Bertha Stein, Gastautorin / 08.04.2018 / 06:23 / Foto: Pixabay / 38 / Seite ausdrucken

Narzissten für Deutschland!

Von Bertha Stein.

Déjà-vu in Deutschlands Kinderzimmern: Die Bundesregierung tobt sich auf der Spielwiese aus und lässt die echten Alltagsprobleme nonchalant links liegen. Stattdessen werden Frauen in die Rolle der karriereorientierten, kinderwerfenden Gebärmaschine gezwängt. 

 „Laßt uns pflügen, laßt uns bauen, lernt und schafft wie nie zuvor, 
und der eignen Kraft vertrauend, steigt ein frei Geschlecht empor. … .“ 
(„Auferstanden aus Ruinen“, 3. Strophe, Nationalhymne der DDR) 

Wie damals wird überall von Fachkräftemangel gesprochen, Wohnungen werden hart erkämpft und Bildung wird als „die“ Allzweckwunderwaffe im Kampf gegen Armut angepriesen. Die SED ist hinterrücks wieder „auferstanden aus Ruinen“. Das Akronym steht aber nicht mehr für „Sozialistische Einheitspartei Deutschland“, sondern für „Sozialistischer Einheitsbrei Deutschlands“. 

Den rötlichen Brei bekommen schon die Kleinsten, wobei Hipp oder Alete nicht gemeint sind. Vielmehr geht es um die ausgelutschten Forderungen der letzten Jahre, die, dem Zeitgeist entsprechend, diskursiv und trendig zum „Smoothie“ püriert werden. Neben „Bildung für alle“ ist das die „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“. Schön und gut. Dumm nur, dass im „Bildungssmoothie“ keine Bildung steckt. 

Wohin uns etwa der hoch angepriesene Akademisierungswahn führte, sehen wir: Es gibt zu wenig junge Leute, die eine Ausbildung beginnen. Konsequenz: Leere Ausbildungsplätze und Fachkräftemangel. Umgekehrt gibt es immer weniger ihren Qualifikationen entsprechende Stellen für Akademiker. Die Bildungsinflation ist in vollem Gange. 

Melange aus Mitleid und Hochmut

Stattdessen wird fleißig debattiert, ob nicht bald Kindergärtnerinnen einen universitären Abschluss benötigen. Ist es nur eine Frage der Zeit, wann es den Master of Science „Room Management“ – herzlichen Glückwunsch zur diplomierten Putzfrau! – geben wird? Hätte die Masterarbeit neben einem Theorieteil à la „Das konstitutive Verhältnis des putzenden Subjekts zum Objekt am Interface zwischen digitaler und analoger Lebenswelt“ auch eine praktische Übung wie „Anwendung gelernter Putztechniken im privaten Raum“?

Fragen über Fragen, von denen man zu erschlagen werden droht. Aber die Verve für diese Thematik hat sich mittlerweile gelegt. Stattdessen liebäugeln unsere Geschmacksknospen mit den „Smoothies“ der „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ und der „geschlechtlichen Gleichstellung“. So werden im universitären Bereich bei der Einstellung Frauen systematisch gegenüber Männern bevorzugt. Die Zusage von Forschungsgeldern wird von der Anzahl der beteiligten Forscherinnen am beantragten Projekt abhängig gemacht. Je mehr Frauen in einer Forschergruppe oder nur eine weibliche Antragstellerin, desto besser sind die Chancen. Forschungsgelder zu erhalten. 

Mit geschlechtlicher Gleichberechtigung hat das nicht viel zu tun. Nicht nur, weil offensichtlich Männer benachteiligt werden, sondern auch, weil Frauen in das Korsett des Berufs und der Karriere geradewegs hineingezwängt werden. Wer in erster Linie arbeitende Mutter und nicht gebärende Karrierefrau werden möchte, hat immer schlechter werdende Karten. Karriereorientierte, kinderwerfende Gebärmaschinen werden produziert, echte Mütter in die alleinige Mutterrolle gedrängt und im Fall der Fälle als alleinerziehende Mütter an die Ränder der Gesellschaft verbannt. 

Entscheidet man sich als Frau bewusst gegen das zu eng geschnürte Korsett der Arbeit, peitscht einem eine pseudoemanzipierte, feministische Melange aus Mitleid und Hochmut entgegen. Voller Naivität stürze man sich in die klassische Ehe und mache sich somit abhängig – was einer Unterdrückung gleichkäme. Deswegen solle man emanzipiert sein, ein anderes Wort für arbeitswütig. Oder mütterlich-naiv formuliert: in einem Treueschwur mit seiner Arbeit leben, dafür aber mit salonfähigem Korsett. 

