Wolfgang Röhl / 18.02.2019 / 06:13 / Foto: Pixabay / 63 / Seite ausdrucken

Journalisten: Prediger in leeren Kirchen

Anno 1971 stand Rudolf Augsteins interessantes Magazin „Der Spiegel“ noch in voller Blüte. Neun Jahre nach seinem GAG (Größter Anzunehmender Glücksfall), der sogenannten Spiegel-Affäre vermochte das Blatt es an so manchem Montag, Debatten anzuzetteln oder wenigstens für politischen Tratsch zu sorgen.

So auch im Herbst des Jahres, als ein Cover Furore machte. Die Schlagzeile „Priester – Beruf ohne Zukunft?“ war mit einer buchstäblich an den Nagel gehängten Soutane illustriert. Daneben Kleinanzeigen („Junger Theologe sucht...“), welche nahelegten, der Priesterstand befände sich auf der „Massenflucht aus dem Joch Christi“, wie es das Inhaltsverzeichnis versprach. 

Tatsächlich flohen damals eine Reihe junger Geistlicher den Schoß der katholischen Kirche, was hauptsächlich am Zölibat lag. Bis heute leidet der Klerus unter Nachwuchsmangel. Dabei standen dem Beruf des Priesters seine goldenen Jahre erst noch bevor, wenn man diesen Berufszweig etwas weltlicher begreift. 

Drei Jahre nach dem Aufständle von Achtundsechzig wandten sich einige der Beteiligten den Geschäftsfeldern Polizistenmord, Attentat & Promientführung zu. Andere gründeten Sekten, die Menschheitsverbrecher wie Mao oder Pol Pot anbeteten. Wieder andere zog es in die Lehrberufe. Und einige – gar nicht so wenige – entsannen sich an das Postulat des kanadischen Medientheoretikers Marshall McLuhan. 

Der hatte in seinem 1967 erschienenen Buch „Das Medium ist die Massage“ den Zauber des Medienzirkus beschrieben, mittels dessen sich alles verkaufen ließe, Shampoo genauso wie Shakespeare. Ursprünglich hatte „Message“ anstelle von „Massage“ auf dem Buchcover stehen sollen. Doch McLuhan soll sich von dem Druckfehler entzückt gezeigt haben; er ließ ihn stehen. Die Öffentlichkeit massieren, shampoonieren, einseifen, das war es ja, was die Medien gemäß seiner Theorie leisteten. 

Die Predigt durch den Leitartikel ersetzt

Damals keimte eine neue Priesterkaste, welche die Predigt durch den Leitartikel ersetzte. Der Typus des Mahners, Warners, Apokalyptikers und Volkserziehers, in den Medien lange Zeit größtenteils konservativ besetzt, geriet peu à peu auf die linke Spur. Die neuen Prediger wetterten gegen „Berufsverbote“ und „Nachrüstung“, wobei sie bei beiden Begrifflichkeiten listig schummelten. Mitnichten nämlich wurden Menschen in den 1970ern Berufe verboten; nur jenen, die den verfassten Staat erklärtermaßen gewaltsam umkrempeln wollten, der Eingang in den unkündbaren Staatsdienst verwehrt. Und das auch nur für eine kleine Weile, dafür sorgte bald die SPD. 

Bei der Nachrüstung handelte es sich schlicht um das Vorhaben der NATO, mit der Aufrüstung des Ostens Schritt zu halten. Und was Medien wie das damals einflussreiche Zentralorgan der Linken, die „Frankfurter Rundschau“ beharrlich als „Friedenbewegung“ adelten, bestand in Wahrheit aus einer größeren Gruppe von Westmenschen frommer Denkungsart, die eine einseitige Abrüstung für friedenserhaltend hielt und deren Demos, wie später aktenkundig wurde, die DDR durch ihre Vorfeldorganisationen im Westen mitorganisiert hatte.

