Claudio Casula / 29.11.2013 / 15:40 / 3 / Seite ausdrucken

Mit Sylvie über den Dom zu Kant

In einer Stadt, die jeglicher halbwegs glamourösen Bussi-Bussi-Szene entbehrt, müssen Tratschreporter nehmen, was sie kriegen können. Und wenn es eine holländische Spielerfrau mit der Ausstrahlung eines Blumenkübels in der Tempo-30-Zone ist.

Man kann ihr nicht mehr entkommen. Nicht als Hamburger. Jeden Tag, den der Herr werden lässt, feixt sie einen dümmlich aus der Boulevardzeitung an: Sylvie van der Vaart, demnächst wieder Meis. Und man kommt aus dem Staunen nicht heraus! Sylvie geht mit ihrer neuen besten Freundin in den Park. Sylvie fährt mit ihrem Sohn Autoscooter auf dem Dom (für Nichthanseaten: das ist eine Kirmes) und amüsiert sich wie Bolle. Sylvie steckt einem Clochard am Jungfernstieg grinsend einen Fünf-Euro-Schein in den Hut. Und der Fotograf ist immer dabei. Der Ex-Spielerfrau ist einfach nichts peinlich. Schon gar nicht ihr Intimleben.

Da war dieser Franzose, mit dem sie nach der Trennung von Rafael van der Vaart ein Verhältnis hatte, und der später recht uncharmant öffentlich kundtat, sie lasse sogar das Teewasser anbrennen, sei ohne ihre Assistentin völlig hilflos und überhaupt sei es „sehr langweilig“ mit ihr gewesen. Da war aber auch dieser niederländische Pilot, mit dem sie vor der Trennung von Rafael van der Vaart ein Verhältnis hatte. Natürlich nur, um ihr nach einer Operation schwer angekratztes Selbstbewusstsein wieder aufzumöbeln. Ein Tänzer war da wohl auch noch. Und ein Bodyguard, aber das ist vielleicht nur ein Gerücht, wie das von dem furchtbaren Unfall im Solarium.

Doch zurück zum Piloten. Der hat sich mit Sylvie - die mit Barbie zu vergleichen fies und ungerecht ist, weil die Mattel-Puppe viel natürlicher wirkt – gar nicht gelangweilt, sondern nach eigener Aussage „viel per Mail ausgetauscht über das Leben, Philosophie und unsere Jobs.”

Über Philosophie also! Bisher dachte man ja, dass Sylvie vdV Leibniz eher für einen Butterkeksfabrikanten hielte und Popper für… äh: Karottenjeans und Kaschmirpulli tragende 80er-Jahre-Teenager. Stattdessen kann man sich mit ihr offenbar prechtig über Philosophie unterhalten. War dieser Kalauer jetzt zu billig? Wie auch immer: Die NSA wird sich für Sylvie und den Piloten der Koninklijke Luchtvaart Maatschappij nicht interessieren, aber man selbst hätte da zu gern mitgelesen. Könnte so gewesen sein:

„Moment, Liebster, nach Kant sind die Bedingungen der Möglichkeit der Erfahrung überhaupt zugleich Bedingungen der Möglichkeit der Gegenstände der Erfahrung und haben darum objektive Gültigkeit in einem synthetischen Urteile a priori!“, hackt Sylvie in die Tastatur (oder diktiert es ihrem Sänftenträger, ersatzweise dem als Untermieter bei ihr einquartierten Pressefotografen). Woraufhin der Pilot zurückmailt: „So ist es! Analytische Urteile sind ja diejenigen, in welchen die Verknüpfung des Prädikats mit dem Subjekt durch Identität gedacht wird! Wir sehen uns dann um Mitternacht im Hilton. ;-)“

Ein idealer Ort für tiefschürfende philosophische Gespräche. Mit Glück erfahren wir demnächst Details durch Zeitung oder TV-Magazin, vielleicht zwischen zwei Homestories über eine peinvolle Magen-Darm-Geschichte und die pfiffige Teilnahme am Brunch zum Kinderpreis, weil man mit 1,58 m locker unter der Messlatte durchgehen kann. Und was den Niveaulimbo betrifft, macht unserer Sylvie ohnehin keiner was vor. Andererseits: So passt sie doch beängstigend gut in unsere Medienlandschaft.

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Leserpost

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Ronald M. Hahn / 30.11.2013

Ich weiß noch, wie ich 1977 am Tresen meiner Stammkneipe erzählte, Ingrid van Bergen hätte jemanden erschossen, und mein Nachbar, 4-5 Jahre älter als ich, sagte: “Wer ist Ingrid van Bergen?” Ich konnte seine Unwissenheit damals überhaupt nicht verstehen, zumal Ingrid nicht irgendeine hübsche Hülse war, sondern eine gestandene Schauspielerin. Heute finde ich mich, wie Frank H. Müller, täglich mehrmals in der gleichen Situation wieder: Irgendwelche Nasen, die mir als “Stars” verkauft werden, tun Dinge, die keinen Schwanz interessieren, aber TV und Tintenkulis glauben, all das müsste mir dennoch mitgeteilt werden. Meine Oma (geb. 1992) wusste 1965, wer die Beatles waren, weil die eben echte Stars, und weil Stars nur die Leute sind, die wirklich jeder kennt. Nicht so Pappnasen, die schon im Baskenland keiner mehr kennt.

Frank Holbers / 30.11.2013

Hahaha, Herr Casual ... jetzt sind auch Sie darauf reingefallen! Dieses ‘Silvie van der Vaart’ gibt es doch garnicht wirklich, das ist eine Kunstfigur - genau so wie die ‘Barbie’. Das fällt doch gleich auf, wenn man sich dieses völlig ausdruckslose Gesicht ansieht.

Frank H. Müller / 29.11.2013

Oder man schaltet keinen Fernseher ein und liest einfach keinen Tratsch. Ich habe nicht den blassesten Schimmer wer Silvie van der Vaart ist und von Rafael van der Vaar hab ich ebenfalls noch nie gehört. Fernseher rauswerfen, kein Boulevard, Panorama und Sportteil lesen, dann bleibt das Hirn vollkommen frei von solcherlei Verschmutzung.

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