Dass ein von einem Regionalparlament demokratisch gewählter Ministerpräsident nun aufgrund dubioser Anschuldigungen (Rebellion) mit europäischem Haftbefehl gesucht wird, ist ein europäischer Skandal erster Güte! Dass Minister der katalonischen Regionalregierung grundlos in Untersuchungshaft genommen werden, ist ein spanischer Skandal erster Güte! Und dass sich im “freien Europa” nahezu keine Hand rührt, der spanischen Regierung die Leviten zu lesen, ist ein Skandal, den die angeblich “mächtigste Frau der Welt” (Forbes) zu verantworten hat. Aber anscheinend haben sich alle gut mit dem Demokratiemangel in Europa eingerichtet. Was sich in Spanien und der EU vollzieht ist eine Schande!
Was auch hier wieder vergessen wird: die spanische Verfassung verbietet diese Unabhängigkeitsbestrebung der katalanischen Regierung, wie dies im übrigen auch in anderen demokratischen Ländern geregelt ist; daher ist es zwangsläufig, daß der spanische Staat hiergegen vorgeht (über die Mittel im einzelnen kann man durchaus streiten) - einen Verfassungsverstoß einer staatlichen Stelle zu tolerieren, liegt nicht im Ermessen einer Regierung. In Großbritannien gibt es keine Verfassung, die eine schottische (oder walisische ..) Unabhängigkeit verbietet (genaugenommen hat GB überhaupt keine geschriebene Verfassung) - daher kann die britische Regierung mit diesen Unabhängigkeitsbewegungen sehr flexibel umgehen.
Die Kommentare überschlagen sich. Rainer Hank hat auf FAZ-online einen Kommentar unter Titel “Solidarität ist unmoralisch” veröffentlicht der indirekt sogar den Länderfinanzausgleich in der Bundesrepublik in Frage stellt und auch indirekt die EURO - Rettungsaktionen unserer Kanzlerin. Direkt wird natürlich nur der spanische Zentralstaat, der keiner ist, angegriffen, weil er mehr Steuern aus Katalonien kassiert, als er dahin zurückzahlt. Hank würde natürlich nie behaupten die EU sei eine unmoralische Veranstaltung, obwohl dies in der EU gang und gäbe ist und sogar noch vertieft werden soll. Neu ist auch, das die FAZ sich so für die “Basisdemokratie” und für “Volksabstimmungen” als Gegengewicht zur “Globalisierung” ins Zeug legt. (Merke: Referenden sind immer gut, wenn sie von NGO’s befördert werden, sie sind immer schlecht wenn sie allen Regeln der Legalität, (wie beim “Brexit”) entsprechen. Der Kommentar von Hank und die Kommentare dazu machen nur eines deutlich: Die Deutschen fühlen sich als Opfer und die Katalanen der EU. Der Slogan der Separatisten: España nos roba, heißt eben hier, die EU beraubt uns. Was in Spanien passiert, ob es im Ganzen untergeht oder in Teilen ist uns eigentlich völlig egal, solange die Stierkämpfe veranstalten und Franco in seinem Mausoleum liegt.
Ja, Herr Bonhorst, ganz genau so ist es! Den Briten wird es nach dem Austritt wesentlich besser gehen, weil sie sich wieder bewegen können. Und Spanien mit seinem Debakel zeigt auch einmal mehr auf, wie engagiert die EU die echten Probleme angeht. Besten Dank. b.schaller
Der Umgang mit den Katalanen ist ein treffliches Beispiel für das aktuelle Demokratieverständnis in der EU. Die einen stecken “Aufmüpfige” ins Gefängnis, die anderen beschränken sich (noch) darauf, sie als “Nazis”, mindestens (unansprechbare) Rechtspopulisten ins gesellschaftliche Aus zu stellen, was von den linken Fußtruppen als Billigung und faktisch rechtlich nicht mehr sanktionierte Sachbeschädigung und Körperverletzung aufgefaßt und in die Tat umgesetzt wird. Dabei gab es auch andere Zeiten, nämlich als sich eine rot-grüne Bundesregierung an der Spitze einer Bewegung fand, die den Wunsch der Kosovaren auf Abtrennung vom selbst ausgerufenen (Groß-) Serbien mit NATO-Bomben nachdrücklich zum Erfolg verhalf, einem im übrigen zweifelhaften Ergebnis, wenn man dortige Wirtschafts- u. Politsituation heute so betrachtet.
Erst schreiben Sie “Kein Stierkampf in Europa” und dann “Die EU braucht gestandene Demokraten”. Was meinen Sie denn, Herr Bonhorst? Meinen Sie Europa oder das Gegenteil davon? Träumen Sie von einem friedlichen und einigen Europa oder von der EU? JEDES europäische Land, das aus der EU austritt, ist ein Schritt nach vorn. Die EU ist wie ein Restaurant, in dem Spezialitäten aus allen Ländern aufwändig gekocht werden, dann duch einen Fleischwolf getrieben werden und den Gästen der braune Brei vorgesetzt wird. Die Briten wussten, warum sie für den Austritt stimmten.
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