Erdogan nimmt das Vorbild für sein Gesellschaftsmodell aus der osmanischen Vergangenheit: Millets, das waren bei den angeblich toleranten Despoten der Osmanen die souveränen Glaubensgemeinschaften, die dem Sultan tributpflichtig waren, aber sonst nach ihren eigenen Gesetzen lebten. Eine institutionalisierte Parallelgesellschaft. Wenn er sagt, “Assimilation ist eine Schande für die Menschheit”, meint er: Ihr müsst euch von der unreinen, ungläubigen deutschen Gesellschaft fernhalten, lernt Deutsch, damit ihr euch etwas holen könnt, aber passt euch nicht an. Mit seiner Betonung der kulturellen, religiösen Differenz verhöhnt Erdogan die vielen Türken, die in dieser Gesellschaft angekommen sind, hier Karriere gemacht, vielleicht sogar einen deutschen Partner geheiratet haben, als schändlich. Er spaltet damit die Türken, weil er ausgrenzt. Dabei ist Assimilation, wie Zafer Senocak im Tagesspiegel schrieb, ,,die Voraussetzung für eine moderne Zivilisation”. http://www.fr-online.de/in_und_ausland/kultur_und_medien/feuilleton/?em_cnt=1296486