@Torsten Ermel: Ach so einfach ist das, klasse Tipp ;) Ist ja auch fair, wenn der Staat einem was schenkt, dann kann doch die Kirche auch ein bisschen was vom Kuchen abbekommen. Nicht.
@Marcel Seiler: Das Verfahren, das Sie als gerecht bezeichnen, hat das Bundesverfassungsgericht bereits 1965 verboten (1 BvR 606/60, zum Thema Ehegattensplitting Abschnitt C I 2. a). Bis dahin wurde es in etwa so praktiziert. Folge dieses Urteils war genau das in diesem Artikel beschriebene besondere Kirchgeld, das sich ausschließlich gegen das Kirchenmitglied richtet. Wieso sollte es auch gerecht sein, zur Berechnung der Kirchensteuer das Einkommen eines Nichtmitglieds heranzuziehen?
“Kirchen seit Jahrzehnten Milliardenbeträge vom Staat für Enteignungen von Kircheneigentum von vor über 200 Jahren.” Zu diesem Thema möchte ich auf einen Aspekt aufmerksam machen, der auch in dem verlinkten Artikel nicht deutlich wird. Der Staat zahlt nicht für die Enteignung sondern gleicht den Niesbrauch aus. Das sind die jährlichen Erträge aus den Ländereien, die von der Kirche für die die eigenen Bedürfnisse (also die Kosten für die religiöse Betreuung und den Bau und Unterhalt der Pfarrhäuser und Kirchen) verwendet wurden. Beispiel: Die Pfarrei erbt einen Acker. Der Ertrag des Ackers (Ernte und/oder Pacht) kommt der Pfarrei zu gute. Das ist im Reichsdeputationshauptschluss von 1803 geregelt. (Hat mit der Kirchensteuer nichts zu tun.) Es gibt zwei Möglichkeiten dies aufzulösen: 1. Die entschädigungslose Enteignung der Kirchen. Ist wohl in unserem Rechtsstaat nicht machbar. 2. Die Ablösung der Nießbrauchzahlung durch eine einmalige Entschädigungszahlung für die enteigneten Ländereien, nach den heute geltenden Rechtsgrundsätzen. Davor schreckt der Staat wegen der Größenordnung zurück. Durch den Reichsdeputationshauptschluss bekamen ca.95.000km² Kirchenland einen neuen Herrscher oder Eigentümer. Das sind ca. 27% der heutigen Fläche des Bundesgebietes von 357.050km². Das Zögern des Staates dieses “heiße Eisen anzufassen kann ich verstehen. Die Katholische Kirche hat mehrfach zu verstehen gegeben, dass sie bereit sei, dazu Verhandlungen aufzunehmen.
Dies kann ich nicht erkennen: wieviel zahlt nun das Ehepaar (Autor und Frau zusammen) denn überhaupt an die Kirche? Gerecht wäre folgendes: Bei gemeinsamer Veranlagung (also Ehegattensplitting) entfällt rechnerisch die Hälfte des Gesamteinkommens auf die Ehefrau. Davon berechne man die Einkommensteuer, und ca. 9 bis 10 Prozent wäre die auf die Ehefrau enthaltene Kirchensteuer (also etwa 5 Prozent der gesamten Einkommensteuerzahlung). Zahlt das Ehepaar so viel? Mehr? Weniger? Wenn trotz des Kirchgelds weniger, dann wäre das Ehepaar *bevorzugt*, wenn trotz Kirchgeld mehr: erst dann wäre es benachteiligt. Leider erfahren wir das aus dem Artikel nicht. Wenn Nicht-Steuerfachleute über Steuern schreiben, dann lässt die Klarheit oft zu wünschen übrig, so auch hier. Das werfe ich den Nicht-Steuerfachleuten nicht vor, denn Steuergrundsätze und Steuer-Klein-Klein sind kompliziert. Nur leider sind die Werturteile, die dann gefällt werden, oft nicht ganz richtig. Ob das hier der Fall ist, kann ich aus den hier berichteten Fakten leider nicht beurteilen. Aber dass ich es nicht beurteilen kann, lässt mich an der Korrektheit des Urteils zweifeln. Vielleicht erfahren wir noch mehr?