Schon damals war klar: Wer die Buzzwords setzt, besitzt die Definitionsmacht. Als die neue Priesterschicht ab den späten Siebzigern sanft ergrünte, manche der Agitatoren und Propagandisten mit und ohne SPD- oder DKP-Parteibuch sich zu Bußpredigern im Dienst einer höheren Sache aufschwangen, war es nunmehr die ganze Welt, die es zu retten galt. 

Das Waldsterben ging ab 1980 als deutscher Knalltütenbegriff um die halbe Welt. Er ließ auswärts ernste Zweifel aufkommen, ob Deutschland wirklich von zwar nicht sehr sympathischen, dafür aber bewundernswert effizienten Ingenieuren bevölkert wurde, wie Hardy Krüger sie in dem Abenteuerfilm „Der Flug des Phoenix“ verkörpert hatte.

Es sollte jedoch lange dauern, bis sich der deutsche Journalismus von jenem professionellen Leitbild emanzipieren konnte, den die alliierten Besetzer ihren Lizenznehmern einst verordnet hatten. Gewissermaßen war dies das angelsächsische Medienideal, wie die alte Tante BBC es sogar in den Kriegsjahren weitgehend praktiziert hatte. Hieß: größtmögliche Trennung von Bericht und Kommentar, von Fakten und Meinungen. Ferner war da der gute Brauch, bei kontroversen Themen Befürworter und Gegner einer Sache einigermaßen paritätisch abzubilden. Schließlich der Ausschluss von Medienkampagnen, die politischen Bewegungen schaden oder nützen sollten. 

Befindlichkeitsquark für Schneeflöckchen

Sicher, man kann sich heute kaum noch vorstellen, dass Medienschaffende mal derart eingenordet wurden. So, wie es für manche Jüngere auch nicht mehr glaubhaft ist, dass die „Zeit“ noch vor vielleicht fünfzehn Jahren ein Blatt war, in dem man zuweilen erkenntnisfördernde Stücke fand, nicht bloß gesinnungsethischen Befindlichkeitsquark für Schneeflöckchen aller denkbaren Genders.

Nicht lange danach vernahm ich in einer Redaktionskonferenz zum ersten Mal das Wort Haltung. Eingefordert wurde sie von einem jüngeren Redakteur („Wir müssen mal über unsere Haltung sprechen, Kollegen“). Es dauerte etwas, bis bei mir der Groschen fiel. Der Mann, Absolvent einer Journalistenschule, politisch grünrot wie drei Viertel seiner Berufsgenossen (wenn nicht gar vier Fünftel), meinte mit Haltung keineswegs, dass in den Stücken des Blattes unterschiedliche Sichtweisen dezidierter als bisher vertreten werden sollten, sozusagen elaborierter, entschiedener, persönlicher formuliert. 

Nein, er forderte da nichts weniger als Gleichschritt. Künftig sollten bei Themen wie Umwelt, Klima und „soziale Gerechtigkeit“ (Masseneinwanderung oder die AfD waren noch längst keine Themen) eine klare Redaktionslinie beschritten werden, wünschte sich der junge Mensch. Keine Klimaskepsis mehr! Windräder bis zum Horizont! Friede den Hütten, Steuerkrieg den Palästen! Alles bitte mit Haltung.

Der Antrag, endlich die Reste von klassischem Journalismus über Bord zu schmeißen, die auf Journalistenschulen noch gelehrt wurden, stieß in meinem Blatt damals noch nicht auf einhellige Begeisterung. Heute werden „Haltungsfragen“ überwiegend positiv konnotiert, wie aus einem derart überschriebenen Artikel im Organ des Deutschen Journalisten-Verbands hervorgeht. 

