Der Fall „Diaa“ beschäftigt die sozialen Medien und die Presse. Ausgerechnet der Kinderkanal KiKA hatte im Rahmen seiner Doku-Reihe „Schau in meine Welt“ einen Film über den syrischen Flüchtling, der eigentlich Mohammed heißt und nicht 17, sondern vermutlich schon 20 Jahre alt ist, und seine 16-jährige Freundin Malvina gezeigt. Zunächst begründete sich der Unmut dadurch, dass die mitunter heiklen Aussagen von Mohammed (er wünscht sich unter anderem, dass Malvina ein Kopftuch trägt und zum Islam konvertiert) im Rahmen des Films gänzlich unkommentiert blieben. Später erzeugten vor allem auch die falschen Angaben über Alter und Namen sowie ein Like Mohammeds für die Facebookseite des „Starpredigers“ der deutschen Salafisten-Szene, Pierre Vogel, für Ärger.
Insbesondere nach dem bestialischen Mord an der erst 15-jährigen Mia aus dem rheinland-pfälzischen Kandel empfindet ein großer Teil der Bevölkerung solche Beiträge als geschmacklos und mitunter sogar gefährlich, weil sie die Probleme, die sich aus einem derart unterschiedlichen Verständnis von Liebe und Beziehung sowie generellen Vorstellungen zur Rolle der Frau ergeben, allein durch die Art der Darstellung und fehlende kritische Einordnung verharmlosen – und jungen Mädchen so eine Beziehung zu einem muslimischen Asylbewerber schmackhaft machen würden.
Dass die Dokumentation bereits im November gezeigt wurde, tut bei diesem ohnehin faden Beigeschmack nichts zur Sache. Herzerwärmende Flüchtlings-Lovestories, wie sie vor einiger Zeit bei Gute Zeiten schlechte Zeiten und aktuell bei der guten alten Lindenstraße gezeigt werden, verstärken darüber hinaus den Eindruck, dass hier Frauen etwas angepriesen werden soll, von dem man spätestens seit Ende der 1980er Jahre und dem Buch „Nicht ohne meine Tochter“ weiß, dass die Realität nicht selten mit erheblichen Risiken verbunden ist und oftmals nicht das Geringste mit den romantischen Bollywood-Vorstellungen von Redakteuren und Drehbuchautoren zu tun hat.
Abtrainieren von Vorbehalten und Vorsicht
Die Angst, insbesondere von Eltern, ist berechtigt. Die Verfilmung von „Nicht ohne meine Tochter“ gehört nicht unbedingt zum Filmmaterial, dass man in Zeiten des Multikulti-Dogmas und bedingungslosen Kulturrelativismus jungen Mädchen in der Schule oder gar im Fernsehen in der Primetime zeigt. Stattdessen zeigt der erste Lehrer, unter tatkräftiger Unterstützung der „Medienexpertin“ Maya Götz auf FocusOnline, Interesse daran, die Dokumentation über Mohammed und Malvina in seinem Unterricht vorzuführen. Auf der „guten Seite“ zu stehen, ist heute so leicht. Auf die Gefahren des Multikulturalismus mit Vertretern des Islams hinzuweisen, gilt indes als rassistisch. Vorsicht und die damit einhergehende Bevorzugung eines deutschen Jungen als Partner ist sozusagen voll Nazi.
Es ist das ideologisch auf allen Ebenen von Schule bis Medien geförderte Abtrainieren von kulturell bedingten Vorbehalten, das so vielen Menschen Angst macht und sie angesichts solcher Dokus wütend und verzweifelt zurücklässt. Sofort denkt man wieder an Soopika P., die Flüchtlingshelferin, die mit 22 Messerstichen von einem nigerianischen Asylbewerber auf offener Straße hingerichtet wurde.
