Giuseppe Gracia, Gastautor / 25.11.2017 / 06:29 / Foto: Jotquadrat / 18 / Seite ausdrucken

Linke Journos sind die besseren Volkserzieher

Von Giuseppe Gracia.

Was in Deutschland schon länger bekannt ist, wurde nun auch für die Schweiz zur Gewissheit. Die Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften hat nach der Auswertung einer Journalismusstudie festgehalten: 70 Prozent der Journalisten beim Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) sehen sich politisch links. Nur 16 Prozent bezeichnen sich als mitte-rechts oder rechts. Diese Linksdominanz gibt es auch in deutschen Medien, nicht nur beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk, aber sie überrascht oder beunruhigt trotzdem niemanden.

Denn Journalisten sind, wie wir wissen, sehr souveräne Wesen, die ihre persönlichen Überzeugungen an der Eingangstür zum Redaktionsalltag abgeben. Sie besitzen die Fähigkeit, das eigene Weltbild zu transzendieren. Sie wirken jenseits eigner Prägungen und Abneigungen auf der Hochebene professioneller Unvoreingenommenheit. Das bedeutet: linke Journalisten in Deutschland oder in der Schweiz hegen ausschliesslich in ihrer Freizeit Sympathien für Sozialismus und Angela Merkel, für geschlechtsneutrale Toiletten oder emanzipierte islamische Kopftücher.

Ausserdem sind sie, im Vergleich zu den 16 Prozent der Kollegen aus dem rechten Lager, viel besser in der Lage, Machtverhältnisse kritisch zu hinterfragen. Weil nämlich, so ein Schweizer Medienprofessor anlässlich der Studie, die journalistische Kontrollfunktion viel stärker „mit einem linken gesellschaftspolitischen Gedankengut“ korreliert.

Nun wissen wir es also: seit Jahren erklären uns linke Journalisten die Welt nicht nur völlig neutral, sondern sie verstehen dabei auch noch viel mehr von Machtkritik als die Kollegen vom rechten Rand. Das ist logisch, wohnen doch die Mächtigen und Reichen in der Regel ebenfalls am rechten Rand, und die können ja nicht selber etwas von Machtkritik verstehen. Angesichts dieser Logik bleibt nur noch die Frage, was in Deutschland oder in der Schweiz geschehen würde, wenn sich umgekehrt rund 80 Prozent der Journalisten als mitte-rechts oder rechts bezeichneten. Würde man uns warnen vor einem landesweiten medialen „Rechtsrutsch“, vor einer diabolischen „Trumpisierung“ des Qualitätsjournalismus und also der Demokratie?

So etwas wie ein Linksrutsch kann niemals drohen

Fest steht jedenfalls, dass in unseren Breitengraden so etwas wie ein Linksrutsch niemals drohen kann, so wenig wie Rassismus, Faschismus oder Gewalt von links. Solche Dinge werden durch eine neutrale politische Korrekheit verhindert. Das ist ein Instrument, um bei typischen Links-Rechts-Kontroversen wie Migration, Globalisierung, Islam oder Gender Mainstreaming strapazierende argumentative Auseinandersetzungen zu vermeiden: man unterteilt die Diskursteilnehmer einfach in Gute, Fortschrittliche und in Reaktionäre, Faschistoide. Und dann wartet man, bis sich nur noch die Guten und Fortschrittlichen ans Licht der Öffentlichkeit getrauen.

Die Linken waren schon immer die besseren Erzieher und Volkspädagogen. Wenn sie ab und zu die Hochebene professioneller Unvoreingenommenheit verlassen und bürgerlich-konservative Mitmenschen als Klimaleugner anprangern, als Rassisten, Homophobe, Islamophobe oder Abtreibungshasser, dann geschieht das nur im Dienst der Machtkritik und einer gerechten Gesellschaft. Deswegen ist es auch unnötig, die mediale Linksdominanz zu problematisieren. Das Problem sind vielmehr wir, die Schüler, die noch nicht begriffen haben, wie heilsam unsere Lehrer wirken.

Giuseppe Gracia (49) ist Schriftsteller und Medienbeauftragter des Bistums Chur. Sein neuer Roman „Der Abschied“, ist im Bucher Verlag erschienen.

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Leserpost

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Karsten Dörre / 25.11.2017

Man kann keine Linkslastigkeit vorwerfen. Am Beispiel Flüchtlinge zwischen 2015 und 2017 wird dies für Deutschland deutlich. Zuerst wurde in den höchsten Tönen die Flüchtlingspolitik gelobt, dann schwenkten die Medien um, weil die Parteien und bei der Bundestagswahl letztlich auch das Volk die Flüchtlingspolitik massregelten. Weiteres Beispiel ist die E-Mobilität. Zuerst jubelte man über Diesel- und Verbrennungsmotorverbot. Später stellten die Medien selbst fest, dass allein wirtschaftlich solche Verbote Hirngespinste sind und an der gesellschaftlichen, technischen und finanziellen Realität vorbei gehen.  Beim Klimawandel werden sogenannte linke Journalisten auf den Trichter kommen, dass es einerlei ist, ob das Klima selbst oder der Mensch das Klima ändert. Entscheidend ist, wie Mensch grundsätzlich Herausforderungen von Wandel und Veränderung annimmt und löst - trotz der vielen Weltuntergangspropheten der letzten 5000 Jahre.

Gertraude Wenz / 25.11.2017

Diese Einteilung in “Links” und “Rechts” finde ich seit langem überholt. Das Leben, die Menschen und damit die gesellschaftliche Entwicklung sind zu komplex, um sie in solch einfache Schemen zu pressen. Die Wissenschaften bringen täglich neue Erkenntnisse, auch über die Beschaffenheit des menschlichen Denkens und Fühlens. Vernunft und Besonnenheit sind gefragt, politische Klugheit und vor allem die oft beschworene Verantwortungsethik. Und diese Erfordernisse finden sich nicht nur auf einer der beiden Seiten. Menschen sind fehleranfällig und ihre “Denke” damit natürlich auch. Eine Richtung- ob links oder rechts-  kann sich als fundamental falsch erweisen. Darum endlich weg mit dieser Einteilung!

Klaus Ludeloff / 25.11.2017

Über diesen Artikel werden die Linken und wohl auch grünen Weltenerklärer nur höhnisch lachen. Sind sie doch nicht nur in der Mehrheit,  sondern auch gut vernetzt mit der Politik und der Amtskirche, die genau diese Gesinnung goutieren. Und sie wissen: steter Tropfen höhlt den Stein. Man muss dem politischen Mündel nur lange genug einreden oder schreiben, dass es nur ein wirklich wahres Weltbild gibt: das der links verorteten Journalisten.

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