Joachim Nikolaus Steinhöfel / 09.06.2017 / 18:30 / Foto: Heptagon / 19 / Seite ausdrucken

Krachende Ohrfeige der UN für Maas’ Zensurgesetz

Der ebenso überflüssige wie europarechts- und verfassungswidrige Netzwerkdurchsetzungsgesetzentwurf, dessen Namen auch Justizminister Maas als „bescheuert“ erachtet, hat ihm jetzt auch noch eine Demütigung der Vereinten Nationen eingebracht. Die als Bedenken vorgebrachte Kritik des Sonderbeauftragten der UN für die Meinungsfreiheit, David Kaye, vom 01.06.2017 (Reference: OL DEU 1/2017) ist vernichtend. Das Gesetz wecke schwerwiegende Bedenken hinsichtlich seiner Eingriffe in die Meinungsfreiheit und des Rechts auf Anonymität. Insbesondere sieht der Sonderbeauftragte Verstöße gegen den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (UNO-Pakt II), den auch die Bundesrepublik ratifiziert hat.

Während es anerkannt sei, dass auch Unternehmen eine Verantwortung zur Wahrung der Menschenrechte haben, dürften „Zensurmaßnahmen nicht an private Rechtsträger delegiert werden“. Dies reflektiert exakt die Kritik, die auch hierzulande wiederholt laut wurde, die der Justizminister aber zu übergehen vorzog.

Soweit der Gesetzesentwurf hohe Strafen (vorgesehen sind bis zu  50 Millionen Euro) für Zuwiderhandlungen vorsehe, könnte dies eine rechtswidrige Behinderung des Rechts auf freie Meinungsäußerung darstellen. Die Höhe der Strafen wecke auch Bedenken hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit. Die Strafen könnten soziale Netzwerke dazu veranlassen, auch rechtmäßige Inhalte zu löschen. Dieses Risiko erscheine umso höher, als rigide Fristen von 24 Stunden beziehungsweise 7 Tage für das Löschen vorgegeben seien. Dies könne zu einer Überregulierung führen, um Bußgelder zu vermeiden. Eine solche „vorbeugende Zensur“ würde mit dem Recht, Informationen aller Art im Internet zu suchen, zu erhalten oder weiterzugeben, kollidieren.

Ferner, so der Sonderbeauftragte, habe er Bedenken wegen des Mangels an gerichtlicher Kontrolle hinsichtlich der auf die sozialen Netzwerke delegierten Pflicht zur Löschung. „Die auf die privaten Unternehmen verlagerte Verantwortung die Inhalte Dritter ohne gerichtliche Überprüfung zu entfernen, ist nicht mit den internationalen Menschenrechten vereinbar.“ Viele Inhalte seien im übrigen nur aus dem Kontext zu verstehen, den die sozialen Medien gar nicht selbst bewerten könnten.

Nur notdürftig verschleiert verdammt der Sonderbeauftragte auch die vorgesehenen Eingriffe in die Anonymität der Nutzer, deren Daten an Personen, die eine Rechtsverletzung nur behaupten, ohne vorherige gerichtliche Prüfung weitergegeben werden sollen. Die Vorgabe, umstrittene strafbewehrte Inhalte sowie zugehörige Nutzerinformationen für eine unbestimmte Zeit zu speichern und zu dokumentieren, erleichtere schließlich eine staatliche Überwachung der Betroffenen.

Der UN-Beauftragte fordert die Bundesregierung zu einer Stellungnahme innerhalb von 60 Tagen auf. Ob diese dennoch die Dreistigkeit besitzt, diesen gesetzgeberischen Trümmerhaufen in den letzten beiden Sitzungswochen dieser Legislaturperiode erneut ins Parlament zur Verabschiedung zu bringen?

Die Justizminister Maas eine schier unfassbare Inkompetenz bescheinigenden Ausführungen des UN-Sonderbeauftragten entsprechen in sämtlichen Punkten den auch vom Verfasser dieser Zeilen seit Monaten an verschiedenen Stellen formulierten Kritikpunkten

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Leserpost

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Georg Siegert / 10.06.2017

Und vollkommen vergeblich sucht man diese Meldung in der SZ, FAZ, ARD, ZDF, usw.

Sonja Brand / 10.06.2017

K L A S S E ! Danke für die Info Herr Steinhöfel, an anderen Stellen hätte ich darüber wohl nichts gefunden.

Stefan Zorn / 10.06.2017

Die Überheblichkeit im Auftritt dieses saarländischen Emporkömmlings erklärt sich immer mehr: Sie soll - was mehr und mehr misslingt - das “schier Unfassbare” kompensieren. Erstaunlich hierbei bleibt, dass er in den Augen der öffentlichen Meinungsträger und Meinungsbildner der meinungspolitische Saubermann und Fahnenträger der “Besseren” bleibt. Ich erinnere mich an den höcke’schen Jauch-Auftritt in welchem Herr Mass den vorgetragenen Fakten lediglich mit laienhafter Theatralik denn mit Argumenten begegnete und dafür medienweit über den grünen Klee gelobt wurde. Dies stellt in meinen Augen nicht nur Herrn Mass ein verheerend schlechtes Zeugnis aus. Es ist die politische Kaste insgesamt, die in nie dagewesenem Schulterschluss mit den Medien, einen geistig umnebelten Bürger heranzüchten möchten, der alles für seine eigene freiE Meinung hält, was ihm als “Information” zugetragen wird.