An Mia aus Kandel, ebenfalls bestialisch von einem angeblich ebenfalls 15-jährigen Afghanen niedergemetzelt. Die Einordnung dieser Taten als Beziehungstaten soll relativieren. Sie impliziert die Behauptung, dass es so etwas schon immer gab und keinerlei kulturelle Ursachen hätte. Aber eine Beziehungstat schließt kulturelle Ursachen nicht aus. Stattdessen zeigt sie auf, wie muslimisches Ehrgefühl und die Stellung der Frau im Islam das Risiko, Opfer einer solchen Beziehungstat zu werden, um ein Vielfaches erhöht. Was bedeutet das auf lange Sicht für die multikulturelle Gesellschaft?
Die Migrationsforschung geht davon aus, dass sogenannte „Mischehen“ zwischen Einheimischen und Einwanderern ein treffender Indikator für gelungene Integration sind. Verkürzt könnte man sagen: Mit steigendem Grad der Integration, nimmt die Anzahl der Mischehen innerhalb einer Gesellschaft zu.
Man bleibt lieber unter sich
Insbesondere in Bezug auf Zuwanderer aus dem islamischen Kulturkreis lässt sich jedoch auch über Jahrzehnte hinweg kein signifikanter Anstieg von gemischten Eheschließungen erkennen. Damals wie heute bleibt man lieber unter sich. Was zunächst vor allem von den muslimischen Zuwanderern ausging – das zeigen Diskussionen wie solche um die Beziehung von Mohammed und Malvina umso mehr – wird heute auch von einem zunehmenden Teil der Deutschen hinter vorgehaltener Hand oder auch ganz offen abgelehnt.
Taten wie die in Kandel oder die sich seit Jahren häufenden Berichte von Frauen à la Betty Mahmoody, deren muslimische Männer die Kinder in die Türkei, Marokko oder Tunesien verschleppten, bestätigen dabei die eigenen Auffassung, dass es besser sei, auch als Deutsche lieber untereinander oder zumindest innerhalb des eigenen Kulturkreises zu heiraten.
Seit Jahrzehnten wird von Deutschen die Ablehnung einer Vermischung der Kulturen wahrgenommen, und es entsteht der Eindruck, deutsche Mädchen und Frauen seien für muslimische Männer ausschließlich dazu da, um sich die Hörner abzustoßen, bis die jungfräuliche Importbraut aus dem Heimatland eingeflogen wird. Diese Wahrnehmung hat dazu beigetragen, dass man auch von deutscher Seite im Großen und Ganzen nicht mehr länger an einem Miteinander auf der Ebene der Liebe interessiert zu sein scheint.
Deutscher Mann, muslimische Frau?
Ein weiterer, in der Debatte kaum diskutierter Faktor ist, dass Beziehungen zu Muslimen nicht nur zwischen deutscher Frau und muslimischem Mann zu unüberbrückbaren Problemen bis hin zur roher Gewalt führen können. Warum legt man den Fokus dennoch so sehr auf die ausschließliche Anpreisung von Beziehungen zwischen einheimischen Mädchen und Frauen und muslimischen jungen Männern? Weshalb finden von Schulen und Flüchtlingsorganisationen initiierte Kontaktaufnahmen zumeist nur zwischen jungen männlichen Flüchtlingen und deutschen Mädchen statt?
Zum einen natürlich, weil es kaum alleinstehende weibliche Geflüchtete gibt. Allein in 2016 waren mehr als 2 von 3 Antragsstellern männlich. Diejenigen Frauen, die kommen, sind zumeist verheiratet. Es gilt also primär, die jungen alleinstehenden Männer mit Hilfe von naiven Flirtkurs-Angeboten, aufklärerischen Piktogrammen zum Thema Geschlechtsverkehr und Zusammenkünften mit einheimischen Mädchen fit für den deutschen Heiratsmarkt zu machen, damit sie in der Folge auf weniger dumme Gedanken kommen.
