Von Professor Dr. Rudolf Happle
Unter der Überschrift „Die Welt verstehen“ erschien im „Stern“ vom 7. November 2013 ein Foto der 5 Jahre alten Argentinierin Aixa Cano, deren Haut von multiplen, teils behaarten dunklen Flecken (Melanozytäre Nävi) übersät war (Siehe das gleiche Foto hier auf Süddeutsche.de).
Der Autor Horst Güntherot verwendete dieses Foto als abschreckende Antwort auf die Frage: Wie gefährlich sind Chemikalien beim Sojaanbau? Daraufhin legte ich in einem Leserbrief an den Stern dar, warum ich als Spezialist für Pigmentmale einen solchen Zusammenhang für ausgeschlossen halte.
Erstens sei schon vor 100 Jahren über Kinder mit Pigmentmalen in solch dichter Aussaat berichtet worden, und zweitens müsste dieses Krankheitsbild bei den Anwohnern der Plantagen gehäuft auftreten, wenn es einen Zusammenhang gäbe. Dies sei aber nicht der Fall. Der Stern bedankte sich für meine „Richtigstellung“, zog es aber vor, diese lieber nicht zu veröffentlichen.
Am 21. November 2014 erschien, diesmal auf dem Titelblatt des Magazins der Süddeutschen Zeitung, erneut ein Foto der nunmehr sechsjährigen Aixa, die in einem Sojafeld steht, mit der Legende: „Bittere Ernte: In Argentinien werden Milliarden mit genmanipulierten Sojabohnen verdient. Doch in den Dörfern nahe der Felder sind nun viele Menschen schwer krank“.
Auch an diese Redaktion schickte ich meinen Leserbrief, wobei ich hinzufügte, ausgeklammert bleibe hierbei wohlgemerkt die generelle Frage, ob die beim argentinischen Sojaanbau versprühten Chemikalien für den Menschen gefährlich seien oder nicht. Der Textchef Marc Schürmann bedankte sich für meinen Hinweis, zog es aber vor, diese abweichende Expertenmeinung nicht zu publizieren.
Dies ist mein schwerer Vorwurf: Beide Redaktionen wissen genau, was sie tun. Sowohl „Stern“ als auch „Süddeutsche Zeitung“ haben das Leiden dieses Mädchens zum Zweck der Desinformation missbraucht. Was haben Aixas Nävi mit Gentechnik und dem Versprühen von Chemikalien zu tun? Aus wissenschaftlicher Sicht nichts, aber auch gar nichts. Als Dermatologen sollten wir gegen diese Form des Journalismus protestieren. Denn schweigen wir, wer soll dann sprechen?
Professor Dr. Rudolf Happle arbeitet an der Universitäts-Hautklinik in Freiburg. Siehe auch hier und hier.