Wir sprechen von einer Narzissmusepidemie

Schaut man also genauer hin, zeigt sich in dieser diffusen Formel „Familie + Beruf = Vereinbarkeit“ ein verfeinertes Rezept realsozialistischen Gedankenguts, in der anscheinend die Zutat des Mutter- oder Vaterseins einen geschmacklichen Störfaktor darstellt. Augenscheinlich bedarf es nach heutigen Vorstellungen dieser Attribute nicht unbedingt für die freie Persönlichkeitsentwicklung. 

Stattdessen wird die staatliche Erziehung weiter ausgebaut. Die Kleinen kommen am besten so früh wie möglich in die Krippe, danach ganztags in die KiTa und abschließend in die Ganztagsschule. Gebärmaschine und Zündschlüssel erfüllen im wahrsten Sinne des Wortes ihre gesellschaftliche Funktion. Sie sollen Vollzeit arbeiten, ob sie es wollen oder nicht. Arbeitsstellen, die ein familienartiges Leben ermöglichen, sind Mangelware. 

Dass diese neue aufoktroyierte Form staatlich organisierten Familienlebens massentauglich gemacht wird, bleibt außen vor. In einer Zeit, in der Flexibilität und Mobilität als das non plus ultra gelten, wird Vertrauen aber um so wichtiger. Zu sich, zu anderen und der Welt. Ohne sichere Bindung, ohne elterliches Urvertrauen können keine echten und tiefgründigen Beziehungen eingegangen werden. Schon jetzt sprechen wir von einer Narzissmusepidemie. 

Das mag für den ein oder anderen ein durchaus attraktiver Lebensentwurf sein. Aber im Zuge der individuellen Emanzipation sollte er eine mögliche unter mehreren Alternativen werden, für oder gegen die man sich bewusst und unabhängig vom Geldbeutel entscheiden kann. Erst das wäre tatsächlich gemeinte „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“, erst das wäre echte weibliche und männliche Emanzipation. Der „Sozialistische Einheitsbrei Deutschlands“ will es aber anders.

Bertha Stein ist wissenschaftliche Mitarbeiterin und lebt in der Nähe von Frankfurt.

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Jürgen J. G. / 08.04.2018

Immer wieder bin ich über das faktische Nichtwissen von sog. Experten erstaunt. Auf die Frage wieviel Parteien haben in der BRD Außenminister gestellt, kam die Antwort eines aus Funk und TV bekannten Historikers Vier. Er hatte die Nr. 5 von den Grünen nicht auf dem Schirm. Diese Quizsendung zu bester Sendezeit brachte auch bei anderen Experten erhebliche Lücken im Allgemeinwissen zu Tage. Deutschland verblödet, wer soll bloß in Zukunft Deutsche Wertarbeit produzieren die am Weltmarkt verkaufbar sein muss. Zur Zeit spielt unsere “Politelite” Lottomilliardär. Wer hat noch nicht, wer will nochmal.

Jürgen Althoff / 08.04.2018

@Heiko Stadler: Die zuwandernden “Goldstücke” kommen aus Ländern, in denen der durchschnittliche IQ zwischen 83 (Eritrea) und 85 (Türkei und Umgebung) beträgt. Leider bewirkt das Überqueren der (gedanklichen!) deutschen Grenze keinen Intelligenzsprung in Richtung auf den deutschen Mittel-IQ von ca. 100, auch nicht in der zweiten oder dritten Generation. Und Kinder mit solchen Voraussetzungen bilden in immer mehr deutschen Schulklassen die Mehrheit. Da die Verantwortlichen das wissen, ist die beschlossenen Nicht-Teilnahme an PISA ein Stück staatlich gewollter Desinformation über den wahren Bildungsstand im Lande und die daraus abzuleitenden trüben Zukunftsaussichten.

Christoph Kaiser / 08.04.2018

Ich werde den Eindruck nicht los, daß sich Frauen oft in diesen Fragen selbst den Dolch in den Bauch stoßen: Will heißen, Frau in politischer Position macht Vorstoß zum Thema allein auf Grundlage Ihres eigenen Werdeganges. Und dieser soll dann als Allheilmittel gelten! Aber vielleicht bilde ich mir das nur ein…..