Zum anderen – und dieser Faktor wird bei all den rührseligen, romantischen Geschichten über die Liebe von Flüchtlingen zu Einheimischen unterschlagen – liegt die Fokussierung auf diese Konstellation vor allem daran, dass man in der Variante „deutscher Junge und muslimisches Mädchen“, die ihre Liebe von KiKA oder einem anderen Sender dokumentieren ließen, sofort sein Testament aufsetzen könnte, weil der große Bruder des Mädchens in aller Wahrscheinlichkeit schon auf dem Weg wäre, um beide „abzuknallen“, wie dieser junge Mann in einer Dokumentation von Güner Balci treffend erklärte.
Ebenso wäre es der geflüchteten, unverheiraten Muslima qua Glauben schlichtweg verboten, allzu engen Kontakt mit deutschen Männern zu pflegen. Dass solche Geschichten keinen Platz beim KiKA, GZSZ oder im Unterricht des eifrigen Lehrers finden, liegt auf der Hand. Ein ungeschönter Blick auf das Miteinander mit Muslimen passt in Zeiten der unkontrollierten Einwanderung mit ihren „netten“ Begleiterscheinungen schlicht nicht ins Bild. Immerhin muss man ja der Realität irgendwie positiv entgegensteuern.
Der Altersunterschied ist nicht das Problem
Anders als andere stört mich die Tatsache, dass Mohammed älter als Malvina ist, jedoch weniger. Wer hier von Pädophilie spricht, überspannt den Bogen, denn rechtlich gesehen, ist diese Liebe einwandfrei. Dass Mädchen mit älteren Jungen zu tun haben, ist darüber hinaus auch unter Deutschen nichts Neues, da die Entwicklung von Mädchen und Jungen vor allem in der Pubertät recht unterschiedlich verläuft. Mit perversen Neigungen hat das bei einem Altersunterschied von vier Jahren indes nichts zu tun.
Was uns viel besorgter stimmen sollte, ist der große Rattenschwanz in Bezug auf Fragen der Integration, des Miteinanders, des Vertrauens uns damit der inneren Stabilität einer Gesellschaft, den solche Debatten offenbaren. Die Welle von Migranten seit 2015/16, die zumeist ein noch wesentlich konservativeres Weltbild und eine stärker von Gewalt geprägte Sozialisation mit nach Deutschland bringen, als die türkischen Gastarbeiter und ihre Nachkommen es je taten, vertiefen die Kluft zwischen Muslimen und Nicht-Muslimen nicht zuletzt auch durch Taten wie in Kandel und den im KiKA gezeigten Vorstellungen von Beziehung noch einmal deutlich. Das Misstrauen, der Zweifel angesichts dieser unkalkulierbaren kulturellen Risiken, der immer schon vorhanden waren und sich nur langsam abbauten, wird nicht weniger, er wird wieder mehr.
Es wird klar: Ein wirkliches Miteinander wird es auch nach mehr als vier Jahrzehnten muslimischer Einwanderung in Deutschland nicht geben. Die kulturellen Differenzen und die mittlerweile beiderseitig weit verbreitete Ablehnung von gemischten Beziehungen und Ehen, die als wesentlicher Indikator gelungener Integration gelten, geben auch auf dieser Ebene Einblick, wie schwer das Miteinander sich tatsächlich gestaltet. Einmal mehr stellt sich dadurch die Frage nach der grundsätzlichen Vereinbarkeit von Islam und Integration von muslimischer Zuwanderung in einer funktionierenden multikulturellen Gesellschaft.
Es stellt sich – zuletzt wie Fall Kandel – die Frage nach dem Risiko, einheimische junge Mädchen in Kontakt mit Flüchtlingen zu bringen. Dabei ist die Vermischung von Einheimischen und Zuwanderern andererseits ein wesentlicher Faktor, an dem die Migrationsforschung eine gelungene Integration festmacht. Hier zeigt sich, dass die kulturellen Differenzen zu groß sind. Es wird weiter ein Nebeneinander und kein Miteinander geben. Bestenfalls.