Lieber Herr Rietzschel, es ist sicher noch zu früh, um festzustellen, wie die Geschichte Frau Merkel beurteilen wird. Denn immerhin haben wir noch die Möglichkeit, ihren Verlauf zu beeinflussen. Aber auch wenn es sehr schlimm kommen sollte: Es kann Helmut Kohl nicht zum Vorwurf gemacht weden, Angela Merkel protegiert zu haben. Denn gewählt haben sie andere, und das sogar mehrmals. Aber nach der Wahl im Herbst wird man sich nicht mehr herausreden können, man habe das alles nicht gewusst und nicht kommen sehen, sie hätte ja sogar Kohl getäuscht.
Über Kohl haben sich das links-grüne Milieu, das Kabarett, die Medien, der staatliche Rundfunk das Maul zerissen, gehöhnt und gelästert: Er war keiner von ihnen, durfte es nicht werden, und wurde es nie. Bei Merkel ist es genau anders - Ergebenheitsadressen, schwurbelige Rechtfertigungsmäander, oder komplizenhaftes Beschweigen. Schlimm, wenn die politische Kultur so den Bach herunter geht.
Sehr gute Analyse! Und noch eins: diese heuchelnden Worte derjenigen, die ihn doch kaltstellte; und ihre stete Ich-Bezogenheit selbst in ihrer Totenrede vor laufender Kamera - erneut entlarvend und kaum auszuhalten, aber leider bekommt’s der deutsche Michel gar nicht so mit, denn sie ist umhegt von treuen “öffentlich-rechtlichen” Journalisten, von Hofberichterstattung, jenen “Journalisten”, die mit den Füssen scharren, könnten sie doch ihr nächster Regierungssprecher werden. Und wie gut können wir Nachdenkenden uns noch daran erinnern, wie schäbig Kohl sich nach dem Attentat gegenüber Schäuble, seinen jahrzehntelangen Kanzleramts-Scherpa, verhielt - wenn ich mich recht erinnere, hat Kohl ihn nach dem Attentat nicht im Krankenhaus besucht…Trotzdem hat Schäuble ihm einen souveränen Nachruf gewidmet, das unterscheidet Schäuble von Mercel… oh, Entschuldigung, Merkel (bei Makron und Mercel komme ich immer so durcheinander).
Cem hat am Anfang seiner politischen Laufbahn, als Kohl schon Kanzler war, solche wie Kohl mit allen Mitteln bekämpft und stand so ziemlich auf allen Positionen konträr zu diesem und der CDU. Doch auch er hat offensichtlich einen gemeinsamen Nenner mit diesem gefunden: das vereinigte Europa. Sein Nachruf auf dem GRÜNEN-Parteitag war einfach nur peinlich!
Kohls größter Fehler lag darin, sich irgendwann für unentbehrlich gehalten und folgerichtig keinen Nachfolger gefördert zu haben. Darin ähnelt er vielen, unter anderem der gegenwärtigen Kanzlerin.
“Und dennoch ist der verstorbene Altkanzler keineswegs frei von Schuld. Indem er der heutigen Kanzlerin den politischen Weg ebnete, hat er den Deutschen eine Suppe eingebrockt, die er selbst nicht mehr auslöffeln musste. Wie lange dieser Schatten noch auf seine historischen Verdienste um die deutsche Einheit fällt, das bleibt abzuwarten.” An der Suppe werden wir noch lange, vielleicht sogar ewig löffeln. Ich war nie eine Kohl Anhängerin aber außer der Deutschen Einheit hatte er auch stets “sein Volk” im Blick. Niemals hätte er uns als"diejenigen, die hier schon länger leben” betitelt. Als Kohl Merkel politisch protegierte, konnte er nicht ahnen, was daraus entstehen würde.
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