Der Branche, so zeigt sich da, ist schon klar, dass das ewige Haltung annehmen, die angestrengte Auf-Vordermann-Stellung den Vorwurf der „Lügenpresse“ erst so richtig angekickt hat. Und ja, etwas problematisch findet man schon, wenn einem amerikanischen Journalismusforscher, der deutschen Journos nach dreimonatiger Inaugenscheinnahme ihres Wirkens den Tipp gibt: 

„Als Journalisten haben Sie nicht die Aufgabe, den Leuten zu sagen, was sie denken sollen. Ihre Aufgabe ist es, sie auf Dinge aufmerksam zu machen, über die sie nachdenken sollten“, postwendend von einem deutschen Kollegen bescheinigt wird, dieser Ami habe ein „rechts-nationales Narrativ“. 

Alaaaarm!

Der Artikel im Verbandsblatt ächzte vor Unbehagen, als er solche Haltungsfanatiker zitierte. Und doch, man konnte es beim DJV-Magazin nicht lassen. Das letzte Wort in der Debatte bekam dort ein Medienprofessor namens Volker Lilienthal, Adabei in allerlei linken Gremien wie dem des Otto-Brenner-Preises oder des Adolf-Grimme-Preises. Sein größter journalistischer Scoop bestand darin, 2005 Schleichwerbung bei zwei öffentlich-rechtlichen Soaps aufgedeckt zu haben. Diese Koryphäe also erklärte allen Ernstes und im Vollbesitz der ihm vom Schöpfer verliehenen geistigen Kräfte:

„Wir haben hier in Deutschland zivile Lebensverhältnisse, eine Demokratie, die trotz Mängeln funktioniert, und in dem Moment, wo das politische Klima umschlägt und unzivile, aggressive Umgangsformen Einzug in die politische Debatte halten, darf der Journalismus diesen Vorgang nicht neutral und achselzuckend hinnehmen, sondern muss Alarm schlagen.“

Alaaaarm! Meinte uns’ Prof damit die Einlassung einer Spiegel-Kolumnistin, „Antifa bleibt Handarbeit“? Oder den Vorschlag eines Spaßvogels von der „Titanic“, man möge einer unbotmäßigen Zeit-Redakteurin „täglich brühend heißen Kaffee ins Gesicht schütten“? Hatte er Sigmar „Pack“ Gabriel im Visier? Oder das NDR-Magazin „extra3“ wegen seiner Kennzeichnung von Alice Weidel als „Nazi-Schlampe“? Wohl eher nicht.

Umgeschlagen ist das politische Klima, um in Lilienthals schrägem Bild zu bleiben, ausweislich ganzer Artikelhalden ungefähr seit dem Herbst 2015. Definitiv seit dem Jahreswechsel 2015/2016. Als sich größere Teile der Bevölkerung weigerten, dem Willkommensgebot Gehorsam zu leisten, sich kurzzeitig Pegida-Brülldemos bildeten und – nachhaltiger – der Aufstieg der AfD stattfand, geschah etwas, das es in der Geschichte der Bundesrepublik noch nie gegeben hatte. 

Nicht nur, wie zu erwarten war, der gesamte Staatsfunk, sondern auch nahezu die gesamten privaten Medien stellten sich hinter die Politik Merkels, ebenso die Opposition im Bundestag. Es muss damals hübsch gequalmt haben in den Redaktionsstuben, wo reihenweise Sicherungen durchbrannten. Welche eigentlich verhindern sollen, dass sich, nach einem geflügelten Wort des verstorbenen „Tagesthemen“-Moderators Hajo Friederichs, der gemeine Journo mit einer Sache gemein macht. Und zwar nicht mal dann, wenn sie in seinen Augen eine gute Sache ist. 

Aber Friedrichs ist seit 24 Jahren tot. Längst wird sein Diktum von interessierten Handarbeitskräften für ebenso tot erklärt. Im „SZ-Magazin“ war man bald einen Schritt weiter. Dort wurde im Sommer 2017 anlässlich der bürgerkriegsähnlichen Krawalle beim Hamburger G20-Gipfel munter darüber diskutiert: „Wie viel Aktivismus verträgt der Journalismus?“ Beziehungsweise über die Frage: „Sind etablierte Medien wie die New York Times mit ihrem Objektivitäts- und Überparteilichkeitsanspruch überhaupt noch zeitgemäß?“ 

Intentionaljournos reinsten Geblüts

Die NYT. Objektiv. Überparteilich. Guter Witz. Muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Um zu erschmecken, wo der hiesige Journalismus mittlerweile zu großen Teilen gelandet ist.

