Thomas Rietzschel / 07.03.2017 / 15:04 / 3 / Seite ausdrucken

Merkel und Erdogan: Der Fluch der bösen Tat

Die Bundeskanzlerin sitzt in der Zwickmühle. Sie hat die Wahl zwischen Pest und Cholera. Entweder sie lässt sich weiterhin jede Frechheit von dem Prahlhans am Bosporus gefallen und verliert so zunehmend an Glaubwürdigkeit. Oder sie untersagt Recep Tayyip Erdogan die politische Propaganda in Deutschland und muss damit rechnen, dass er die Schleusen öffnet, um die Bundesrepublik mit einer neunen Flüchtlingswelle zu fluten. Nachdem sich die Wogen gerade etwas geglättet haben, kämen die Gemüter erneut in Wallung. Im Vorfeld der Bundestagswahl könnten sich die Bürger daran erinnern, wem sie den inneren Unfrieden und die Spaltung des Volkes zu verdanken haben.

Weil Angela Merkel bleiben will, was sie ist, der Deutschen Kanzlerin, sind ihr die Hände gebunden, muss sie nach rhetorischen Ausflüchten suchen, wo es ihre Aufgabe wäre, konsequent zu handeln. Wenn Erdogan den deutschen Politikern vorwirft, „eure Praktiken machen keinen Unterschied zu den Nazi-Praktiken in der Vergangenheit“, kann sie nur pikiert erklären: „Solche deplatzierten Äußerungen kann man ernsthaft eigentlich gar nicht kommentieren.“ Muss man auch nicht, solange es sich um die Aussagen eines Privatmannes handelt, der für sich das Recht der Meinungsfreiheit beansprucht.

Der türkische Präsident hat sich aber als Staatsmann in der Öffentlichkeit geäußert und dabei zugleich erklärt, dass er, würde man ihn in Deutschland nicht einreisen lassen, „einen Aufstand“ anzetteln werde. Bei etwa drei Millionen Türken, die hierzulande amtlich registriert sind, eine durchaus ernst zu nehmende Drohung. Würde ein deutscher Mandatsträger Ähnliches ankündigen, empörte sich Erdogan vermutlich über eine Einmischung in die inneren Angelegenheit seines Landes, wenn nicht gar über eine Kriegserklärung.

Dass solche Töne auf deutscher Seite nicht angeschlagen werden, ist gut und richtig, einerseits. Andererseits haben sich Angela Merkel und ihre Minister per Eid gegenüber dem deutschen Volk verpflichtet, „Schaden von ihm“ zu wenden. Und das heißt eben auch: Sie dürfen keine volksverhetzenden Auftritte zulassen, weder von Einheimischen noch von Ausländern, die mit der erklärten Absicht einreisen, Teile der Gesellschaft aufzuwiegeln. Ihnen die Einreise zu verweigern, ist ein Gebot des Grundgesetzes.

Nur wie sollte das der Bundeskanzlerin noch möglich sein, da sie sich auf einen Deal mit dem Despoten eingelassen hat, sich dem Mann auslieferte, um die Folgen ihrer Flüchtlingspolitik zu kaschieren. Erdogan hat Merkel am Nasenring, wenigstens solange sie es darauf anlegt, weitere vier Jahre zu regieren. „Die mächtigste Frau der Welt“ steckt in der Falle, die sie sich selbst gestellt hat. Sie ereilt jetzt, was Friedrich Schiller den „Fluch der bösen Tat“ nannte. Weil sie dem Türken in der von ihr verursachten Not den kleinen Finger gab, will er nun die ganze Hand. Sein aggressives Auftreten zählt zu den Kollateralschäden der autokratisch durchgesetzten Flüchtlingspolitik. Es ist die schmutzige Kehrseite der propagandistisch inszenierten Willkommenskultur.

Bleibt abzuwarten, wie sich die Kanzlerkandidatin der CDU/CSU da wieder herauswinden wird. Wächst doch bereits der Widerstand in den eigenen Reihen. Wenn Erdogan bei seinen Nazi-Vergleichen bleibe, sagte die stellvertretende Parteivorsitzende Julia Klöckner vorgestern, „dann sollten wir ihm die politischen Auftritte in Deutschland untersagen“.

