So weit ist es gekommen. Das Fürstentum Liechtenstein bedroht die Bundsrepublik Deutschland und diese zeigt sich wieder einmal wehrlos. Denn das Fürstentum bedroht Deutschland nicht mit Raketen – dafür wäre George Bush zuständig und Deutschland gerettet - sondern mit seinen Steuergesetzen. In Liechtenstein kennt man das Delikt der Steuerhinterziehung nicht. Im beschaulichen Vaduz lebt man schließlich nicht vom Steuerzahler sondern von den Bankgebühren der ausländischen Anleger, vom Service sozusagen. Die Liechtensteiner haben gar kein eigenes Geld, sie haben nicht einmal eine eigene Währung. Sie haben statt dessen den Schweizer Franken und für den ist man bekanntlich in Bern zuständig.
Liechtenstein ist das, was der poetische Journalismus gerne eine Steueroase nennt. Wahrscheinlich in der Vorstellung, dass beispielsweise vom deutschen Sozialstaat gejagte Reiche hier einen Augenblick der Ruhe genießen könnten, oder, sollen wir sagen, des Unbeobachtetseins? Gefehlt! Es geht, wie immer, nur ums Geld. In Liechtenstein lässt sich kaum einer blicken. Oder kennen Sie jemanden, der schon mal dort war? Höchstens ein Schriftsteller. In Vaduz sollen gelegentlich sogar Lesungen stattfinden. Was die sich doch alles von unserem Geld leisten!
Kein Mensch also, der nach Liechtenstein reisen würde. Was sollte man da auch tun, wo zwischen den Berghängen nichts zu erspähen wäre, außer Briefkastenfirmen, ein wohl kaum überwältigend zu nennendes Panorama. Macht es nicht traurig, zu wissen, dass an einem solchen Ort gutes Geld verborgen bleibt und damit nicht nur seinen Aufgaben nicht nachkommt sondern auch seinen Glanz verliert. Schön jedenfalls ist das alles nicht.
Die Zeiten, in denen Schönheit und Reichtum zusammenkamen, sind wohl vorbei, auch sie sind dem Verfall der öffentlichen Moral gewichen, der „Love-Parade“ und der „New Economy“ und ihren Ausläufern „Dschungelcamp“ und „Deutschland sucht den Superstar“. Auf den großen Bühnen unserer Gesellschaft tobt sich einzig und allein der Narzissmus aus. Er überlagert alle Positionen der laufenden Debatte. Von ihm bleibt keiner verschont. Ob es nun der berüchtigte Neocon ist oder der berühmte Gerechtigkeitsfanatiker. Der Unterschied besteht in der jeweiligen Wahrnehmung. In Deutschland legt man sogar im Karneval Wert darauf, das Gute vom Bösen zu trennen oder, soll man sagen, die Masken des Guten von den Masken des Bösen?
Der Gerechtigkeitsfanatiker ist, im Unterschied zum Neocon, in allen Etagen unserer Gesellschaft zu finden. Mal ist er der kleine Mann, der für alles geradezustehen hat, mal der Fürsprecher dieses kleinen Mannes aus den etablierten Parteien. Ist aber, verehrte Politiker, die Steuerhinterziehung nicht ungefähr in der gleichen Höhe wie die Steuerverschwendung anzusetzen? Wie verhält es sich beispielsweise mit den an Nokia in Bochum verschenkten Summen? Und könnte nicht einer von seinem Geld, das er im Liechtensteiner Briefkasten versenkt hat, sagen, er habe es der Steuerverschwendung entzogen? Das ist zwar kein Argument, die Denkfigur entlarvt aber in gewisser Weise den Stand der Dinge.
Wenn man im übrigen Zumwinkels Einkünfte auf die Belegschaft der Post verteilen würde, könnte sich davon jeder Postler ein zusätzliches Bier leisten, und zwar einmal im Jahr. Ungefähr das würde auch die allgemeine Enteignung der Reichen dem Volk einbringen. Aber was macht das Volk nicht alles für ein zusätzliches Bier?
Kommen wir zu unserem Problem zurück. Was kann ein so wortgewaltig geführtes Staatswesen wie die Bundesrepublik schon gegen ein Fürstentum wie Liechtenstein ins Feld führen? Tausend Steuerfahnder mehr sollen zum Einsatz kommen. Sagt die Politik . Ein Steuerfahnder bringe zehnmal mehr ein als die Personalkosten, die er verursacht. Was will man also mehr? Wirtschaftliche Arbeitsplätze, neu geschaffen, und Liechtenstein die Luft genommen. Ein Hoch auf unsere neue Elitetruppe, die Steuerfahndung!
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