Wolfgang Bartels / 10.06.2017

Das in Deutschland ja Sammelklagen nicht erlaubt sind sollte Facebook eventuell in ihrem Heimatland, den USA, auf die Füße getreten werden. Bestimmt gibt es dort Kanzleien die solch einen Medienträchtigen Prozess Pro Bono übernehmen würden schon wegen der Publicity. Auch Facebook ist an die Menschenrechte gebunden. Art.19 der Menschenrechte legt klar dar welche Rechte auf Meinungsfreiheit die User haben. Und da zählt auch nicht das Facebook ein Unternehmen ist. Gerade Unternehmen, die weltweit tätig sind, müssen sich an die Menschenrechte halten. Ich frage mich warum der umgeänderte §130 StGB nicht bei der UN zur Sprache kam. Auch dieser schaltet, durch die Hintertüre, das Deutsche Grundgesetz Art.5 Meinungsfreiheit aus und ist ein erheblicher Eingriff in die demokratischen Grundrechte der Bürger und freien Medien. Der §130 StGB ist ein unklar formulierter Gummiparagraph der der Regierung Auslegungen nach ihrem Regime zulässt. Es ist nicht klar wo Hatespeech anfängt, und wo die demokratischen Grundrechte beeinflußt werden. Man sah dies nun schon in mehreren aktuellen Prozessen wo schon ein Like genügte um User zu sperren und zu verurteilen.  Bei Facebook nutze ich die Like Funktion als Lesezeichen um zu sehen was ich schon gelesen habe. Mein Like drückt weder ein positives noch negatives Zeichen aus ob ich mit dem Inhalt übereinstimme oder nicht. Dazu nutze ich die Kommentarfunktion. Demokratie ist das man verschiedene Meinungen ausdiskutiert. Dies geht nicht über einen Like Klick. Weiterhin halte ich den Islam NICHT für eine Religion. Das heilige Buch des Islam, der Koran, ist eine ideologische Staatsführung mit Innen-, Aussenpolitik, Justiz und Glaubensvorschriften. Der Islam ist eher wie der Kommunismus oder Nationalsozialismus zu sehen. Er regelt das komplette Leben seiner Anhänger und lässt keinen Raum für persönliche Entwicklung, Reformierung oder andere Sichtweisen. In 207 Versen ist der Koran mit dem Grundgesetz nicht vereinbar. Nimmt man dann noch den Hadith sowie die Sunna dazu werden es tausende Stellen. Und das sich Muslime daran halten sehen wir täglich in hunderten zum Teil unmenschlichen Straftaten. Ihr Deutschen dürft euch auf etwas gefasst machen. Schöne Grüße aus Brasilien.

Holger Hertling / 10.06.2017

Offensichtlich ist den demokratischen Kräften der freien Welt nicht verborgen geblieben, dass der (z. Zt. amtierende) deutsche Justizminister es mit den Grundgesetzen nicht so genau nehmen möchte. Gut so!

R. Müller / 10.06.2017

‘‘Ob diese dennoch die Dreistigkeit besitzt, diesen gesetzgeberischen Trümmerhaufen in den letzten beiden Sitzungswochen dieser Legislaturperiode erneut ins Parlament zur Verabschiedung zu bringen?’‘ Sie werden!

Hubert Bauer / 09.06.2017

Das Netzwerkdurchsetzungsgesetzentwurf alleine ist noch nicht mal das größte Problem. Schließlich können auch Konservative Linksextremes und Islamistisches melden. OK, das das schränkt die Meinungsfreiheit sogar noch weiter ein, aber dafür wäre der Gleichheitsgrundsatz (Art 3 GG) gewahrt. Alle Menschen gleich schlecht zu behandeln ist bei Art. 3 GG genauso möglich, wie alle Leute gleich gut zu behandeln. Aber Konservative arbeiten den ganzen Tag und wollen sich in ihrer Freizeit lieber um ihre Familie, ihr Haus, ihr Auto und ihre Vereine kümmern. Sie haben keine Zeit das Internet zu durchforsten. Linke und Moslems haben aber Zeit ohne Ende, weil Viele von ihnen nicht arbeiten und auch sonst wenig Verpflichtungen haben. Außerdem sponsern Maas und Schwesig linke Organisationen mit Millionen, von denen eine sogar von einer ehemaligen Stasispitzelin geführt wird. Diese Kombination macht das Vorhaben so gefährlich. In den USA werden verfassungswidrige Dekrete des Präsidenten innerhalb weniger Stunden von einfachen Richtern aufgehoben. Aber bei uns dauert es Jahre, bis das BVerfG sowas aufhebt. Wir haben hier ein sehr ernstes Problem mit der Gewaltenteilung.

Florian Huber / 09.06.2017

Sehr geehrter Herr Steinhöfel, ich glaube nicht, daß hier des Justizministers “schier unfassbare Inkompetenz” wirklich eine Rolle spielt. Es ist schlicht so, daß dieses Gesetz genau so gemeint ist. Und natürlich auch gerechtfertigt, da es der “guten Sache” dient… MfG, F. Huber

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