Dass Angela Merkel auf diese Ermahnung hört, ist aber kaum anzunehmen, nicht vor der Bundestagswahl im Herbst. Sie allein bestimmt die außenpolitische Agenda dieser Tage. Wahrscheinlicher scheint deshalb, dass die amtierende Kanzlerin noch einmal nach Ankara fliegt, um sich mit ihrem Vertragspartner von Chef zu Chef zu besprechen, ihn womöglich gnädig zu stimmen: Zwei in einem Boot. Zwei, die beide von der Macht nicht lassen wollen. Ein Hoch auf die deutsch-türkische Freundschaft! 

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Leserpost

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Stefan Zorn / 08.03.2017

Frau Merkel hat sich und uns an einen Despoten verkauft. Raus kommen wir aus der Nummer nur dann, wenn wir ohne Frau Merkel neu und selbst bestimmt agieren können. Schwierig wäre das nicht, sofern die Wasserträger der pommerschen Pfarrerstochter noch etwas in der Hose hätten Leider ist keine Hose dabei in der jemals etwas drin gewesen wäre…

JF Lupus / 08.03.2017

Man sollte Frau Merkel und ihren Regierungshandlangern allmorgendlich diese Zitate des türkischen Despoten in die Ohren brüllen: Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan soll den Steiger-Award für Toleranz und Offenheit bekommen. Falls es tatsächlich dazu kommt, könnte er ja wieder eine tolle Rede halten. Hier sind die Klassiker der Erdorganismen:  „Assimilation ist ein Verbrechen an der Menschlichkeit. Ich verstehe sehr gut, dass ihr gegen die Assimilierung seid. Man kann von euch nicht erwarten, euch zu assimilieren… Die türkische Gemeinschaft und der türkische Mensch, wohin sie auch immer gehen mögen, bringen nur Liebe, Freundschaft, Ruhe und Geborgenheit mit sich. Hass und Feindschaft können niemals unsere Sache sein. Wir haben mit Streit und Auseinandersetzung nichts zu schaffen.“ ( 10. Februar 2008 in der Köln-Arena vor 20.000 Türken) - „Gegenwärtig leben 170.000 Armenier in unserem Land. Nur 70.000 sind türkische Staatsbürger, aber wir tolerieren die übrigen 100.000. Wenn nötig, kann es passieren, dass ich diesen 100.000 sagen muss, dass sie in ihr Land zurückgehen sollen, weil sie nicht meine Staatsbürger sind. Ich muss sie nicht in meinem Land behalten.“ -  “Die Demokratie ist nur der Zug, auf den wir aufsteigen, bis wir am Ziel sind. Die Moscheen sind unsere Kasernen, die Minarette unsere Bajonette, die Kuppeln unsere Helme und die Gläubigen unsere Soldaten.” - Soll er doch die Flüchtlingsströme loslassen, machen wir unsere Grenzen dicht, folgen wir den Beispielen Ungarns und anderer konsequenter Länder. Und hören wir endlich auf, den Islam als Religion zu tolerieren, er ist eine Ideologie, die mit der NS-Ideologie viel gemeinsam hat und genau so verboten gehört.

Wilfried Paffendorf / 07.03.2017

Keine Sorge, Herr Rietzschel. Wie sagt doch der Volksmund? “Pack schlägt sich, Pack verträgt sich.” Allerdings will ich eine klammheimliche Freude über das Gezänk nicht verhehlen. Erdogan macht doch nichts anderes als das, was ihm bundesdeutsche Politiker und Bessermenschen vormachen: Er schwingt die Nazi-Keule, wenn man ihm nicht zu Willen ist. Jetzt bekommen alle die großen und kleinen Merkels, Roths, Gabriels, Schulzes und wie sie sonst heißen mögen, jenes schäbig-bittere Getränk serviert, das sie anderen, die nicht nach ihrer Pfeife tanzen und die nicht ihrer Meinung sind, so gerne und oft einschenken. Also - passt doch! Die tatsächlichen Probleme, die durch Merkels selbstherrliche Gesetzesbrüche entstanden sind, wird sie in alter Manier versuchen auszusitzen - oder mit dem Checkbuch zu bereinigen. Wahrscheinlich beides.

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