Einer, der die überkommene Meinung vertritt, „dass alles Aktivistische einem Journalisten zuwider sein muss“, heißt Mathias Döpfner. In einem als Interview getarnten Ukas an seine Texter erklärte der Chef des Medienhauses Springer kürzlich:

„Es darf keinen intentionalen Journalismus geben, der darauf abzielt, die Welt nach dem eigenen Gusto zu verbessern. Wer antritt, um die AfD zu verhindern, ist schon auf dem Holzweg. Er wird damit vor allem eines erreichen: die AfD stärken.“

Vermutlich liest Döpfner regelmäßig seine „Welt“. In dem Blatt, das die linke Knickoptik als stramm rechts verortet, tummeln sich, neben anderen, auch Intentionaljournos reinsten Geblüts. Bei Themen wie Trump, Klimawandel, EU, AfD oder Brexit passt kein Blatt Dünndruckpapier zwischen sie und ihre Kollegen aus konkurrierenden, linken Mainstreammedien. Ein freier Mitarbeiter, der über Jahre luzide Kolumnen für die Welt verfasst hat, erzählte mir mal, nach seiner Schätzung liefe die Hälfte der Redaktion ruckartig und schwerstbeglückt zur Süddeutschen oder zur Zeit über, käme aus diesen Häusern ein Jobangebot für sie. 

So much for right-wing journalism made in Germany.

Möglicherweise aber erledigt sich die Debatte darüber, wie viel Haltung, Intentionales oder Aktivistisches der Journalismus verträgt, in nicht ferner Zukunft von allein. Was der Journalismus offenbar immer weniger verträgt, sind ja zuvörderst Journalisten.

Wer über die vergangenen Jahre den Online-Branchendienst „Meedia“ verfolgte, bekam in immer kürzeren Anständen Schlimmes – oder, aus der Sicht notorischer Lügenpresse-Rufer, Erfreuliches – auf den Schirm. Die Heftauflagen der mehr oder minder politischen Wochenmagazine Spiegel, Stern und Focus gehen stetig zurück. Meldungen über „historische Kiosk-Tiefs“ oder „Alltime-Kiosk-Minusrekorde“ häuften sich derart, dass die drei Magazine kurzzeitig sogar ihren Ausstieg aus der Messung der einzelnen Heftauflagen erklärten, da diese „zu negativer Berichterstattung der Fachpresse führen“ (nach Protesten aus der Branche musste der Schritt rückgängig gemacht werden).

An den grünroten Zeitgeist angewanzt

Ebenso angeschlagen: die meisten Tageszeitungen; überregionale ebenso wie regionale und lokale Blätter. Vergleichsweise gut stehen noch die Zeit und die Süddeutsche da, auch ein paar Nischenprodukte wie die „Junge Freiheit“. Der ehemalige Dickdampfer „Bild“ verkaufte im 4. Quartal 2018 gerade noch 1,5 Millionen Exemplare, kompensiert den Verlust allerdings durch enorme Zuwächse im Online-Bereich (422 Millionen Visits pro Monat laut jüngster IVW-Messung). Selbst ein reines Online-Medium wie die deutsche Lizenzausgabe der unsäglichen „Huffington Post“ ging den Bach runter. Im März wird das Billigportal, das sich an den grünroten Zeitgeist angewanzt hatte wie kaum ein anderes, von Burda abgeknipst.

