Die abgelaufene Woche endete mit einer strafrechtlichen Überraschung. Thomas Middelhoff wurde im Gerichtssaal festgenommen. Seit Freitag sitzt der gefeierte Blender in U-Haft. Wenn das Urteil, das das Landgericht Essen wegen Untreue und Steuerhinterziehung verhängte, rechtskräftig wird, folgen bald schon drei Jahre hinter Schloss und Riegel. Die Strafe wurde nicht zur Bewährung ausgesetzt.
Außer dem Delinquenten und seinen Anwälten will dagegen kaum jemand protestieren. Das Mitleid hält sich in Grenzen; das Urteil wird allgemein als gerecht empfunden. Viele werten es sogar als ein Zeichen der Umkehr. Vorbei, hieß es, in den Tagesthemen der ARD, vorbei seien die Zeiten, da sich die Bosse scheinbar alles erlauben durften, wenn es um den Erfolg ging, um ihren persönlichen oder um den ihrer Unternehmen. Uli Hoeneß habe das ebenso zu spüren bekommen wie nun Thomas Middelhoff, dem die Veruntreuung von insgesamt 800.000 Euro zur Last gelegt wird.
Eine Riesensumme für unsereinen - ein Klacks, vergleicht man es mit den Milliarden, die unsere Politiker ungestraft verschleudern, aus Dummheit, aus Geltungssucht oder schlichtweg, um sich mit Zuwendungen an des Volk für die nächste Legislaturperiode abzusichern. Die Beispiele sind sattsam bekannte vom Berliner Großflughafen, mit dem sich Klaus Wowereit verewigen wollte, über das dümmlich verursachte Millionen-Debakel am Nürburgring bis zur wahltaktisch inszenierten Rentenreform der Groko. Von dem, was Schäuble, Merkel, Gabriel, Schulz, Junker, Draghi et tutti quanti in den europäischen Sand setzen, wollen wir erst gar nicht reden.
Nun stecken sich die Politiker das Geld, das sie dem Bürger mit Steuern oder währungspolitischen Tricks abknöpfen, nicht direkt in die eigene Tasche. Das kommt zwar auch vor, ist aber hierzulande noch nicht die Regel. Doch läuft es ebenso auf Betrug und Veruntreuung hinaus, wenn sie das Vermögen der Gesellschaft zum Vorteil der Parteien verschleudern, von denen sie leben. Mit der Rentenreform, die sie vom Zaun brach, hat Andrea Nahles Propaganda für ihre Partei, die SPD, gemacht, nichts sonst.
Dass das Ganze volkswirtschaftlich nicht zu verantworten ist, dass es an politische Geisterfahrerei grenzt, wenn man in einer älter werdenden Gesellschaft die Verkürzung der Lebensarbeitszeit propagiert und prämiert, musste sich die Große Koalition eben erst wieder von den Wirtschaftswaisen sagen lassen.
Die Kanzlerin höchstpersönlich nahm das Gutachten entgegen, freilich mit einem Lächeln voller Nachsicht, geradeso, als müsse sie sich um den Einspruch nicht weiter kümmern, als könnten Ihr die Professoren den Buckel runter rutschen. Es war das gleiche Lächeln, mit dem Tomas Middelhoff noch am Morgen der Urteilsverkündung das Gerichtsgebäude betrat, siegesgewiss und in der feste Annahme, dass es kein Richter wagen dürfe, gleiches Recht für alle auch in seinem Fall anzuwenden. Genützt hat es ihm am Ende wenig. Das macht Hoffnung.
Die lähmende Ehrfurcht vor denen da oben könnte sich langsam verlieren. Für die selbst ernannten Eliten ist Gefahr im Verzug. Denn in dem Maße, in dem das Gefühl der Ohnmacht bei den Bürgern schwindet, müssen auch die Politiker damit rechnen, dass ihnen die Rechnung aufgemacht wird, wenn es sein muss vor Gericht. Schließlich ist im Strafgesetzbuch wortwörtlich festgelegt: „Wer die ihm ein … eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen.., missbraucht … und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachtteile zufügt, wird mit bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.“
Der Betroffene mag das dann sehen, wie er will. Auch Thomas Middelhoff will ja den Privatjet und den Hubschrauber auf dem Weg zur Arbeit der Firma nur Rechnung gestellt haben, weil er dadurch mehr für das Unternehmen habe leisten können.
Ähnliches käme man wahrscheinlich zu hören, würde man den Vielflieger Fank-Walter Steinmeier nach seinen Reisekosten fragen. Ständig düst er um die Welt, ohne dass dabei bisher mehr herausgekommen wäre als die Selbstinszenierung des Operettendiplomaten. Den großen Max, der etwas bewirken könnte, hat er etwa im Ukraine-Konflikt immer nur markiert, nicht anders der Krisenmanager Thomas Middelhoff bei der Karstadt-Rettung. Die Kosten gingen zu Lasten des Volksvermögens, das die Regierenden verantwortungsvoll betreuen sollen. Dass das immer mit gewissen Kosten verbunden ist, versteht sich, in Deutschland wie in Europa. Dennoch muss nicht jedem einleuchten, dass die 304 Euro Tagegeld, die Martin Schulz als Präsident des EU-Parlaments Tag für Tag, auch an Heiligabend und zu Ostern, einstreicht, eine betrieblich unabdingbare Aufwendung sind.
Wie lange das noch so weitergeht, werden wie sehen. Dass die Hybris vor dem Fall kommt, dass es immer noch Richter gibt, die sich von der vorgetäuschten Macht nicht einschüchtern lassen, musste jetzt Thomad Middelhoff erfahren. Ihm werden andere folgen. Es kommt Bewegung in die bürgerliche Gesellschaft. Das Essener Landgericht hat Zeichen gesetzt.