Rainer Bonhorst / 22.01.2016 / 12:00 / 6 / Seite ausdrucken

Ist Angela Merkel ein Macho?

Ob in der Politik oder in der Wirtschaft: Frauen führen anders. Sie führen inklusiv, schaffen Konsens und haben kein Interesse an fruchtlosen Machtposen.

Ich möchte diese allgemeine Überzeugung nicht grundsätzlich in Frage stellen. Sie ist zu schön, um nicht wenigstens wünschenswert zu sein. Ich will mich auch nicht daran aufhalten, dass diese besondere weibliche Führungsgabe erstaunlich gerne von Frauen hervorgehoben wird, die sonst etwaige Unterschiede zwischen den Geschlechtern genderpolitisch strikt ablehnen.

Es gibt aber einzelne Beispiele, die die Frage aufwerfen, ob Frauen an der Macht gelegentlich nicht doch so sehr ins Männliche mutieren, dass man sie ohne Weiteres als Machos bezeichnen kann. Machas geht ja nicht.

Ich habe seinerzeit Margaret Thatcher in England erlebt. Wie sie ihren kontinentaleuropäischen Amtskollegen in Brüssel knallhart die Pistole auf die Brust setzte, auch wenn sie die Knarre nicht im Halfter sondern in einer Handtasche trug: „I want my money back!“ donnerte sie und bekam ihr Geld zurück. Und als die Argentinier die Malvinas, also die Falklandinseln, okkupierten, schickte sie ohne Zögern ihre Kriegsschiffe in Richtung Südpol. Sie war „der einzige Mann“ in der Torypartei, lautete der Scherz. Er war damals als Kompliment gemeint und kam auch so an.

Angela Merkel war der „einzige Mann“, als es seinerzeit darum ging, Helmut Kohl zu verabschieden. Und sie hat in den folgenden Jahren mit einer Robustheit mögliche Konkurrenten aus dem Weg geräumt, wie es brutaler kein Mann hinbekommen hätte. Auch ihr naturwissenschaftliches Kalkül in der Politikausübung kann man bei traditioneller Weltsicht, ausgesprochen männlich nennen. Jedenfalls legen viele Männer in der Politik Wert darauf, sich vom Verstand leiten zu lassen und nicht von den (weiblichen?) Emotionen.

Allerdings kommt vielen männlichen Alpha-Tieren in der Politik dann immer wieder der Testosteron-Spiegel in der Quere, was zu wettkampfmäßigen Macho-Posen, Rechthaberei und Fehlurteilen führt. Der Auftritt von Gerhard Schröder in der Wahlnacht, die ihn in den Ruhestand und Angela Merkel an die Macht spülte, ist als komisch leuchtendes Beispiel in Erinnerung.

Angela Merkel schien bisher kopfgeleitet ohne solche störenden Testosteron-Zwischenfälle. Weiblich klug eben. Was aber treibt sie heutzutage in der Flüchtlingskrise um? Ihr massiver Streit mit einer starken CDU-Minderheit und einer fast geschlossenen CSU trägt alle Züge eines klassischen Macho-Kampfes.

Egal, ob sie anfangs glaubte, Gutes zu tun, als sie die deutschen Grenzen sperrangelweit aufriss. Egal, ob sie bei dieser Politik auf die lieben Grünen schielte und auf eine künftige Koalition. Inzwischen muss dieser überaus klugen Frau klar geworden sein, dass es so nicht weiter geht, und dass sie eine schnelle und scharfe Kurve nehmen müsste.

Was hindert sie? Bei einem Mann würde man sofort das Testosteron als Hauptverdächtigen nennen. Unfehlbarkeitsschübe, Rechthaberei bis in den politischen Tod, selbstzerstörerischer Siegeswillen im Wettstreit mit einem Gegner, der einem auf die Nerven geht. All das kennt man von Alpha-Männern.

Inzwischen sieht Frau Merkel einem solchen Alpha-Mann zum Verwechseln ähnlich. Die Kühle aus dem Nordosten hält wie gefühlgesteuert an ihrem Kurs fest und zeigt dem 1.90-Meter-Mann-Seehofer, wo Frau Bartel den Most holt. Noch vor wenigen Wochen hätte ich gewettet, dass die leidenschaftslos denkende Angela Merkel eine schnelle Kurve nimmt. Es wäre nicht das erste Mal. Aber inzwischen hat sie sich festgebissen, als sei die Flüchtlingspolitik ihr Lieblingsknochen, den ihr der lange Seehofer klauen möchte.

Ist Frau Merkel eben doch nur ein Macho alten Typs?

Oder ist es einfach die Realitätsferne einer lange Regierenden in ihrem Berliner Elfenbeinturm? Dies wäre eine genderneutrale Erklärung. Aber sie erklärt nicht alles, was derzeit an Angela Merkel unerklärlich scheint. 

 

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Leserpost

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Frank Mora / 22.01.2016

Oder Vorboten eines Problems, das Margaret Thatcher, Ronald Reagan und Jaques Chirac schachmatt setzte. Wobei letztere durch die Amtszeitbegrenzung rechtzeitig ausgewechselt wurden. Das wäre tragisch. Für uns alle.

Volkmar du Puits / 22.01.2016

Ehrlich gesagt, habe ich an solchen Artikeln keine Freude mehr. Frau Lengsfeld listet (mutmaßliche) Rechtsverstöße der Bundesregierung auf, denen wahrscheinlich nie nachgegangen werden wird. Die Diskussionen für und gegen die Regierungspolitik nehmen an Schärfe, aber auch an Unsachlichkeit zu. Es scheint mir erwiesen, das seitens der Regierung oder regierungsnaher Institutionen grundlegende Rechte verletzt werden, zB. Informationsfreiheit, Meinungsfreiheit, Freiheit der politischen Betätigung. Erste Berufsverbote werden erwogen (Höcke, zugegeben nicht das größte Licht für die Öffentlichkeit). Und wir fragen uns derweil, welche Hormonströme dies verursacht haben könnten. So wird der Untergang wenigstens feuilletonistisch elegant kommentiert.

