Wer Kinder in schulpflichtigem Alter hat, wird es vermutlich nicht so gut finden, wenn sie auf dem Pausenhof von Neonazis indoktriniert, von Scientologen in die Psycho-Sekte gelockt oder von Weltuntergangspropheten in die Jehova-Ecke gezerrt werden. In der Regel sorgen die Behörden dafür, dass derlei Kobern, wo es denn vorkommt, schnell abgestellt wird. Allerdings nicht immer und überall.
Letzte Woche war ich auf der ostfriesischen Insel Spiekeroog, einer grünen Urlaubshölle von Bollerwagen-Ziehern, Bachblüten-Fans und Jutebeutel-Enthusiasten…
Spießeroog ist eine autofreie Insel ohne Flugplatz, auf der sogar das Fahrradfahren von Gästen unerwünscht ist (demnächst wird es offiziell verboten); ebenso wie Hunde, weshalb deren Transport auf den alten Rumpelfähren teurer ist als der von Menschen. Bereits auf den Fährschiffen schaudert es einen beim Anblick der hageren Anthroposophen-Gestalten mit ihren Birkenstock-Sandalen und Basic-Biofood-für-alle-Beuteln im Gepäck. Ungezählte Muttis und Pappis, unablässig und für alle Welt vernehmbar mit der Aufzucht von Lukas, Kim, Emma und Malte-Torben beschäftigt, durchstreifen die Gassen der einzigen, durchaus hübschen Ortschaft auf der Suche nach Bioläden, Kreativkursen und ökologisch-korrekten Vorträgen.
Wenn es einen Ort gibt, den wir uns von unseren Kindern nur geliehen haben, dann liegt er hier. Auf Spiekeroog findet sich das weltgrößte Ensemble von Verbotsschildern auf engstem Raum. Auf jeder Düne, jeder Salzwiese, jedem Deich und jedem Stück Strand Schilder mit Mahnungen, Warnungen und Verboten, die im Interesse der Vögel, Robben, Strandbefestigungen etc. jedweden Ausflug der Gäste abseits der beschilderten Trampelpfade untersagen. Spiekeroog ist die gruselige, weil real eingetretene Vision vom nachhaltigen Leben in korrekter Umgebung, auf gut Deutsch in vollkommener Langeweile und zum Suizid treibenden Ennui. Einzig in der im fernen Inselwesten gelegenen Lokalität „Laramie“ wird manchmal bis spät in die Nacht gefeiert; wird geraucht, gelacht und getrunken bis der Morgen graut. In den umliegenden Dünen soll es, hört man von den Alten, dann und wann zu hartem Sex gekommen sein. Ganz sicher ist sich aber keiner.
Im Südwesten der Insel liegt die Hermann-Lietz-Schule mit dem angeschlossenen „Umweltzentrum“ Wittbülten. Hier daddelt das einzige, nicht sehr große Windrad der Insel. Die Stammgäste, zum überwältigenden Teil tiefgläubige Jünger der „alternativen Energien“, sind ästhetisch sensibel genug, Windräder und Solardächer lieber nicht auf ihre Urlaubsinsel zu wünschen. Flächendeckend verwüstet ist dafür die Festlandsküste, wo die Windkraftindustrie unerhörte Blüten treibt. Im Umweltzentrum mit seinem kleinen Bio-Bistro stößt man auf riesige Walknochen, Dünenmodelle, ein Aquarium und einen Infostrand. Ein nützlicher Ort, eigentlich, wo man viel über das Spiel der Gezeiten und die Entstehung von Nordseeinseln lernt. Leider enthält er auch jede Menge Propagandamaterial für die Öko-Sekte Greenpeace.
Unwissende Schüler und Besucher, die meisten von ihnen deutlich minderjährig, werden dort quasi en passant mit dem monokausalen Horror-Weltbild der Organisation (Überschriften in einer Broschüre: „Verstrahlt“, „Vergiftet“, „Verseucht“) vertraut gemacht. Technikfeindschaft, Verteufelung von Wirtschaft und Handel und gewissenlose Schwarzmalerei gehört zum Programm der Sektenmitglieder, die „Kids“ (Greepeace-O-Ton) mit Schlauchboot-Romantik für ihre Ziele anfixen. Alles Böse kommt von destruktiven westlichen Industrien und ihren korrupten Bütteln in der Politik, erfährt man implizit – die Verunglimpfung gewählter Parlamentarier durch die selbsternannten Weltretter ist ebenfalls Standard. Alles Gute, symbolisiert durch ein Foto, auf dem eine ernst und konzentriert drein guckende Jungfrau ein pfeilschnelles Zodiac gegen die Weltzerstörer steuert, kommt von Greenpeace.
Diese sozialethisch desorientierende Sekte, in ungezählte Skandale verstrickt (der gewesene Deal mit Lidl ist nur einer davon) und mittlerweile klamm an Spendengeldern, entblödet sich nicht mal, eines ihrer größten Desaster unter der Rubik „Greenpeace-Aktionen und Erfolge“ zu verkaufen. Die Verhinderung der Versenkung der Ölplattform Brent Spar, 1995 mit falschen Zahlen und erpresserischen Boykottaufrufen gegen den Ölkonzern Shell erzwungen, war nach Meinung der meisten Experten ein ökologischer GAU. Viele von denen, welche die Propagandabroschüren lesen, waren damals noch gar nicht geboren. Ihnen kann Greenpeace allerhand erzählen, zum Beispiel, dass im Himmel Jahrmarkt ist und der Strom aus Windrädern und Solarzellen kommt.
Greenpeace ist in kein einziges Parlament dieser Republik gewählt worden. Es hat von niemandem ein Mandat erhalten, außer von ein paar ablasssüchtigen Noch-Spendern, die glauben, sich von wirklichen oder eingebildeten Ökosünden freikaufen zu können. Das dumpfe Feinbild-Erzeugen, die primitiven Erlösungsversprechen und der Schlauchboot-Firlefanz gehört im weiträumigen Umfeld von Schulen verboten. Eigentlich bin ich ja gegen Verbote, aber hier frage ich denn doch mal: welcher engagierte Anwalt geht da mal in die Bütt?