Donnerstags bringst du, liebes ZDF, eine Vorabendserie, die als Konkurrenz zum ARD-Dauerbrenner „Großstadtrevier“ konzipiert wurde. „Notruf Hafenkante“, ein Hybrid zwischen Ärzteserie und Streifenbullenkrimi, spielt an den ausgelutschtesten Drehorten Hamburgs – vor allem an der millionenmal gefilmten Szenerie des Sportbootehafens mit der durchs Bild ratternden Hochbahn. Die Serie enthält nicht einen einzigen Charakter, wie Jan Fedder vom Großstadtrevier, nur darstellerische Pappnasen aus der Kreisklasse. Zur Strafe wird deine Hafenkante auch nur von rund 3,6 Millionen Leuten eingeschaltet, Marktanteil im Schnitt 12,7 Prozent. Nicht gerade eine Traumquote, oder? Andere Vorabendserien, etwa die spannendere „Küstenwache“, erreichen leicht vier, fünf Millionen Zuschauer.
Von allen Sendern hast du, ZDF (Mitarbeiterspott: „Mit den Dritten kaut man besser“) die verschnarchtesten Zuschauer. Grauköpfe, die nur noch aus der Agonie erwachen, wenn die Werbung für Treppenlifte, Doppelherz-Tropfen, Prostatatropfen und Gelenkschmiere kommt. Um den besonders schwachen Marktanteil in der begehrten Zielgruppe zwischen 14 und 49 Jahre zu stärken, langen deine Drehbuchautoren gern in die Kinder-Kiste. Ausgebüxte Jugendliche, denen irgendwas Heftiges passiert; bei Unfällen verletzte Kinder; Halbstarke, die gerade noch aus dem Drogensumpf gezogen werden können – mit solchen Themen wollt ihr die Jungzuschauer hinterm Internet vorlocken, aus dem sie sich gerade Pornos runter laden.
Die letzte Hafenkante-Folge handelte denn auch von Gewalt unter Jugendlichen. Kriminelle Schüler pressen ihren Kameraden Geld ab, malträtieren einen von ihnen mit dem Messer, klauen Handys usw. Das kommt in der Hamburger Realität tagtäglich vor. Die Zahl der einschlägigen Delikte ist alarmierend hoch und steigt weiter. Problem für dich, ZDF: die üblichen Verdächtigten tragen überwiegend Vornamen, die den Telefonbüchern von Ankara, Beirut, Pristina, you name it, entnommen sein könnten. Kaum ein Kriminologe leugnet diese traurige Tatsache, außer er hat eine lange Nase und heißt Pfeiffer.
Namentlich Messerdelikte werden größtenteils so genannten Südländern verübt, wie die Medien es nennen. Wie, verdammt, mogeln wir uns an dieser unschönen Tatsache vorbei, mögt ihr euch auf dem Lerchenberg gefragt haben. Ausländer dürfen in öffentlich-rechtlichen Fernsehfilmen bekanntlich nur selten als Täter auftreten. Und wenn doch mal, dann als arme Säue, die von skrupellosen deutschen Hintermännern gesteuert werden. Dafür sorgen die Denkwebel in den Sendergremien.
In der Folge „Sorgen um Ole“ löst ihr das Dilemma, indem ihr die Realität einfach auf den Kopf stellt. Die auftretenden Messerstecher, Erpresser, Klauer und Drangsalierer entstammen nicht den Macho-Cliquen der Problemviertel. Es sind Schüler an einem feinen Gymnasium (neidhammeliger Kommentar eines Polizisten: „Reiche Schnösel“), die den aus einer armen Familie stammenden Ole beklauen und erpressen. Das ist zwar total unlogisch, da sie laut Drehbuch Geld wie Heu haben, doch offenbar ging die Plotte nur so durch die Selbstzensur. Der Haupttäter, der ein Kind mit seinem Butterflymesser in den Rücken sticht, ist ein verwöhntes kleines Arschloch und tut seine rotzfreche Klappe wie folgt auf: „Bevor meine Eltern und der Anwalt da sind, sag ich kein Wort mehr.“ Kurz, der soziale Graben öffnet sich auch in Sachen Kriminalität immer weiter. Jetzt reißen sich die Reichen auch noch all die schönen Gewalttaten unter den Nagel!
Liebes ZDF, hab´ Erbarmen! Wenn deine Redakteure, die diesen Quark ja abgenommen haben, nicht in der Lage sind, ein aktuelles Thema einigermaßen wirklichkeitsnah zu servieren, dann nudele stattdessen lieber in Endlosschleife Wiederholungen von „Der Alte“ oder „Ein Fall für Zwei“ ab. Bringt jedenfalls mehr Quote als so ein verkochter Problembrei.