Da nicht nur die Verkäufe der Druckerzeugnisse schmelzen wie Eis im Sonnenschein, sondern auch die Erlöse aus Anzeigen, fahren große Verlage wie Funke, Holtzbrinck, Madsack immer neue Sparrunden. Legen Redaktionen zusammen, schrumpfen das Personal brutalstmöglich ein. Meldungen wie „Sparhammer bei XY“ oder „neuer Stellenabbau bei Z“ können die Mediendienste gleich im Stehsatz lassen und bei Bedarf mit ein paar frischen Daten aktualisieren. Neue Sparhämmer liegen schon bereit.

Ironischerweise steht auch der meistgelesene Verkünder von medialen Horrornachrichten vor einer ungewissen Zukunft. Der schon erwähnte Branchendienst „Meedia“ wurde von der Holtzbrinck/Handelsblatt-Gruppe jüngst an einen Kleinverlag verkloppt, da er wohl unprofitabel ist. 

Was irgendwie an das bittere Ende des Politthrillers „Z“ erinnert, wo dem smarten Enthüllungsjournalisten plötzlich der Stecker seiner Fernsehsendung gezogen wird. Immerhin müssen die Meedia-Macher nicht fürchten, auf eine griechische Gefängnisinsel deportiert zu werden. Aber ihre Party ist vorbei, leider.

Steht nun das Siechtum der meisten Printmedien in kausalem Zusammenhang zur Tatsache, dass das Gros der Redakteure dieser Medien unbeirrt von der Lebenswirklichkeit vieler Menschen vor sich hin journaliert? Das ist eine Sichtweise, die dem Spektrum von, sagen wir, „Compact“-Lesern gefallen dürfte. 

Den Ast noch hurtiger kappen, auf dem sie hocken

Die Realität ist komplizierter. Selbst wenn Unmögliches geschähe – wenn also die neue Predigerkaste der laut Umfragen zu mindestens zwei Dritteln grünrot grundierten Journos mal umdenken, ja ein bisschen ablassen würde von ihrem Kuschelkurs gegenüber der Regierung –, selbst dann würden die Leute nicht plötzlich wieder massenhaft nach Holzblättern verlangen. 

Es ist viel geschehen in den letzten zwei Dekaden, in denen die erst mähliche, dann immer raschere Talfahrt der Auflagen stattfand. Gedruckte Medien sind teuer und ihre Aktualität ist nicht viel besser geworden, um nur zwei Gründe für den Niedergang zu nennen. Und halbschlaue Kommentare darüber zu lesen, weshalb der Riesenairbus nicht funktionierte, Abschiebungen so verdammt schwierig sind, Schalke ein Trainerproblem hat und Trump immer noch das alte Arschloch ist, dafür kann man auch auf t-online.de klicken. Kost’ nix! 

Aber eines ist auch klar, jedenfalls für mich. Unsere Verzichtsprediger wider Dieselsündhaftigkeit, Plastiktrinkhalmverbrauch, Tierverzehr, Luftreisen und Witzen über Genderforscher*Innen tun alles, um den Ast noch hurtiger zu kappen, auf dem sie hocken. Sie benutzen dazu keine Handsäge, sondern eine elektronisch gesteuerte MS 391 von Stihl, Blattlänge 40 Zentimeter, 4,5 PS. Rrrrrr, das fetzt! Und irgendwann bald liegen die Anwender im Graben. Da fressen sie die Raben. Die vom Stamme Hartz IV. 

Der kürzlich veröffentlichte Report „Journalism, Media, and Technology Trends and Predictions“ vom Reuters Institut und der University of Oxford prognostiziert, dass 2019 das Jahr der größten Entlassungswelle im Journalismus seit langem wird. 

Bald hängen wohl wieder jede Menge Soutanen am Nagel.

