vertrieben.
Kurz zusammengefasst heißt das: Bei der für den Industriestandort Deutschland enorm wichtigen Energiefrage orientierten sich die Verantwortlichen nicht mehr an der Wissenschaft.