Ich bin sehr gespannt auf diese Ausführungen. Vielleicht gehen die Experten auch einmal auf den Beitrag des Dr. Jobst Landgrebe “Das Getöse über Cyborgs und transgene Übermenschen” hier vom 24 Oktober ein. Dort wird der menschliche Wille zu dem Agens erklärt, mit dem sich maschinelles und menschliches Handeln in letzter Instanz klar unterscheiden lassen. Die Ansicht teile ich nicht, der Wille des Individuums ist in meinen Augen etwas, das man nur in das Handeln hinein interpretieren kann. Er ist weder auf der Stirn geschrieben, noch aus mündlich oder schriftlich gemachten Aussagen zu erkennen. Sogar das handelnde Subjekt selber tut häufig etwas, von dem es hinterher behauptet, das nicht gewollt zu haben. Und noch darüber hinausgehend kann man den Einfluss des Beobachters auf die Beurteilung nicht völlig ignorieren. Wenn das Phänomen Wille so einfach wäre, wie dargestellt und so absolut, dann hätten die Kriminalisten in der heutigen Zeit sicher viel weniger Mühe, die Wahrheit heraus zu finden. Und auch die Psychologen und Therapeuten hätten es leichter. Dieses in das Handeln hinein interpretieren ist aber eine Ebene, wenn man will eine Meta-Ebene, die sich genau in derselben Weise auf das Agieren von Maschinen anwenden lässt. Und zwar nicht nur auf futuristisch gedachte KI und Cyborgs, sondern auch auf einfachste Konstruktionen. Beispielsweise “verhält” sich die ansonsten völlig tote Straße, auf der Sie nach der Arbeit mit dem Auto nach Hause fahren wollen, mit ihren Verkehrszeichen und Ampelanlagen so, dass Sie das exakt richtige Verhalten von Ihnen fordert, wenn Sie wirklich zu Hause ankommen wollen und nicht irgendwo in einem Problemviertel. Auch das Auto, das ja nichts anderes ist als eine Maschine, verlangt dieses sehr konkrete zielgerichtete Verhalten von Ihnen. Das ist nicht ein Wille, wie wir ihn trivial betrachten, aber es ist homolog interpretierbar genau, wie der Wille eines Menschen aus Fleisch und Blut mit Gefühlen und Intelligenz.
Warum müssen neue Begriffe wie “telisch” und “antitelisch” eingeführt werden? Es gibt doch die deutschsprachigen Begriffe “zielführend” und “nicht-zielführend”. Aus meiner Sicht entwertet das den Inhalt des Artikels - habe ich an meinem Arbeitsplatz in einem DAX-Unternehmen genügend Kollegen erlebt, welche mit tollen Begriffen, nicht zuletzt aus dem Englischen oder Denglischen, ihre Inkompetenz überdecken wollten…
Ich habe den Eindruck, Evolution wurde hier nicht richtig verstanden. Sie bereitet niemanden auf irgendwas vor. Sie ist nicht zielgerichtet und versucht nichts zu verbessern. Es geht um Anpassung, um Überlebenschancen und darum, Nachkommen zu erzeugen.
Solche Texte sind natürlich sehr wertvoll. Allein: Innerhalb der „Eliten“ ist man sich des Inhalts wohl bewusst, handelt aber nicht danach, sondern verfolgt lieber seine höchstpersönlichen Interessen auf Kosten der Allgemeinheit. Und in der breiten Masse sind die Wenigsten willens und in der Lage, sie nicht nur zu verstehen, sondern auch ihr Wahlverhalten daran auszurichten. So bleibt das verdienstvolle Werk der Autoren in ähnlicher Weise von rein akademischem Interesse wie sein Vorgänger „Die Logik des Mißlingens. Strategisches Denken in komplexen Situationen“ (Rowohlt, 1989).
Komplex-dynamische Systeme umgeben den “Homo sapiens” in seiner Geschichte. Insofern ist die Evolution wahrscheinlich nicht schuld, wenn er diese heute “antitelisch” beantwortet. Das Problem erscheint mir vielmehr schon in der Überschrift beschrieben; “Guter Wille” ist keine Voraussetzung für den erfolgreichen Lösungsansatz, unabhängig davon, ob simples System, komplexes System, linear oder nichtlinear. Für alle diese Fälle gibt es erprobte Ansätze für Näherungslösungen in den mathematisch-naturwissenschaftlichen Disziplinen, die zumindest verhindern, dass das Gegenteil der angestrebten Zielstellung herauskommt. Diese erfordern aber die laufende, vorurteilsfreie Beobachtung der Entwicklung des Systems sowie den Willen, auftretenden Fehler zu korrigieren. Dies erscheint mir das vordringlichere Problem: Verstärkt durch gesellschaftliche Gruppen mit “guten Willen” nicht erkennen zu wollen: Lemma Eins ist falsch!
Ich bin auf die Fortsetzung dieser Reihe sehr gespannt. Während meines Studiums hatte ich mich mit UFO (Unternehmensforschung) beschäftigt. Dort befasst man sich mit linearer und nicht-linearer Optimierung und lernt schnell, dass vernetzte Systeme immer nur insgesamt ein Optimum haben können. Daraus folgt das die einzelnen Bestandteile solcher Systeme häufig nicht ihr (isoliertes) Optimum erreichen können. Der Mensch denkt aber nun mal linear. Politiker denken nicht nur linear (ja - ich gestehe ihnen durchaus die Zugehörigkeit zur menschlichen Rasse zu) sondern auch in Horizonten, die - zumindest bei den meisten - eine auffällige Korrelation mit Wahlperioden zu haben scheinen. Hinzu kommt, dass sie häufig nur einen Teil des Systems optimieren wollen (weil sie glauben, das dies im Interesse ihres Klientel ist). So ist ein (Gesamt-)Optimum schwerlich zu erreichen. Wen das Thema interessiert, dem sei Dietrich Dörner’s “Die Logik des Misslingens” empfohlen.
Gratuliere, er hat als Sprachwissenschaftler TELISCH und ANTITELISCH erfunden. Damit lässt sich herrlich schwurbeln. Warum fabuliert er politisch-kybernetisch und bleibt nicht bei dem, was er auch noch gelernt hat, der Anglistik?
Super Artikel. Aber, nein, das Fahrrad ist kein komplexes System. Eben nicht.
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