Thilo Mühlberger / 08.04.2018

Zustimmung zu dem Artikel. Ich vermute, der Hintergrund liegt weniger in der Verfügbarkeit und Flexibilität von Frauen als Arbeitskräfte, sondern in der beabsichtigten Zerstörung der Familie an sich. Denn eine Familie, und darunter verstehe ich die biologische Familie, ist eine Gruppe basierend auf dem natürlichen Zusammenhang der biologischen Verwandtschaft. Man darf nicht vergessen, dass die Freiheit in freier Entscheidung zu heiraten für die meisten Menschen eine Errungenschaft des späten Jahrhunderts ist, vorher musste immer irgendwer (Feudalherr, Dienstherr, Arbeitgeber, ...) um Erlaubnis gefragt werden. Die Ehefreiheit wurde erst 1876 eingeführt. Auch die Vereinigungsfreiheit und die Koalitionsfreiheit ist ein Kind der zeiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, also das Recht, in weitesten Sinne selbst Gruppen bilden zu können. Freie, unkontrollierte Gruppenbildungen von Untertanen ist Herrschenden immer missliebig. Das ist aus meiner Sicht der eigentliche Grund, warum kollektive Ideologien u. Systeme die Familie an sich, die Bindung untereinander, die Weitergabe von Wissen, usw. zerstören wollen, denn eine Familie ist eine natürliche Gruppe. Unter kollektiven Systemen u. Ideologien sind nicht nur alle Linken zu verstehen, auch auf der anderen Seite wie z.B. im Nationalsozialismus wurden die Kinder in die nationalsoz. Früherziehung hineingedrängt. Heutzutage geschieht das nicht nur mit Hilfe von Krippen, sondern auch auf anderen Wegen. “Familie ist da, wo Kinder sind.” wird heutzutage staatlicherseits propagiert, statt “Familie ist da, wo Kinder mit ihren Eltern sind.” Oder: Ein Wechselmodell oder ein Wegziehverbot für den Elternteil wo das Kind lebt über einen Radius von xx km hinaus nach Trennung oder Scheidung, wie es es in anderen europäischen Staaten gibt, gibt es hier nicht. Oder: Die beabsichtigte Herausnahme von Kindern durch das Jugendamt bei sog. “islamistischen” Gefährdern , um sie umzuerziehen. Der Zugriff des Staats auf die Kinder ist totalitär

Jan Grünert / 08.04.2018

Wenn schon die DDR bemüht wird, da hätten in der DDR ja alle Narzisten sein müssen. Ich denke das Problem liegt eher auf der Ebene: fehlende Erziehung. Familiär werden kaum Grenzen gesetzt, Kinder sind jetzt “Partner”, und in Kindergärten und Schulen können die familiären Defizite nicht kompensiert werden, falls diese überhaupt etwas eingefordert wird. Und mittlerweile Leben wir in Zeiten, wo Leistung nur noch über Spaß funktioniert, Selbstvermarktung an oberster Stelle steht und feste Beziehungen häufig nur noch über On-Off-Likes-Sozial-Media-Apps zur Beliebigkeit verkommen. Und da sollen keine Narzismus erblühen?

Bärbel Schneider / 08.04.2018

Mütter, die nur zu Hause sind, zahlen keine Steuern. Möglichst viel Steuern zu erhalten, um seine ideologischen Wahnideen finanzieren und bestimmte Wählerschichte mit kleinen “Geschenken” bestechen zu können, ist aber das Hauptziel dieser Regierung, nicht die Sicherung der Zukunft unseres Volkes. Wenn es keine Deutschen mehr gibt, importieren wir eben mehr Afrikaner, denken sie. Wenn unser Land dadurch ein Dritte-Welt-Land geworden ist, sind sie längst nicht mehr im Amt. Dazu kommt, dass es durch den 68er-Selbstverwirklichungswahn auch immer mehr bindungsunwillige Männer gibt, immer mehr Männer also keine Verantwortung mehr übernehmen wollen, sondern “Lebensabschnittspartnerinnen” suchen, die man schnell ablegt, wenn es durch Kinder o. ä. anfängt, anstrengend zu werden. Wenn Frau oder Mann also nicht durch eine Scheidung mit den Kindern auf Sozialhilfe angewiesen sein will, bleibt auch Frauen nichts anderes mehr übrig, als einen Beruf auszuüben, mit dem sie sich und die Kinder notfalls auch allein durchbringen können.

