Henryk M. Broder / 08.06.2018 / 12:00 / Foto: Pixabay / 42 / Seite ausdrucken

Jeden Donnerstag geht ein Licht an

Es gibt Leute, die freuen sich auf die nächste Grippewelle, ein Wochenende in Duisburg-Marxloh oder eine Butterfahrt mit Martin Schulz. Ich dagegen kann es nicht abwarten, dass es Donnerstag wird. Denn Donnerstag ist Lamya-Kaddor-Tag. Da gibt Lamya Kaddor Antworten auf Fragen, die uns allen unter den Fingernägeln brennen, zum Beispiel „Warum geht der Nobelpreis fast nie an Muslime?" oder warum der Islam „keine Aufklärung braucht", weil er nämlich "von Anbeginn an" schon die Aufklärung (und die Reformation!) verinnerlicht hatte. Echt.

Gestern hat sich Lamya Kaddor die Verfilmung des Romans "Unterwerfung" von Michel Houellebecq in der ARD vorgenommen. Es stelle sich die Frage, schreibt sie, "warum die Romanvorlage Unterwerfung des Michel Houellebecq unbedingt verfilmt, gestern zur besten Sendezeit im Ersten ausgestrahlt und anschließend noch zum Thema einer Polit-Talkshow gemacht werden musste".

Ja, warum nur? Warum hat die ARD nicht das Leben des Anis Amri verfilmt, zur besten Sendezeit im Ersten ausgestrahlt und anschließend eine Experten-Runde zu einer Polit-Talkshow ins Studio geladen, sagen wir: Margot Käßmann, Michael Lüders, Daniel Bax, Bettina Gaus und – natürlich! – Lamya Kaddor. Lieber zeigte man eine "parabolische Satire", in der es "kaum um den Islam, sondern vielmehr um die Korrumpierbarkeit französischer Eliten" ging; denn "Houellebecqs Werk basiert auf einem der zentralen islamfeindlichen Narrative: nämlich die angebliche Islamisierung des Westens". 

Und so muss Lamya Kaddor eingreifen und eine klare Warnung aussprechen: "Ich kann und will der Redaktion von Frau Maischberger und anderen Journalisten nicht vorschreiben, wie sie ihre Arbeit zu machen haben. Pressefreiheit ist ein hohes Gut und muss geachtet werden. Dennoch sehe ich mich als Wissenschaftlerin, als Betroffene und aufmerksame Beobachterin unseres Zusammenlebens genötigt, auch Medien davor zu warnen, bewusst oder unbewusst die Deutungsmuster von Rechtspopulisten zu übernehmen."

Schamlose PR in eigener Sache

Also, wenn ich Lehrer wäre und wenn fünf meiner ehemaligen Schüler sich dem IS angeschlossen hätten, würde ich mich eine Weile in einem Kohlenkeller verstecken und darauf achten, keinen Schatten zu werfen, statt das Malheur auch noch schamlos als PR in eigener Sache zu vermarkten. Und wenn das, was Lamya Kaddor macht, Wissenschaft ist, dann sind auch Handlesen, Kaffeesatzdeutungen und Gespräche mit Außerirdischen wissenschaftliche Disziplinen.

Wovon Lamya Kaddor wirklich etwas versteht, ist eine Technik der Denunziation, die auf Selbstüberhebung beruht und anderen verweigert, was sie sich selbst zugesteht: das Recht auf Kritik.

Ende 2015 veröffentlichte Lamya Kaddor auf ZEIT online einen Aufsatz über „Islamkritik, die niemand braucht". Welche Islamkritik gebraucht wird und welche nicht, darüber zu entscheiden, wäre niemand besser geeignet als Lamya Kaddor, als Wissenschaftlerin, als Betroffene und aufmerksame Beobachterin unseres Zusammenlebens. Leuten wie Thilo Sarrazin, Hamed Abdel-Samad und Ayaan Hirsi Ali gehe es "offensichtlich nur um Zuspitzung, Übertreibung, Pauschalisierung und Diffamierung". Deren "Schriften (sind) inhaltlich überflüssig und vor allem eines: unnütz". 

Damit nicht genug. "Diese Stimmungsmache, die heute Personen wie Hamed Abdel-Samad vertreten und früher Leute wie der Journalist Henryk Broder, die Autorin Necla Kelek und der Schriftsteller Ralph Giordano verbreitet haben, machen Millionen Menschen in diesem Land ganz konkret das Leben schwer – manchmal sogar unerträglich."

Das ist eine authentisch liberale Position, wie sie die Gründerin und langjährige Vorsitzende des Liberal-Islamischen Bundes (LIB) glaubwürdig und überzeugend verkörpert. Eine echte Liberale, bis in die Haar- und Zahnwurzeln.