Marie Erlwein / 22.01.2016

Ja, was hindert sie? Diese Frage stellt sich m.E. nicht wirklich, denn die Antwort, so man von einer Antwort sprechen möchte, hat die Bundeskanzlerin wiederholt selbst gegeben: Ihre Politik ist “alternativlos”. Was jedoch alternativlos ist, kann, darf, soll, muß nicht geändert werden; mögliche Folgen interessieren nicht. Ein totalitäres Konzept, wie ich finde. Erinnern wir uns: War nicht einst auch alles, was dem Aufbau des Kommunismus/Sozialismus diente, alternativlos? Um die Folgen kümmerte man sich auch damals nicht.

Wolf-Dieter Schleuning / 22.01.2016

Lieber Herr Bonhorst, Sie habe recht Macha geht nicht. Das Gegenstück zu Macho ist die hembra. Wie der Macho sie sehr stolz und kann keine Fehler zugeben. Merkel ist ohnehin amtsmüde. Wahrscheinlich spekuliert sie auf einen erzwungenen Rücktritt um danach als die große, an alten weissen Männern scheiternde Humanistin da zu stehen.

Dr. Rainer Gottwald / 22.01.2016

Seit Monaten versuche ich mir die Haltung unserer Bundeskanzlerin zur Flüchtlingsfrage zu erklären. Ich habe dazu drei Punkte gefunden: 1. Neues Testament: Matthäus 11, 28 - 30. “Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken.” Das ist eines der wenigen sog. “Herrenworte” die Jesus wirklich gesagt hat. Wenn man sich nicht an diese Vorgabe hält, sollte man aus der Kirche austreten. 2. Eine Million Flüchtlinge sind zuviel. Wer hat eigentlich gesagt, dass bei einer Million das Boot voll ist? Möglicherweise schreckt die erstmals 6-stellige Zahl. Ich bin gelernter Statistiker. Man spricht bei den Arbeitslosenzahlen von einer Vollbeschäftigung, auch wenn nicht jeder der Arbeitssuchenden einen Job hat. Kriterium für die Anwendung des Wortes Vollbeschäftigung ist die Arbeitslosenquote. Liegt diese unter drei Prozent, so spricht man eben von Vollbeschäftigung. Natürlich sollen auch diese Menschen in Lohn und Brot stehen, aber es wird schwierig. Diese drei Prozent angewendet auf die Flüchtlingszahlen bedeutet dies: Deutschland hat eine Bevölkerung von rund 80 Millionen Einwohnern, drei Prozent davon sind 2,4 Millionen Personen. Ich glaube, dass erst bei einer Flüchtlingszahl von 2,4 Millionen man sagen kann, dass das Boot voll ist. 3.Langfristige Auswirkungen Nicht jeder syrische Flüchtling bleibt in Deutschland. Die meisten werden wohl nach Beendigung des Bürgerkriegs nach Syrien in ihre Heimat zurückkehren. Die Rückkehrer werden sicherlich Deutschland in bester Erinnerung behalten; Deutschland hat also neue Freunde gewonnen und die braucht man stets. Es gibt ein Beispiel aus der Geschichte, wo die Aufnahme von Flüchtlingen staats- und religionserhaltend war und das den meisten wohl unbekannt wird, nämlich das christliche Äthiopien. Hier hat sich folgendes zugetragen: Um das Jahr 350 n. Chr. wurde der König von Äthiopien durch zwei christliche Personen aus dem damals christlichen Alexandria zum christlichen Glauben bekehrt. Man weiss das, weil der damalige Herrscher Münzen prägen ließ mit einem christlichen Kreuz (griechisches Kreuz). Äthiopien blieb auch unter den Nachfolgern christlich. Als nun Mohammed im Jahre 622 aus Mekka vertrieben wurde und nach Medina ging flüchteten einige seiner Anhänger in das christliche Äthiopien. Der damalige Herrscher nahm diese Flüchtlinge auf und versorgte sie. Er schickte sie nicht zurück. Als nun die Situation für Mohammed wiederungefährlich war kehrten seine Anhänger wieder aus Äthiopien zu ihm zurück. Als Dankbarkeit, dass diese Personen in Äthiopien aufgenommen worden waren, erklärte Mohammed, dass diesem Land nichts geschehen dürfe. Die Nachfolger Mohammeds haben diese Worte bis auf den heutigen Tag beherzigt, weil es ja eben sakrosankte Worte des Propheten waren, so dass Äthiopien christlich blieb und nicht islamisiert wurde. Schlussfolgerung: Wegen dieser drei Punkte hoffe ich, dass Frau Merkel standhaft bleibt.              

Eugen Karl / 22.01.2016

Natürlich sind Frauen in puncto Machtgeilheit keinen Deut anders als Männer. Das ist ein feministische Mythos. Das Problem ist aber, daß der Mythos von den alles besser könnenden Frauen einer der wichtigsten Gründe ist, warum Medien und Politik sich nicht trauen, gegen Merkel und ihr das Land schädigendes Verhalten vorzugehen, wie sie es gegen jeden Männlichen Amtsinhaber getan hätten. Kein Männlicher Kanzler hätte sich bei den gleichen Fehlern so lange halten können.

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