Samira El Ouassil und Dominic Boeer wissen, wie man als Applausjäger in der Mediengesellschaft fette Beute macht. In der Reihe “Karriere in Konformistan” verraten sie Punkt für Punkt alles, was man meinen muss, um in Talkshows, bei Sektempfängen und am Stammtisch gut anzukommen.
Die ganze Welt gesehen haben
Wenn es darum geht, die Eigenheiten fremder Kulturen bis ins kleinste Detail zu verstehen, macht Ihnen niemand etwas vor. Sie sind der „weiße Mann“, der mit Hitschiti-Indianern eine Friedenspfeife raucht, um danach mit einer Gruppe Yupik-Eskimos auf die Jagd zu gehen. Das staunende Publikum ganzer Volkshochschulkurse liebt es, wenn Sie mit großer Geste andächtig über die Entwicklung der westafrikanischen Gur-Völker berichten.
Während das provinzielle Nationalisten-Pack zur nächsten Weltmeisterschaft wieder seine primitiven Deutschlandflaggen ans Auto klemmt, mimen Sie den überlegenen Weltbürger. Schließlich hat Ihre Heimat kein klappriges Ortsschild, sondern ist kreisrund und bedeckt den gesamten Erdball. Sie sind einfach immer eine Nummer größer.
Doch wie holt man sich nun als Weltbürger den Winnetou-Charme nach Breckenheim-Süd? Es wäre sicherlich ratsam, während des nächsten Spielplatzbesuches mit Ihrem Kind englisch zu sprechen. Ob der kleine Fratz Sie nun versteht oder nicht ist zweitrangig. SIE werden jedenfalls für alle anderen unglaublich interessant. Sollten Sie einen Hund mit sich führen, maßregeln Sie ihn unbedingt auf spanisch. Das versteht er einfach besser. Außerdem werten Sie damit nicht nur Ihr Urlaubsspanisch auf, sondern verwandeln Ihren Hund in ein belesenes, geradezu mystisches Fantasywesen. Erwähnen Sie schmunzelnd und ungefragt immer wieder die Eigentümlichkeiten Ihrer mongolischen Ex-Freundin. Bestellen Sie nach der nächsten Pizza beim Kellner für alle anderen Gäste des Lokals hörbar „Due Espressi“. Die Namen chinesischer Freiheitskämpfer und japanischer Fußballer werden von Ihnen ausgesprochen als würde Mr. Miyagi eine thailändische Speisekarte vorlesen.
Sie arbeiten niemals im „Büro“, sondern immer im „Office“. Es gibt Tage, da wird’s Ihnen einfach „too much“, aber niemals „zu viel“. Lassen Sie Sich für Ihr Weltbürgertum bewundern und lehren Sie den Kleinbürgern mit einem fröhlichen „Hakuna Matata“ die großen Geheimnisse unseres Planeten.