PS: Neulich ein beunruhigendes Interview gelesen. Andreas Wolfers, der Leiter der Henri-Nannen-Journalistenschule (HNS), einer Kaderschmiede für politisch hochkorrektes Schreibertum, äußerte sich darin zur Frage, weshalb die Zahl der Bewerber für die HNS in den vergangenen Jahren denn doch deutlich zurückging. Er sagte, die Gründe, sich nicht auf das „Abenteuer Journalismus“ einzulassen, seien zuletzt stärker geworden. Spielte dabei auch auf die neue Spiegel-Affäre an, die unter dem Decknamen Relotius-Skandal läuft. Sodann erklärte Wolfers mutig, dass die geringere Bewerberschar auch eine Chance böte: „Jetzt wollen nur noch die Leidenschaftlichen zu uns, die Unerschütterlichen, jene, die wissen, dass es keinen spannenderen Beruf gibt.“ 

Mein lieber Nannen! Da marschiert ja eine spannende Truppe auf uns zu. Leidenschaftlich und unerschütterlich. Wie anno ’44 bei Henris PK.

Foto: Pixabay

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Leserpost

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Jochen Brühl / 18.02.2019

Der Artikel war ja sehr herzerfrischend für einen ehemaligen jahrzehntelangen Focus-Leser, der diesen aus genau den genannten Gründen gekündigt hatte und nunmehr Tichy als Abo hat. Die Kooperation des Focus mit der linksextremen Huffington war da irgend wie nicht zuträglich. Dieser Wolfers ist ja ein richtiger Satiriker, wenn er anstatt der Berichterstattung über die Realitäten nunmehr auf einen harten Kern der Leidenschaftlichen setzt. Da gibt es gute historische Vorbilder, wenn eine Sache nur noch von wenigen Fanatikern erledigt wird, gerade in der deutschen Geschichte.

Jürgen Reinhold Markert / 18.02.2019

Nach diesem Text *“Missing Link: Migration in die Industrie 4.0 – Flüchtlinge als Software-Entwickler gegen Fachkräftemangel”  der seit gestern auf Heise.de erschien, verwandeln sich auch im High-Tech-Standort Deutschland die Abonnementzahlen in Luft auf oder noch prägnanter, die Leser haben die Schnauze gestrichen voll von Claas-Relotius-Überbleibsel der Presse. Ich habe nichts dergleichen erwartet, wenn das Kartenhaus Stück für Stück in sich zusammenfällt, weil zu schnell und zu ergebnislos geplant und gebaut wurde.

Marlies Schneider / 18.02.2019

Die Einzigen, um die es mir leidtut, sind die Facharbeiter in den Druckereien, die bei stark sinkenden Auflagen mit in den Untergang gerissen werden. Nachdem ich Spiegel, Stern und Berliner Zeitung nicht mehr kaufe, spare ich (zu damaligen Preisen) im Jahr mehr als 600 Euro. Die verteile ich auf achgut,Tichys Einblick, Acta diurnia, Dushan Wegner, Vera Lengsfeld, Publico und - hauptsächlich wegen Broder und Don Alphonso - die Welt.

Gerhard Lenz / 18.02.2019

Ihre Beschreibung der (Print)-Medienentwicklung, lieber Herr Röhl, deckt sich weitgehend mit meiner langjährigen Erfahrung als Redakteur bei Tageszeitungen und einer Nachrichtenagentur. Was den von kritisierten “Haltungsjournalismus” angeht, so gab es den allerdings auch früher schon. Das Dogma der Trennung von Nachricht und Kommentar ließ sich ja noch einigermaßen hochhalten. Doch wie viel subjektive Betrachtungsweise und persönliche Gesinnung floss in die Auswahl von Fakten und die Weiterverbreitung von Nachrichten?  Respekt vor sachlich begründeten Auffassungen und ein ehrliches Bemühen um vertrauenswürdige Arbeit - viel mehr ist im Journalismus vermutlich nicht drin. Die Wahrheit bleibt eine Wanderdüne, auf die der Wind immer wieder aus anderen Richtungen bläst.

HaJo Wolf / 18.02.2019

Im Kopf des Flagschiffs der DuMont-Presse, des Kölner Stadt Anzeiger, steht “unabhängig” .. “überparteilich”. Dreister kann man das Volk kaum belügen - der KStA ist Paradeblatt für linksgrüne Schmierfinken und Lügenschreiber.