Der Artikel beleuchtet sehr schön das ideologische und weltanschauliche Umfeld des besonderen Kirchgeldes. Dabei kommt allerdings die Rechtslage, die im Streitfall allein entscheidend wird, ein wenig zu kurz. Wir haben uns auf https://kirchgeld-klage.info/ sehr intensiv mit diesen Fragen befasst und möchten daher ein hier ein paar wenige Ergänzungen zu den implizierten rechtlichen Fragen einbringen. Religionsgemeinschaften, die Körperschaften des öffentlichen Rechts (KdöR) sind, also inbes. die Kirchen, sind lt. Art. 140 GG i.V.m Art 137 (6) berechtigt, Steuern nach Maßgabe der bürgelichen Steuerlisten zu erheben. . Lt. § 2 (2) 4 KiStG Nds. kann vom Kirchenmitglied das besondere Kirchgeld dann erhoben werden, wenn der Ehegatte einer steuererhebenden Religionsgemeinschaft nicht angehört. Insoweit ist es u.E. formal korrekt, wenn die Landeskirche den Nachweis einer Steuerzahlung und nicht nur einer Beitragszahlung verlangt. Datenschutzrechtlich dürfte wegen des o.a. Hinweises in Art. 140 GG auf die „bürgerlichen Steuerlisten“ dagegen schwer anzugehen sein. Der Humanist. Verband Niedersachsen ist beim BMI zwar als Körperschaft des öffentlichen Rechts gelistet, erhebt aber Beiträge und keine Steuern (Art. 12 (3) seiner Verfassung, sowie Beitragsordnung). Danach ist der Humanist. Verband Nds. nicht steuererhebend, eine Mitgliedschaft wirkt somit nicht befreiend gegen das besondere Kirchgeld. Damit diese Situation sich ändert, müsste entweder der Humanist. Verband steuererhebend werden oder das BVerfG müsste einer Verfassungsbeschwerde gegen die Umstellung der o.a. Bestimmung des KiStG von „steuerberechtigt“ auf „steuererhebend“ stattgeben. Dabei ist daran zu erinnern, dass der Verband eine Anerkenntnis als KdöR sowie die Genehmigung seiner Steuerordnung separat für jedes Bundesland beantragen müsste. Andere Angaben wie z.B. seitens des bfg sind von der Rechtslage überholt (s. https://kirchgeld-klage.info/4-handlungsmoglichkeiten/1gestaltung-der-fallkonstellation/#IV 1.2 ) . Wenn der kirchenangehörige Ehegatte nicht aus der Kirche austreten will, gibt es nur eine realistische Möglichkeit: Im Falle eines eigenen Einkommens des Kirchenmitgliedes (sprich Doppelverdiener) kann man per Einspruch beantragen, dass nur noch die Kircheneinkommensteuer auf das Einkommen des Kirchenmitgliedes erhoben wird. Kernpunkt des rechtlichen Hintergrundes ist folgender: Das besondere Kirchgeld darf nur dann erhoben werden, wenn der kirchenangehörige Ehegatte “mangels eigenen Einkommens kirchensteuerfrei bliebe”, obwohl sein kirchenfremder Ehepartner ein hohes Einkommen hat. Nur für diesen Fall hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) 1965 die kirchliche Besteuerung des sog. “Lebensführungsaufwandes” des kirchenangehörigen Ehegatten (also das besondere Kirchgeld) ermöglicht. (Urteil vom 14.12.1965 - 1 BvR 606/60, Ziffer C II 2). Dies ist lt. BFH vom 28.10.2013 - I B 109/12 die „eindeutige Rechtslage“. Daher entspricht die Behauptung der Ev.-Luth.-Landeskirche, das besondere Kirchgeld dürfe auch bei einem „geringerem“ Einkommen erhoben werden, nicht der Rechtslage auf Bundesebene. Diese Behauptung der Kirche ist frei erfunden und hat mit der Rechtslage nichts zu tun. Die Rechtslage auf Bundesebene geht wegen Art. 31 GG evtl. anderslautenden Bestimmungen auf Landesebene vor. Daraus ergeben sich Ansatzpunkte für Einspruch und ggf. Klage, da die Finanzämter per ELSTER das besondere Kirchgeld entgegen dieser „eindeutigen Rechtslage“ erheben. Näheres findet man auf der Spezialseite https://kirchgeld-klage.info/ , vom Überblick über den Mustereinspruch bis zur Analyse einzelner Urteile.
Das ist die Konsequenz aus der Zusammenveranlagung. Sie können das Vermeiden, indem Sie sich Einzeln veranlagen lassen.
Das ist die Konsequenz aus der Zusammenveranlagung. Sie können das Vermeiden, indem Sie sich Einzeln veranlagen lassen.
Sehr geehrter Herr Jacobsen, danke für Ihren Artikel, der mir aus dem Herzen gesprochen ist und darauf aufmerksam macht, mit welch fadenscheinigen Gründen die Kirche Gelder auch von Nichtmitgliedern einzieht. Wir haben mitnichten eine saubere Trennung von Staat und Kirche und sind somit von einem wirklich säkularen Staat noch meilenweit entfernt. Uwe Lehnert hat in seinem wunderbaren zutiefst humanistischem Buch “Warum ich kein Christ sein will” über 20 Beispiele aufgeführt für die zumindest teilweise grundgesetzwidrigen Verflechtungen zwischen Staat und Religion, darunter überaus viele finanzielle Unterstützungen aus Steuermitteln, so werden z.B. theologische Fakultäten ganz selbstverständlich ebenso wie die Religionslehrer vom Staat bezahlt, ebenso die Gehälter und Pensionen von Bischöfen, Kardinälen und Domherren. Auch konfessionelle Kindertagesstätten, Schulen und Krankenhäuser werden in der Größenordnung von 90 bis 100% mit staatlichen Geldern finanziert. Wann wird diesem Spuk endlich ein Ende bereitet?
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