Stefan Leikert / 08.04.2018

Der Artikel/Text ist für mich völlig in Ordnung. In diesem Fall irritiert mich ein wenig das Foto im Zusammenhang mit dem Wort Narzissten. Eine sehr schöne (nach meinem Geschmack), junge Frau, die zum einen offensichtlich kein selfie macht, sondern den Brunnen, die Leute fotografiert, und zum anderen jemanden (wohl ein junger Mann) neben sich sitzen hat, der sich abgewandt hat. Wer ist da narzisstisch? Was ist die Verbindung?

Ulla Smielowski / 08.04.2018

Das was Sie schreiben kann ich voll unterstreichen… Wehe wenn eine Journalistin, z.B. Eva Herman, betont wie katastrophal es für Kinder sei, schon früh in die Krippe gegeben zu werden.. Ich kenne Fälle, wo eine Juristin ihr Kind schon mit drei Monaten einer anderen Person anvertrauen will.. Das bedeutet für ein so kleines Kind aber absoluten Streß.. Weshalb bekommt denn jemand ein Kind? Damit es von anderen geprägt wird? Die Frauenquote finde ich auch nicht so originell, weil ich immer noch davon ausgehen möchte, dass der oder die Bessere den Job bekommt. Aus welcher Ecke kommen denn überhaupt diese komischen Argumente..?

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Bertha Stein, Gastautorin / 19.03.2020 / 06:00 / 117

Die Weltfremdheit der Coronaromantiker

Seit Corona unser Leben bestimmt, ist die Welt ein wenig besser geworden. Anstelle all der rücksichtslosen Eigennützigkeit und der spalterischen Meinungsauseinandersetzungen dominieren Besinnung und Solidarität…/ mehr

Bertha Stein, Gastautorin / 18.03.2020 / 17:00 / 18

Berlin plant! Ist das Covid-19-Krankenhaus schneller fertig als der BER?

Berlin plant, ein Covid-19-Krankenhaus für bis zu 1.000 Patienten aufzubauen. Wenn die Planung und der Bau so lange dauern sollten wie beim neuen Flughafen BER, dann existiert die…/ mehr

Bertha Stein, Gastautorin / 02.03.2020 / 10:00 / 47

Der Journalismus, das Virus und das Klima

Alle reden über das Corona-Virus, nur die Tagesschau nicht. Die Verbreitung des Virus war der Hauptsendung am Sonntag Abend um 20 Uhr gerade mal 9…/ mehr

Bertha Stein, Gastautorin / 01.02.2020 / 16:00 / 10

Die Kunst der Kommunikation in Zeiten der Haltung

Paul Watzlawick ist den meisten als Kommunikationstheoretiker bekannt. Insbesondere das erste seiner 5 Axiome der menschlichen Kommunikation „Man kann nicht nicht kommunizieren“ verbinden viele mit…/ mehr

Bertha Stein, Gastautorin / 16.10.2019 / 12:00 / 26

Parlamentswahl in Polen: Erfolgsrezept Sozialpolitik

Klassische sozialdemokratische Themen haben Konjunktur. Das zeigt der Erfolg rechtsnationaler Parteien, wie etwa der Wahlerfolg der polnischen PiS-Partei. Sie gewann ihre Wähler hauptsächlich mit sozialen…/ mehr

Bertha Stein, Gastautorin / 11.10.2019 / 06:00 / 48

Journalismus: „Gala“-Berichterstattung für Intellektuelle

Der deutschen Medien Lieblingsthema sind wohl die Klima-Girls Greta, Luisa und Carola. Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht nicht über Greta Thunberg, ihre deutsche…/ mehr

Bertha Stein, Gastautorin / 08.08.2019 / 14:00 / 81

„Die Demokratie ist weiblich“

… und „die“ Dummheit unendlich, Sebastian Krumbiegel. Mit dem Lied „Die Demokratie ist weiblich“ feiert sich die politisch korrekte Weiblichkeit selbst. Dass die Bundeszentrale für…/ mehr

Bertha Stein, Gastautorin / 22.06.2019 / 06:10 / 92

Grüne und AfD: Das deutsche Herz schlägt türkis

Kennen Sie folgenden Witz? „Wie nennt man einen Grünen?“ „Genau, Biotonne!“ Zugegeben, der Witz ist veraltet, stammt aus Tagen, da waren Tribaltätowierungen „in“ und Birkensandalen…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com