Nächsten Donnerstag wird sie es wieder allen beweisen.

Foto: Creative Commons CC0 Pixabay

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Leserpost

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Wieland Schmied / 08.06.2018

Was mir zu dieser Dame beim Lesen des Artikels spontan einfiel: “Gesegnet seien jene, die nichts zu sagen haben und den Mund halten! (Von Oscar Wilde)

Rolf Menzen / 08.06.2018

Seit wann genau ist Frau Kaddor jetzt Wissenschaftlerin? Oder darf man sich da neuerdings selbst zu ernennen?

Werner Arning / 08.06.2018

Wahrscheinlich meint sie nicht diese Schriften seien unnütz, sondern sie seien „wenig hilfreich“. Da muss sie noch lernen. Mutti kann das besser.

J. Schuster / 08.06.2018

Lamya Kaddor   -  das beste für sie und für alle anderen wäre eine traditionelle muselmanische Ehe gewesen . Da wäre sie unter einer Burka verschwunden und würde heute am Herd stehen - und viele Kinder haben . Wie auch immer ,  jedenfalls hätte sie keine Zeit , ihre Umwelt mit ihren Hirnblähungen zu nerven .

Rolf Lindner / 08.06.2018

Ex oriente lux. Licht ist nicht gleich Licht. Es kann ein Höllenfeuer oder eine trübe Funzel sein. Lamya Kaddor scheint beides zu vereinigen.

Dirk Jungnickel / 08.06.2018

An sich ist die Frage der Dame Kaddor, warum die Romanvorlage “Unterwerfung” des Michel Houellebecq unbedingt verfilmt werden muß und die ich auf die Dramatisierung erweitern würde, durchaus berechtigt.  Das war’s dann aber auch. Die Geschichte eines sexbesessenen aber unpolitschen Hochschullehrers, der sich in Frankreich des Jahres 2022 einer Islamisierumg durch einen muslimischen Präsidenten ausgesetzt fühlt und sich wohl oder übel anpasst, hat mit einer Auseinandersetzung mit dem Islam nichts, aber auch gar nichts zu tun. Der Islam dient lediglich als Metapher für einen gewissen Radikalismus.  Das Stück wird in Hamburg hochgejubelt als könnte es Einsichten über den Islam vermitteln und wir uns aufgefordert fühlen uns dem Christentum wieder anzunähern. Das , was der Hauptdarsteller Edgar Selge sehr nachvollziehbar über seine Beschäftigung mit dem Kreuz und den Tod Jesus geäußert hat, sowie die Werte, die es ihm vermittelt,  kommt leider im Film nicht rüber, auch wenn er ständig in einem Hohlkreuz herum zu turnen hat.  In seinen Filmrollen habe ich ihn schon eindrucksvoller gesehen, die Hamburger Inszenierung kenne ich nicht. Als in der Maischberger - Runde die “taz”-Redakteurin Bettina Gaus die Möglichkeit (das Menetekel ! ) einer verschleierten muslimischen Kanzlerin in die Runde warf, war mein Bedarf an Islam - Debatten für diesen Abend gedeckt.  Womöglich wurde später gar noch aus dieser Riege Ulla Jelpke oder Claudia Roth zugeschaltet ...

Joachim Lucas / 08.06.2018

Warum ist ein Moslem noch nie Skiweltmeister geworden?, oder Schachweltmeister?  Warum sind so wenig Moslems im Guiness-Buch der Rekorde, warum haben Moslems nicht das Atom enteckt? Warum, warum, warum? Also mehr Nobel-Preise für Moslems. Am besten fangen wir mit dem Friedensnobelpreis an. Da kommt es nicht mehr so drauf an, seitdem diesen Wanderpokal auch die EU hatte. Verwirrte erzeugen eben nur Verwirrung.

th. bode / 08.06.2018

Lamya Kaddor ist vor allem ein Wunder. Man steht staunend davor und weiß dass man es nie verstehen und durchdringen wird. Die grenzenlose Abgründigkeit der menschlichen Existenz, ja des Universums, wir durch sie offenbar. Je älter ich werde desto weniger verstehe ich von diesem Film in den ich da hinein geraten bin, und in dem ich neben einer wie Lamya Kaddor meine Rolle spielen muss. Soll ich vielleicht, von einem unsichtbaren Regisseur perfide gelenkt, einen Tarantino-Plot draus machen? Wie Samuel Jackson eine 45er so cool schräg halten, und das Magazin auf diese zwei Zentner Dummheit leer ballern? Oder doch eher ins Kloster gehen, weit weg auf die Falkland-Inseln…?

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