Gastautor / 05.01.2017 / 17:01 / Foto: Elvert Barnes / 10 / Seite ausdrucken

Lieber laut, maßlos und unanständig als leise, maßvoll und schüchtern!

Von Rebecca Schönenbach.

"Köln" habe es nicht gegeben, sagt Jakob Augstein, Spezialist des orwellschen Doppeldenk. Obwohl es "Köln" nicht gab, gab es in Köln Opfer, diese seien jedoch den Tätern vor und nach der Tat überlegen gewesen. Die Opfer von Köln waren ihren Tätern im unmittelbaren Moment der Tat unterlegen. Jene Frauen waren ohnmächtig und hilflos genau in dem Augenblick, als sie bedrängt und bestohlen wurden. Sie waren davor und danach ihren Tätern weit überlegen. Hier.

Nach Augsteins Logik haben die sozial Überlegenen keinen Grund sich zu beschweren, und mit diesem Denken steht er nicht allein. Wie der Verleger des Freitag erklärt auch Julia Schramm, bis vor kurzem in der Amadeu-Antonio-Stiftung aktiv, jetzt im Vorstand der Linkspartei Berlin, die Ereignisse und die folgende Debatte zur Silvesternacht 2015/2016 seien gezielt aufgebauscht und forciert worden. Sexualisierte Gewalt, behauptet sie, sei nur ein Thema, wenn sie rassistisch ausgeschlachtet werden kann. - So werden Opfer zu Täterinnen, wenn sie die Übergriffe öffentlich machen. Zwei Beispiele von vielen.

Deutschland wurde im Jahr 2016 zu einer Gesellschaft, die Übergriffe auf Frauen marginalisiert, entschuldigt, weitgehend ungestraft lässt und, wenn es darauf ankommt, den Opfern die Schuld gibt. Damit wird Terror gegenüber Frauen nicht nur toleriert, sondern zur gesellschaftlichen Normalität.

Folgerichtig wird ein gesetzliches Verbot der Burka bis jetzt abgelehnt. So ein Verbot, sagen Juristen, käme einer Einschränkung der Freiheit in einer liberalen Gesellschaft gleich. Als Frauen, für die ein selbstbestimmtes Leben in Sicherheit und Freiheit ein über Generationen erkämpftes Recht ist, verfolgen wir die Diskussion mit wachsender Entgeisterung.

Gegen die Sprachlosigkeit haben wir Frauen für Freiheit ins Leben gerufen, eine Initiative, deren Gründerinnen Freiheit ohne Wenn und Aber fordern. Für Frauen, die ohne Angst Silvester feiern wollen. Für Frauen, die von "Ehrenmorden" bedroht sind, die als Beziehungstaten verharmlost werden. Für eine Gesellschaft, die nach dem Terroranschlag von Berlin aufgefordert wird, einfach weiter zu arbeiten und sich im übrigen anständig zu verhalten.

Statt anständig, schüchtern und maßvoll zu sein, wie unser Innenminister fordert, wollen und werden wir unanständig, laut und maßlos über Köln, Terror und Meinungsfreiheit und jedes andere Thema, das es uns wert erscheint, diskutieren.

Die Auftaktveranstaltung findet diesen Samstag, den 7. Januar, in Berlin statt. Frauen und Männer, sozial Über- und Unterlegene, alle sind willkommen. Kommen Sie und reden Sie mit!

Rebecca Schönenbach ist Volkswirtin und arbeitet als Certified Islamic Finance Expert

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Leserpost

netiquette:

Sebastian Laubinger / 06.01.2017

Ich finde die von Herrn Augstein offen proklamierte Doppelmoral interessant (und widerlich). Die Einschaetzung von Gewalt gegen Frauen haengt also streng davon ab, woher jemand kommt. Die Justiz sollte blind sein. Ein Glueck, dass Herr Augstein kein Richter ist. Noch mehr Glueck fuer ihn, dass er stinkreich ist, und nicht darauf angewiesen, in Vierteln zu wohnen, in denen deutsche Gesetze bereits systematisch ausgehebelt und ignoriert werden.

Anke Seiler-Maison / 06.01.2017

Prima die Idee! Aber warum arbeitet die Initiatorin als Certified Islamic Finance Expert? Passt für mich nicht Recht zum Freiheitsgedanken….

Stefan Lanz / 06.01.2017

Bitte auch in München veranstalten!

Hans-Peter Hammer / 06.01.2017

>Sexualisierte Gewalt, behauptet sie, sei nur ein Thema, wenn sie rassistisch ausgeschlachtet werden kann. - So werden Opfer zu Täterinnen, wenn sie die Übergriffe öffentlich machen.< Auch nicht neu, denn so erging es schon einer Unterstützerin in der besetzten Kreuzberger Gerhard-Hauptmann-Schule, die sich über wohl nicht seltene sexuelle Übergriffe auf die weiblichen Unterstützer der “Flüchtlinge” beschwerte!

A. Lensmayr / 06.01.2017

Die Vorkommnisse in der vorletzten Silvesternacht wurden von der deutschen Gesellschaft marginalisiert und entschuldigt? In welchem Paralleluniversum lebt Frau Schönenbach? Aber so ist das wohl eben, du musst erst einen Scheinriesen einer Argumentation aufbauen, bevor du ihn mit großem Getöse zu Fall bringst. Herr Augstein und Frau Schramm mögen verirrte Einzelgänger sein, exemplarisch für den Umgang mit Köln vor einem Jahr stehen sie definitiv - und zum Glück - nicht!

Bernhard Freiling / 06.01.2017

@Hermann Kanther: “...die Augsteins und die Schramms sind nicht die Gesellschaft”.  Kann diese Einschätzung die Folge einer dissoziativen Wahrnehmung sein? CDU zwischen 31 und 36%, SPD zwischen 21 und 23%, Grüne zwischen 10 und 15% Zustimmung in Umfragen. Wenn das nicht die Mehrheit ist, weiß ich auch nicht mehr ;-). Es mag sein, daß die Wortwahl der “christlichen” oder der “sozialen” Parteien nicht diejenige von Augstein und Schramm ist, die Handlungen entsprechen aber ziemlich sicher deren Sinngehalt. So hirnrissig die Augstein’schen Äußerungen auch sein mögen:  Im Ergebnis wird genau dieser Hirnriß von der Mehrheit geteilt.

Georg Dobler / 06.01.2017

Verehrte Frau Schönenbach, die geistigen Ergüsse von Herrn Augstein und Frau Schramm waren mir bisher unbekannt. Woher auch, ich verschwende nicht wertvolle Lebenszeit mit Konsum solcher Dünnbrett-Bohrerei. Wenigstens zeigen beide ihr wahres Gesicht. Bei Ihrem hoffentlich sehr lauten und energischem Kampf viel Erfolg.

Wilfried Cremer / 05.01.2017

Warum verweigert das Personal in unseren Uni-Kliniken eigentlich nicht die Aufnahme eingeflogener westlich und höchst elegant gekleideter Paschas mit ihren Burka-Frauen im Schlepptau? Sind die wirklich so auf die Dukaten angewiesen? Bei dem Anblick muss ich mich jedesmal beherrschen, nicht dazwischen zu fahren. Wenn das passierte, hätte ich mir wahrscheinlich die Kugel eines irgendwo unsichtbar postierten Leibwächters eingefangen.

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