Anders Dairie / 18.02.2019

Der einfache Ossi, mit wachem Verstand und berufserfahren,  hat einen enormen Vorteil.  Er hat bereits einmal erlebt, wie ein scheinbar übermächtiger Staat an seinen unbehobenen Mängeln, der Ignoranz der Führer und dem Druck des Volkes zusammensinkt.  Die das System stützenden JOURNOS haben keine Ahnung, welchem Druck sie ausgesetzt sein werden.  Und wie ihre Hoffnung auf Verschonung schwinden wird.  Es kann sie noch Jahre später treffen. Wie einst Herrn Sergej L,  der wohl nicht alle Angaben über seine Verhangenheit machte. Er glaubte wohl jahrelang die Wende als Opfer überstanden zu haben.  Die elende “Haltung” rächte sich in diesem Fall wieder.  Wovor HaJo Friedrich warnte !  Die Spuren in den Servern bleiben ewig und können kaum noch verbrannt werden.

Jürgen Schäfer / 18.02.2019

Es sind 5 Aspekte beim Auflagenschwund: 1. Das Internet ist aktueller, die Lesegewohnheit der nachwachsenden Jugend ist anders, das schadet eindeutig der Druckauflage. 2. Das ältere zeitungs-liebende Publikum stirbt -wie das Bildungsbürgertum- immer mehr weg, die demoskopische Veränderung ist weit größer, als offiziell übermittelt, zugegeben wird.  3. Politisch interessierte konservativ-patriotische Leser wenden sich ab wegen der rotgrünroten Einseitigkeit, aber diese Abwanderung darf nicht überschätzt werden, denn sonst müßten die ja dann massenhaft die Alternativ-Blätter wie die JF und PAZ wählen, kaufen, aber deren Auflagen steigen auch nur minimal, also ist im Volke gar nicht der große Wille zur besseren Information da. 4. Die Lesefähigkeit, das Wissen, der Bildungshunger sind dank der jahrzehntelang betriebenen Ruinierung der deutschen Schulen durch die SPD stark zurückgegangen, von daher wachsen kaum neue Leser nach. Zudem ist der hohe Anteil an migrantischerJugend und Bevölkerung mehr an den Blättern der Heimatkultur interessiert. 5. Zudem (z,B, bei mir, der früher weit überdurchschnittlich täglich und wöchentlich Druck-Erzeugnisse kaufte) dürfte es auch finanzielle Aspekte geben, wenn ein SPIEGEL 5 EURO und die FNP schon 1,90 kosten, das geht doch ins Geld.

Julian Schneider / 18.02.2019

Als Journalist, der nach seinem (erfolgreich abgeschlossenen) Studium in den 80ern den Journalismus von der Pike auf gelernt hat, kann ich alles nur bestätigen. Habe ich noch die eherne Regel der Trennung von Nachricht und Kommentar gelernt, hält sich schon lange kein “Kollege” insbesondere aus den Mainstream-Medien daran. Ich schreibe “Kollegen” in Gänsefüßchen, weil ich die grünroten, schmierigen und kleinkarierten Propagandisten nicht als Journalisten sehe. Beseelt vom Erziehungsdrang und Weltverbesserungsphantasien haben sie seit den 90ern die Redaktionen gekapert und verbreiten ihren Sozialismus - oft zu dumm dazu, ihn zu erkennen. Kürzlich auf einer Pressekonferenz, Tenor in - ungefragten - Journalistenreihen: Man müsse Ehepaare, die auf 120 qm leben, enteignen und Grundbesitzer, die partout nicht bauen wollen und das Land für ihre Kinder aufheben, zum Bauen zwingen - weil: das sind ja böse Spekulanten. Als ich trocken sagte “Das nennt man Sozialismus”, waren schon längst die Lichter unter den Schmuddelköpfen ausgegangen.

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